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BND: Der Bundespannendienst

BND

Der Bundespannendienst

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    Ernst Uhrlau.
    Ernst Uhrlau.

    Seine Tage an der Spitze des Geheimdienstes sind gezählt. So oder so. Am 7. Dezember wird Ernst Uhrlau, seit 1. Dezember 2005 Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), 65 Jahre alt, dann scheidet er ohnehin wegen Erreichens der Altersgrenze aus dem Amt. Wenn er denn überhaupt noch diesen Termin erreicht.

    Denn in Berlin ist es mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen dem Kanzleramt, das auch für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist, und dem BND-Chef mit dem SPD-Parteibuch nach einer Reihe von Pannen und Affären völlig zerrüttet ist und Uhrlau jeden Rückhalt in der Regierungszentrale verloren hat. Zu den engsten Beratern der Kanzlerin gehört er schon lange nicht mehr. Der Präsident, so spottet Wolfgang Bosbach (CDU), der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, „reitet der Abendsonne entgegen“.

    Ein Racheakt frustrierter Mitarbeiter?

    Das Fass zum Überlaufen brachten Berichte Ende Juni, wonach streng geheime Baupläne des BND-Neubaus in Berlin-Mitte unter ungeklärten Umständen gestohlen worden seien. Zwar soll sich das schon vor einem Jahr zugetragen haben und der Sachverhalt intern seit Längerem bekannt sein, doch dass dies jetzt an die Öffentlichkeit drang, ist für Beobachter kein Zufall. Insider vermuten einen Racheakt frustrierter Mitarbeiter, die sich an Uhrlau rächen wollen. In Pullach bei München, wo der Auslandsgeheimdienst mit seinen insgesamt rund 6000 Mitarbeitern noch bis 2014 residiert, ehe er in seine neue Zentrale an der Berliner Chausseestraße umzieht, ist die Stimmung dem Vernehmen nach auf einem Tiefpunkt, Uhrlaus Personalpolitik und sein mangelnder nachrichtendienstlicher Sachverstand, so heißt es, würden für anhaltenden Ärger unter den Geheimdienstlern sorgen. Und in Berlin wird ihm einmal mehr ein schlechtes Krisenmanagement und ein Versagen bei der Aufarbeitung von Pannen vorgeworfen.

    Dabei galt Uhrlau, als er Ende 2005 die Nachfolge von August Hanning an der Spitze des Nachrichtendienstes antrat, als ausgewiesener Experte. Er war Chef des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz und Hamburger Polizeipräsident und wechselte nach dem rot-grünen Wahlsieg 1998 ins Kanzleramt, wo er unter Amtschef Frank-Walter Steinmeier für die Koordinierung der Geheimdienste zuständig war. Aber schon 2008 wurden Forderungen nach seinem Rücktritt laut, als bekannt wurde, dass der BND einen Minister der afghanischen Regierung abgehört und dabei auch Mails einer deutschen Journalistin mitgeschnitten und ausgewertet hatte. Merkel zeigte damals Uhrlau die Gelbe Karte, als sie erklären ließ, ihr Verhältnis zum BND-Chef sei „ge-, aber nicht zerstört“. Im Herbst 2008 flogen drei BND-Agenten im Kosovo auf, Anfang 2009 standen zwei Detektive in Österreich vor Gericht, die im Auftrag des BND illegalen Kapitaltransfers nachgingen, ohne dass das Partnerland über diese Aktivitäten informiert wurde. Damit nicht genug. Von der arabischen Revolution wurde der Geheimdienst, der als Auge und Ohr der Regierung frühzeitig brisante politische Entwicklungen im Ausland erkennen und das Kanzleramt entsprechend informieren soll, vollkommen überrascht, in Ägypten wie in Libyen habe der Dienst „regelrecht versagt“, heißt es, manche Journalisten in der Region seien besser informiert gewesen als der BND.

    Merkel will drei Chefsessel neu besetzen

    Alles Gründe genug, den ungeliebten BND-Chef vorzeitig in den Ruhestand zu schicken. Doch Angela Merkel zögert. Sie strebt offensichtlich eine große Lösung an, da auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, wie Uhrlau SPD-Mitglied und der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, der ebenfalls ein SPD-Parteibuch hat, kurz vor dem Erreichen der Altersgrenze stehen. So könnte sie in einem Wurf die Chefsessel der drei wichtigsten Sicherheitsbehörden des Landes in ihrem Sinne neu besetzen und neu ausrichten.

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