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Auschwitz: 70 Jahre nach der Auschwitz-Befreiung: Erinnern ist nicht genug

Auschwitz

70 Jahre nach der Auschwitz-Befreiung: Erinnern ist nicht genug

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    Bundespräsident Gauck entzündet während der Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau eine Kerze.
    Bundespräsident Gauck entzündet während der Gedenkfeier im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau eine Kerze. Foto: Andrzej Grygiel (dpa)

    Marian Turski hat den Holocaust überlebt. Als 18-Jähriger war er ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert worden, das vor 70 Jahren befreit wurde. Sein persönliches Leiden ging auch danach noch weiter. Stellvertretend für alle, die das Nazi-Regime und all die Gräueltaten überlebten, nimmt er mit anderen Opfern auf der Besuchertribüne des Bundestags Platz.

    Es ist die Gedenkstunde zur Befreiung von Auschwitz. Doch Gedenktage, sagt Bundespräsident Joachim Gauck, könnten auch zu einem Ritual erstarren. Zu einer leeren Hülle. Er selbst will dazu beitragen, dass dies nicht geschieht. Und er tut es mit sehr persönlichen, bewegenden Worten: „Solange ich lebe, werde ich darunter leiden, dass die deutsche Nation mit ihrer so achtenswerten Kultur zu den ungeheuerlichsten Menschheitsverbrechen fähig war.“

    Gauck erinnert an die Retter und an die Todesopfer. Opfer wie Willy Cohn, der noch im Ersten Weltkrieg das Eiserne Kreuz erhalten hatte. „Er bewahrte sich bis zuletzt eine unerschütterliche Treue zu Deutschland“, sagt der Bundespräsident. Bis Cohn im November 1941 mit seiner Familie und vielen anderen Juden erschossen wurde.

    Gauck: "Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz."

    Doch die Täter seien in den Nachkriegsjahren nur schleppend zur Verantwortung gezogen worden, wenn überhaupt. „In Zeiten des Wirtschaftswunders haben in der jungen Bundesrepublik zu viele nach vorne statt auch zurück geschaut“, sagt Gauck. Viele hätten nur wenig Mitleid mit den Opfern gekannt, dafür Selbstmitleid gezeigt und sich als Befehlsempfänger von aller Schuld freigesprochen. Erst die großen Prozesse Ende der 50er Jahre hätten zum Umdenken geführt.

    Und auch wenn viele in der DDR diese gerade in der Hinsicht gerne als das bessere, das antifaschistische Deutschland gesehen hätten, so sei auch dort den Menschen die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit größtenteils „erspart“ worden. Doch, so sagt der Bundespräsident: „Es gibt keine deutsche Identität ohne Auschwitz.“

    Jungendliche nahmen am Gedenken im Bundestag teil

    „Alle, die Deutschland ihr Zuhause nennen, tragen Verantwortung dafür, wie sich dieses Land entwickeln wird“, mahnt er. Erinnern sei nicht genug. Aus Erinnerung erwachse Verantwortung – vor allem dafür, dass Völkermord und Kriegsverbrechen verhindert werden. Und: Die Deutschen müssten sich „jeder Art von Ausgrenzung und Gewalt entgegenstellen, und jenen, die vor Verfolgung, Krieg und Terror zu uns flüchten, eine sichere Heimstätte bieten“. Eine klare Ansage – gerade in Tagen, in denen Fremdenfeinde und Islamkritiker die innenpolitische Debatte prägen.

    Die Erinnerung bleibe auch dadurch lebendig, dass sich junge Leute mit der NS-Zeit beschäftigten. Und so nehmen 80 Jugendliche aus mehreren Ländern am Gedenken im Bundestag teil. Für die Taten seien die danach Geborenen zwar nicht verantwortlich, betont Bundestagspräsident Norbert Lammert. Aber für den Umgang damit.

    Auch Bayern erinnert gestern an die Opfer der Nazis. Im Landtag rufen Ministerpräsident Horst Seehofer und Landtagspräsidentin Barbara Stamm dazu auf, Fremdenhass und Antisemitismus entschieden entgegenzutreten. „Niemals wieder – dieser Satz bleibt unser Auftrag, heute und in Zukunft“, sagt Seehofer. „Das sind wir den Opfern schuldig, das sind wir der Zukunft und vor allem unserer Jugend schuldig. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung.“ (mit dpa)

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