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Bayern: Klare Verhältnisse nach der Bundestagswahl

Bayern

Klare Verhältnisse nach der Bundestagswahl

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    Bayerns Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer jubelt am in München nach der Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl.
    Bayerns Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer jubelt am in München nach der Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Es ist ein Abend zwischen Himmel und Hölle in der CSU. Der erste Jubel über das eigene Ergebnis kennt bei der Wahlparty in der Hanns-Seidel-Stiftung fast keine Grenzen, doch sehr schnell wird auch klar, dass es schwierig werden könnte: weil die FDP als kleiner Koalitionspartner wohl nicht zur Verfügung steht, weil niemand hier weiß, welches Gewicht die

    Und dann platzt in die Debatten über dieses Szenario auch noch eine ganz andere, in der CSU nicht für möglich gehaltene Alternative hinein: Könnte es vielleicht sogar für eine knappe absolute Mehrheit von CDU und CSU reichen?

    Der Star des Abends lässt auf sich warten. Unter der Woche hatte CSU-Chef Horst Seehofer noch angekündigt, er werde den Wahlabend in Berlin verbringen. Am Freitag hieß es, er werde vielleicht doch daheim in München sein. Aber kurz nach 18 Uhr wissen nicht einmal die freundlichen Damen der CSU-Pressestelle, ob er kommt oder nicht. Bald aber steht fest: Seehofer kommt.

    Bundestagswahl 2013: Horst Seehofer schwärmt über klare Verhältnisse

    Um 18.56 Uhr biegt er um die Ecke, gemessenen Schrittes, mit seinem Generalsekretär Alexander Dobrindt an seiner Seite. Schon draußen vor der Tür brandet spontaner Applaus auf und drinnen wird Seehofer mit stürmischem Jubel und „Horsti, Horsti“-Rufen begrüßt. Vier Minuten hält der Jubel an. Dann kommt der Wahlsieger zu Wort. Er sagt: „Der Sieger des heutigen Abends steht fest. Es ist die Christlich Soziale Union.“ Wieder Jubel.

    Bundestagswahl 2013: Die Reaktionen

    "Das ist ein Superergebnis. Wir werden damit verantwortungsvoll und sorgsam umgehen. Feiern dürfen wir heute schon, denn wir haben's toll gemacht." (Bundeskanzlerin Angela Merkel)

    "Der Ball liegt im Spielfeld von Frau Merkel, sie muss sich eine Mehrheit besorgen." (SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück)

    "Das ist eine schwere Stunde für die FDP. Als Spitzenkandidat übernehme ich dafür Verantwortung. Das ist nicht das Ende der Partei. Es wird schwieriger, aber die Arbeit wird weitergehen." (FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle)

    "Wer hätte das 1990 gedacht, dass diese Partei die drittstärkste politische Kraft der Bundesrepublik Deutschland wird. Das haben wir geschafft." (Linke-Spitzenkandidat Gregor Gysi)

    "Das ist bitter, und wir werden uns dieser bitteren Realität gemeinsam stellen müssen." (Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin)

    "CDU und CSU haben phänomenal abgeschnitten." (CSU-Chef Horst Seehofer)

    "Es ist die bitterste, die traurigste Stunde in der Geschichte der Freien Demokratischen Partei." (FDP-Chef Philipp Rösler zum Resultat der Liberalen)

    "Ich kann nur eines sagen: Dass ich bitter enttäuscht bin von diesem Ergebnis. Das ist eine heftige Niederlage." (Grünen-Bundestagsabgeordnete Claudia Roth)

    "Deutschland ist mit der AfD blau geworden. Wir sind aus der politischen Szene in Deutschland nicht mehr wegzudenken." (AfD-Vizechefin Frauke Petry über ihre Partei)

    "Die Deutschen wollen, dass sie vier Jahre weiter regiert. Das Ergebnis ist in erster Linie Anerkennung für die Arbeit von Angela Merkel." (CDU-Vize Armin Laschet)

    "Wir wollen derzeit nach dem Ausgang der Bundestagswahl keine Koalitionsaussagen treffen. Das wird nun zunächst in den Gremien besprochen. Wir haben uns sicherlich einen höheren Zuwachs gewünscht. Nun ist Angela Merkel gefragt." (SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles)

    "Wir hatten mehr erhofft. Das ist kein Auftrag der Wähler, um Gespräche über die Regierung zu führen. Der Ball liegt jetzt bei Angela Merkel. Sie hat die entsprechenden Gespräche zu führen." (SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann)

    "Wir haben einen klaren Auftrag der Wähler, die Regierung zu bilden. Das Ergebnis zeite, dass die Wähler wollten, dass Angela Merkel Kanzlerin bleibt. Ein Ergebnis von mehr als 40 Prozent hattee man für eine Volkspartei schon gar nicht mehr für erreichbar gehalten." (Unionsfraktionschef Volker Kauder)

    "Das Ergebnis ist zutiefst enttäuschend. Jetzt geht es nicht um Koalitionsspekulation wie etwa Schwarz-Grün. Zunächst ist eine Fehleranalyse nötig."(Grünen-Bundestagsabgeordneter Omid Nouripour)

    "Wir hätten uns deutlich mehr Schwung erhofft für Bayern" (SPD-Landesvorsitzender Florian Pronold)

    "Das ist die bitterste Stunde für die Liberalen seit vielen Jahrzehnten. Wir haben in der Öffentlichkeit nicht überzeugt. Es gibt ausreichend liberales Wählepotenzial. Das gilt es jetzt abzurufen". (FDP-Vorsitzender Nordrhein-Westfalen Christian Lindner)

    "Es gibt mehr Kommunisten in Deutschland als Liberale. Das macht mir sehr große Sorgen." (FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel)

    "Ich finde das eine beachtliche Leistung, dass man mit fünf Ministern der größten Bundestagsfraktion aller Zeiten innerhalb von vier Jahren die FDP von 14,6 auf 5 Prozent oder darunter bringt. Eine ordentliche Wahlkampfstrategie mit einem souveränen Auftreten sieht anders aus. (Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki)

    "Man wählt niemanden, der sich zum Wurm macht. Das Einzige, was die FDP noch hätte schlimmer machen können, wäre gewesen, Hundewelpen aufs Plakat zu machen mit der Aufforderung: 'Bitte, bitte, wählt uns.'" (Vorsitzender der Jungen Liberalen Lasse Becker)

    "Es gilt der alte Grundsatz, dass alle demokratischen Parteien untereinander auch gesprächsbereit sein sollten. Es ist aber klar, dass sich die politischen Positionen von Union und Grünen im Wahlkampf sehr weit auseinanderbewegt haben." (CDU-Vorstandsmitglied Annegret Kramp-Karrenbauer)

    "Ich hatte mir ein besseres Ergebnis gewünscht. Wir müssen überlegen, wie wir unsere Positionen einfacher, verständlicher und klarer an die Bürger bringen." (Piraten-Chef Bernd Schlömer)

    Seehofer spricht von einem „famosen Wahlergebnis“ und lässt keinen Zweifel daran, dass er sich bestätigt fühlt: „Ich habe immer gesagt: Wenn unsere Anhänger zur Wahlurne gehen, dann wird es für die CSU einen goldenen September geben. Und es hat ihn gegeben.“ Erneuter Applaus. Seehofer dankt der Bundeskanzlerin, schwärmt über „klare Verhältnisse in Bayern“, und fordert seine Anhänger auf, jetzt erst einmal den Wahlsieg zu feiern: „Der Wahlsieger steht fest, alles andere müssen wir abwarten.“ Es hört sich an wie ein Schlusswort.

    Dann aber kommt der Parteichef doch noch auf die heikleren Fragen zu sprechen, die sich aus dem Votum der Wähler ergeben. „Wir werden von Bayern aus alles tun, dass wir unsere politischen Vorstellungen bestmöglich und weitestmöglich durchsetzen. Das erwartet die Bevölkerung“, sagt Seehofer. Er ermahnt die Partei: „Wir dürfen als CSU nie in die Lage kommen, dass die Leute sagen, bei der CSU stimmen Wort und Tat nicht überein.“ Und er setzt noch eins drauf: „Unsere Richtschnur ist und bleibt das beste Wahlprogramm aller Zeiten – unser Bayernplan.“

    Horst Seehofer setzt auf Bayernplan

    Zur Erinnerung: In ihrem Bayernplan hat die CSU auch all das niedergeschrieben, was sie im gemeinsamen Wahlprogramm der Union gegen die Schwesterpartei CDU nicht hatte durchsetzen können – unter anderem die Pkw-Maut für Ausländer, die Mütterrente, die Reform des Länderfinanzausgleichs zugunsten Bayerns oder Volksabstimmungen zu Fragen der Europäischen Union.

    Seehofer hatte vor der Wahl angekündigt, dass er ohne Maut nicht von Koalitionsverhandlungen aus Berlin zurückkehren werde. Daran wird er, das weiß er sehr genau, nun gemessen werden. Er weiß auch, dass einige seiner Forderungen in einer Großen Koalition nur sehr schwer durchsetzbar sein werden.

    Koalitionsvertrag: CSU ist optimistisch

    In der CSU wissen sie das auch. Die Reaktionen an diesem Abend sind gemischt. Ex-Parteichef Erwin Huber, der zu Seehofer in durchaus kritischer Distanz steht, etwa spricht nur von einem „klaren Sieg für Angela Merkel“ und sagt: „Horst Seehofer hat hohe Erwartungen geweckt, daran wird man das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen messen müssen.“ Jene, die treu zum Parteivorsitzenden stehen, halten dagegen.

    Bundesagrarministerin Ilse Aigner sagt zu den anstehenden Koalitionsverhandlungen: „Schwierig wird das schon, aber da kommt Horst Seehofer erst richtig in Form.“ Ähnlich äußert sich Bayerns Justizministerin Beate Merk: „In einer Großen Koalition ist es ein enormer Kraftakt, sich zu positionieren, aber wir haben einen starken Parteivorsitzenden.“

    Schwabens CSU-Bezirkschef Markus Ferber gibt sich mit Blick auf die Inhalte optimistisch. Er verweist auf frühere Koalitionsverhandlungen vor Bildung einer Großen Koalition und sagt zum Beispiel zum Thema Maut: „Die SPD weiß doch auch, dass es im Bereich der Infrastruktur Investitionen geben muss.“ Zu Ende diskutiert werden können all diese Fragen an diesem Abend nicht. Das endgültige Wahlergebnis bleibt lange offen.

    Also tun sie bei der CSU genau das, was ihnen der Chef empfohlen hat: Sie feiern noch eine Weile.

    Alle Ereignisse des Wahlabends zum Nachlesen finden Sie in unserem Liveticker.

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