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Digitalisierung: Auslaufmodell: Wann verschwindet das Fax aus deutschen Behörden?

Digitalisierung

Auslaufmodell: Wann verschwindet das Fax aus deutschen Behörden?

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    Drei Kilo wog dieses im Jahr 1990 auf der CeBIT vorgestellte tragbare Faxgerät. 30 Jahre später wird in Behörden immer noch gefaxt, wenn auch von moderneren Geräten.
    Drei Kilo wog dieses im Jahr 1990 auf der CeBIT vorgestellte tragbare Faxgerät. 30 Jahre später wird in Behörden immer noch gefaxt, wenn auch von moderneren Geräten. Foto: Holger Hollemann, dpa (Archiv)

    Aus dem Sortiment der Telekom sind sie seit mehr als zehn Jahren verschwunden, in vielen Büros stauben sie vor sich hin und der Generation Smartphone ist die Bedienung meist schleierhaft – doch im Öffentlichen Dienst sind Faxgeräte bis heute ein wichtiges Kommunikationsmittel. Wieder in den Fokus gerückt sind sie durch die Übermittlung von Corona-Daten. Auch nach einem Jahr Pandemie senden immer noch Gesundheitsämter ihre Infektionszahlen per Fax an das Robert-Koch-Institut, wo sie per Hand in ein Computersystem eingetragen werden müssen. Das kostet Zeit und Kapazitäten, ist aber in deutschen Behörden und Gerichten nach wie vor gängige Praxis.

    Software in Behörden oft nicht kompatibel - da hilft nur das Faxgerät

    „Die Nutzung von Telefaxgeräten ist Ausdruck der technischen Rückständigkeit deutscher Behörden und einer mangelhaften digitalen Infrastruktur“, kritisiert der FDP-Bundestagsabgeordnete und ehemalige sächsische Justizminister Jürgen Martens im Gespräch mit unserer Redaktion. Faxgeräte seien bereits voll digital ersetzbar. „Eine Nutzung kann eigentlich nur als Ersatzlösung oder technische Rückfallebene bei größeren Systemstörungen gerechtfertigt sein“, so Martens. Regeln und Gesetze, die eine Digitalisierung in den Behörden vorschreiben, gibt es aus seiner Sicht genug – umgesetzt würden diese allerdings nicht.

    Die Arbeit mit überholter Technik ärgert auch den Bundesvorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes, der die Interessen der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst vertritt. „Einen Grund oder Vorteil, an Faxgeräten festzuhalten, gibt es aus unserer Sicht nicht, außer den Mangel an Alternativen“, sagt Ulrich Silberbach. Dass im Öffentlichen Dienst vielerorts noch gefaxt werden muss, liege an veralteter IT-Ausstattung und begrenzten Leitungskapazitäten, bedingt durch eine jahrzehntelange Sparpolitik, wie Silberbach kritisiert. So könnten beispielsweise Architekten vielerorts keine Baupläne an Ämter mailen, weil dort die Leitungen während des Downloads zusammenbrächen. Ein weiteres Problem sei, dass Software von Bund, Ländern und Kommunen häufig nicht miteinander kompatibel sei und dadurch keine Daten ausgetauscht werden könnten. Der Beamtenbund fordert deshalb einen Digitalpakt mit massiven Investitionen in IT-Ausstattung und Fortbildung.

    In der Justiz ist ein Fax bis heute häufig der schnellste Weg

    Besonders häufig kommt das Fax noch in der Justiz zum Einsatz. Über diesen Weg können kurzfristig Schriftsätze eingereicht werden, die bis zu einer bestimmten Frist bei Gericht eingehen müssen. Rechtsanwalt Marcus Werner, Vorstandsmitglied im Deutschen Anwaltsverein und Fachanwalt für IT-Recht in Köln, erklärt diese Praxis folgendermaßen: „Im gerichtlichen Verfahren hat die Akte eine besondere Bedeutung und damit das Papier, welches bei den Gerichten eingeht. Weil die Gerichte bis vor kurzem per E-Mail wenig oder gar nicht erreichbar waren, war und ist das Fax immer noch die Alternative zur Zusendung von Schriftstücken per Post.“ Ab 2022 wird sich das allerdings ändern, denn ab dann müssen Kanzleien und Behörden das sogenannte besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) nutzen, das einen rechtssicheren elektronischen Versand von Schriftstücken ermöglicht.

    Das gilt jedoch nicht für Kläger und Beklagte ohne Anwälte. Ganz verschwinden wird das Fax in der Justiz also auch nach Dezember 2021 nicht. „Ich persönlich halte das Fax für die Anwaltschaft aktuell immer noch für ein in der täglichen Arbeit wichtiges Arbeitsmittel. Neben dem beA wird es seine Rolle als technische Reserve behalten“, sagt Werner. Ein Problem ist das für ihn nicht: Denn die Arbeit mit dem Fax habe sich gut eingespielt und fest etabliert.

    Verbände fordern massive Investitionen in die Digitalisierung von Verwaltung und Justiz

    Anders sieht das der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn. Eine echte Erleichterung ist das Faxen für die Justiz aus seiner Sicht nämlich nicht. Originale erhalte man nach dem Fax noch einmal gesondert. Das führe zu mehrfachem Schriftverkehr und erhöhe den Arbeitsaufwand unnötig. „Das Faxgerät ist ein Auslaufmodell, das schnellstmöglich durch zeitgemäße Kommunikationswege ersetzt werden sollte“, sagt Rebehn.

    Ähnlich sieht das der Bundestagsabgeordnete und Digitalexperte der Grünen, Konstantin von Notz. Er fordert klare Fristen: „Es muss ein zeitnahes Datum festgesetzt werden, zu dem man aus der veralteten Kommunikation aussteigt, und dafür muss konsequent in digitale Kommunikationsstrukturen investiert werden.“ Gerade in Behörden setze man Bewährtes gerne einfach fort. „Trotzdem ist es im digitalen Zeitalter nicht gut, dass man in Deutschland mit der Digitalisierung nicht weiter ist. Das merken wir alle, gerade in einer Pandemie.“

    Bedingt durch Corona habe sich zwar schon einiges getan, sagt Richterbund-Chef Rebehn. Es gebe aber noch viele Baustellen, etwa bei der Netzinfrastruktur, der IT-Ausstattung, dem elektronischen Rechtsverkehr oder beim Einsatz von Online-Verfahren. Wie der Beamtenbund fordert auch er einen Digitalpakt. In der Justiz brauche es ähnlich wie bei den Schulen eine Co-Finanzierung des Bundes für Investitionen der Länder.

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