Was ist in Barcelona passiert?
Am Donnerstag ist ein weißer Lieferwagen auf der beliebten Flaniermeile Las Ramblas in eine Menschenmenge gerast. Nach Angaben der Regionalregierung von Katalonien wurden mindestens 13 Menschen getötet und mehr als 100 weitere verletzt. Augenzeugen berichten von chaotischen Szenen und Panik auf den Ramblas.
War das ein Terror-Anschlag?
Die Polizei bestätigte schon wenig später, dass es sich um einen Terroranschlag gehandelt habe.
Wer sind die Opfer?
Unter den Toten und Verletzten sind nach Angaben des spanischen Zivilschutzes zahlreiche Ausländer, darunter auch Deutsche. Das Auswärtige Amt meldete, es seien 13 Deutsche teils lebensgefährlich verletzt worden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass unter den 13 Todesopfern deutsche Staatsangehörige seien, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Freitag in Berlin.
Insgesamt stammen die Opfer aus mindestens 35 Ländern: Neben Deutschland sind dies etwa Spanien, Frankreich, die Niederlande, Belgien, Italien, Irland, Großbritannien, Griechenland, die Niederlande, Österreich, die Türkei, Ungarn, Rumänien, Russland und Mazedonien. Weitere Opfer kommen aus den nicht-europäischen Ländern Algerien, Argentinien, Venezuela, Peru, Kuba, Australien und China.
Am Tag nach dem Terroranschlag von Barcelona sind die ersten Todesopfer identifiziert worden. Es handelt sich um einen 60-Jährigen aus Lanteira in der Nähe des andalusischen Granada, seinen minderjährigen Sohn und eine Nichte seiner Ehefrau, zitierte die Zeitung El Paísdie Bürgermeisterin der Gemeinde. Die Ehefrau sei schwer verletzt worden.
Unter den Verletzten aus Deutschland sind drei Jugendliche aus Nordrhein-Westfalen. Zwei 17-jährige Mädchen und eine 14-Jährige hatten sich auf der Flucht vom Anschlagsort schwer verletzt und liegen im Krankenhaus, sagte ein Sprecher der evangelischen Kirche in Oberhausen. Die Teenager zogen sich unter anderem Knochenbrüche zu. Die Verletzungen seien nicht lebensbedrohlich. Die Mädchen waren mit einer Gruppe zu einer Ferienfreizeit des Christlichen Vereins Junger Menschen gefahren. Die Eltern der verletzten Jugendlichen befanden sich am Freitag auf dem Flug nach Barcelona.
Wer steckt hinter dem Anschlag?
Hinter dem Doppelanschlag von Barcelona und Cambrils steckt nach den ersten Ermittlungen der katalanischen Polizei eine "Gruppe" von Attentätern. Ursprünglich hätten diese einen Anschlag noch größeren Ausmaßes geplant, sagte Polizeisprecher Josep Lluís Alcanar in Barcelona. Er wies auf eine Explosion hin, die sich in der Nacht zum Donnerstag in Alcanar, 200 Kilometer südlich von Barcelona, ereignete. Nach dieser Explosion hätten die Attentäter "nicht mehr das Material gehabt, um Anschläge noch größeren Ausmaßes zu verüben".
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag für sich. "Soldaten" des IS hätten das Attentat verübt, erklärt das IS-Propagandasprachrohr Amak laut einer Mitteilung des US-Unternehmens Site, das auf islamistische Websites spezialisiert ist.
Wer sind die Täter?
Hinter dem Terror in Spanien steckt nach Vermutungen der spanischen Ermittler eine organisierte Zelle von Islamisten. Die katalanische Polizei hat nach dem Terroranschlag in Barcelona und einem mutmaßlich vereitelten Angriff in einem Urlaubsort drei Marokkaner und einen Anwohner aus der Nordafrika-Exklave Melilla festgenommen. Der Hauptverdächtige, der am Donnerstag mit einem Lieferwagen in der Innenstadt von Barcelona mindestens 13 Menschen tötete, sei nicht darunter, teilte Polizeichef Josep Lluís Trapero am Freitag auf einer Pressekonferenz mit. Die vier Festgenommenen seien 21, 27, 34 und 38 Jahre alt.
Der Attentäter von Barcelona, der entkommen war, ist nach jüngsten Erkenntnissen der katalanischen Polizei womöglich bei einem Polizeieinsatz in Cambrils erschossen worden. "Die Untersuchung geht in diese Richtung, es gibt mehrere Indizien, aber wir haben keinen konkreten Beweis", sagte ein Polizeisprecher am Freitag vor Journalisten in Barcelona. Der mutmaßliche Haupttäter ist nach Polizeiangaben der 17-jährige Moussa Oukabir. Er soll einem Bericht zufolge seinem Bruder dessen Pass gestohlen und damit den Transporter angemietet haben, mit dem Terroranschlag auf der Flaniermeile Las Ramblas verübt wurde.
Was ist in dem Küstenort Cambrils passiert?
Nur wenige Stunden nach dem Attentat mit dem Lieferwagen tötete die Polizei in dem Badeort Cambrils gut 100 Kilometer südlich von Barcelona fünf mutmaßliche Terroristen. Die Männer waren nach Angaben der Regionalregierung ebenfalls mit einem Wagen in eine Menge gerast, bevor sie von Sicherheitskräften gestoppt wurden. Bei dieser Attacke wurden sieben Menschen verletzt. Eine Frau erlag am Freitag ihren schweren Verletzungen. Die Ermittler gehen davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen beiden Taten gibt.
Wie reagiert Spanien?
Die Regierung ruft eine dreitägige Staatstrauer aus, die ab Freitag gilt. Am Morgen war am Parlamentsgebäude der katalonischen Regierung die Flagge auf halbmast gehisst. Regierungschef Mariano Rajoy begab sich nach Barcelona und erklärte: "Wir sind vereint im Schmerz. Aber wir sind vor allem vereint im Willen, diesem Wahnsinn und dieser Barbarei ein Ende zu bereiten." König Felipe VI. erklärte: "Sie werden uns nicht terrorisieren. Ganz Spanien ist Barcelona."
Für 12 Uhr mittags sei eine Schweigeminute auf der Plaça de Catalunya geplant, teilte die katalanische Polizei auf Twitter mit.
Trotzdem versuchen die Menschen, etwas Normalität zurückzugewinnen. Auf dem Boulevard Las Ramblas öffneten die ersten Kioske wieder, berichtete der Sender TV3. Die öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt funktionieren laut der katalanischen Notfalldienste größtenteils wieder normal. Nur drei Stationen um Las Ramblas blieben geschlossen. Polizei, Zivilschutz und Rotes Kreuz richteten am Flughafen zwei Räume ein, um Familienangehörige der Opfer zu betreuen.
Hat der Anschlag Vorläufer?
Die Attentate erinnern an Anschläge in Nizza, Berlin oder London, wo die Täter ebenfalls mit Fahrzeugen in Menschenmengen rasten. Bisher war Spanien von Attacken der IS-Miliz weitgehend verschont geblieben. Allerdings war die Hauptstadt Madrid Schauplatz des bisher blutigsten islamistischen Anschlags auf europäischem Boden: Am 11. März 2004 töteten Terroristen mit Bomben in Regionalzügen 191 Menschen. Zu der Tat bekannte sich das Terrornetzwerk Al-Kaida.
Gibt es für Spanien jetzt eine Reisewarnung?
Nach dem tödlichen Zwischenfall im Zentrum von Barcelona hat das Auswärtige Amt seine Sicherheitshinweise für Spanien aktualisiert. "Reisenden wird geraten, den Bereich weiträumig zu meiden, den Anweisungen der Sicherheitskräfte Folge zu leisten und sich über die lokalen Medien zu informieren", teilte das Auswärtige Amt am Donnerstagabend mit. Eine offizielle Reisewarnung gab es zunächst nicht.
Wo gibt es weitere Informationen zum Anschlag in Barcelona?
Wir berichten aktuell in unserem News-Blog aus Barcelona.
dpa/afp/AZ