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Corona-Pandemie: Auf den Spuren des Virus: So breitet sich die britische Mutante aus

Corona-Pandemie

Auf den Spuren des Virus: So breitet sich die britische Mutante aus

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    Das neue Virus kommt: Was dieses Streetart-Kunstwerk im Berliner Kiez Prenzlauer Berg zeigt, fürchten Bürger, Politik und Mediziner auch in der Realität.
    Das neue Virus kommt: Was dieses Streetart-Kunstwerk im Berliner Kiez Prenzlauer Berg zeigt, fürchten Bürger, Politik und Mediziner auch in der Realität. Foto: Jörg Carstensen, dpa

    Über Nacht hat sich die Schneeschicht wie ein Schleier über das weitläufige Gelände des Humboldt-Klinikums am Nordgraben im Berliner Bezirk Reinickendorf gelegt. In dem winterlichen Idyll sind nur ab und an weiß gekleidete Menschen zu sehen, die zwischen kantigen Zweckgebäuden aus den 1980er Jahren hin und her eilen, manche ziehen dabei hektisch an einer Zigarette. An der leicht erhöht liegenden Zufahrt, wo sonst die Rettungswagen im Minutentakt Patienten mit Herzinfarkt oder Beinbruch in die Notaufnahme bringen, herrscht Stille. Über den Dächern, wo sonst fast unablässig gelbe Rettungshubschrauber kreisen, strahlt die Wintersonne am blauen Himmel. Normalerweise warten Krankentransporter am Straßenrand auf den nächsten Einsatz, seit einigen Tagen parken dort Übertragungswagen von Fernsehsendern, Medienleute warten, doch die Mitarbeiter eilen ohne Kommentar an ihnen vorbei.

    Nichts ist mehr normal am sonst so geschäftigen Humboldt-Klinikum, seit dort am Wochenende der bislang größte Ausbruch der mutierten britischen Variante des Coronavirus in Deutschland festgestellt wurde. Inzwischen 24 Personen, 13 Patienten und elf Klinikmitarbeiter, sind erwiesenermaßen mit der Corona-Variante infiziert, die laut ersten wissenschaftlichen Erkenntnissen deutlich ansteckender und womöglich auch tödlicher ist als die bisherigen Corona-Typen. Dies bestätigte Klinik-Sprecherin Mischa Moriceau unserer Redaktion. Alle Patienten und der Großteil der Mitarbeiter wurden demnach bereits auf die Variante getestet, ein Teil der Testergebnisse stehe noch aus. Klinikleitung und Behörden reagierten offenbar schnell – trotzdem ist das Virus inzwischen auch andernorts in der Hauptstadt festgestellt worden.

    Mitarbeiter der Humboldt-Klinik in "Pendelquarantäne"

    Im „Humboldt“ gilt seit Ende vergangener Woche ein Aufnahmestopp, Notfälle werden bis auf weiteres in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Die verbliebenen rund 400 Patienten, die längerfristig einer Behandlung bedürfen, werden unter weiter verschärften Infektionsschutzmaßnahmen betreut. Für die rund 1700 Klinikmitarbeiter gilt die sogenannte Pendelquarantäne. Sie dürfen sich nur in der Klinik oder zuhause aufhalten und zwischen beiden Punkten unterwegs sein. Dazu sollen sie den eigens eingerichteten Hol- und Bring-Service mit Kleinbussen nutzen. Auch den Angehörigen der Pfleger, Ärzte, Techniker und Verwaltungskräfte wird nahegelegt, auf Kontakte zu verzichten. Ihre Kinder etwa sollen auch nicht die Notbetreuung der Kitas wahrnehmen.

    In den weitläufigen Gängen der Klinik herrsche eine gespenstische Atmosphäre, heißt es aus dem Kreis der Mitarbeiter. Manche von ihnen warten demnach derzeit noch auf ihr Testergebnis, müssen fürchten, sich selbst angesteckt zu haben. In Gesprächen, mit maximalem Abstand geführt, erinnern sie sich, wie vor ziemlich genau einem Jahr die ersten Medienberichte auftauchten, wonach das Coronavirus erstmals in Deutschland nachgewiesen worden sei. Damals hieß es, dass von dem Erreger, der zuerst im chinesischen Wuhan auftrat, höchstwahrscheinlich keine Gefahr für Deutschland ausgehe. Der Albtraum, der gerade für das medizinische Personal folgte, ist bekannt.

    Die Vivantes-Humboldt-Klinik ist ein Herd der neuen Mutation.
    Die Vivantes-Humboldt-Klinik ist ein Herd der neuen Mutation. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Geht er nun in Verlängerung, ausgerechnet jetzt, wo Impfstoffe gerade Besserung versprachen? Von großer Verunsicherung in den Reihen der Humboldt-Mitarbeiter ist die Rede. Denn die Virus-Mutation, die die Berliner Großklinik lähmt, wirft bange Fragen für den weiteren Kampf gegen die Pandemie auf. Wie gefährlich ist die Variante B117 von SARS-CoV-2 wirklich? Wirken die neuen Impfstoffe überhaupt dagegen? Und was bedeutet das alles für die bisherigen Strategien gegen Corona? Befriedigende Antworten darauf gibt es noch nicht. Doch der Blick auf die britische Insel beunruhigt Ärzte, Pfleger, Patienten und Politiker zutiefst.

    Virus-Mutation - "Die dunkle Wolke einer sehr ernsthaften Gefahr“

    Die Bundesregierung ist in großer Sorge. Der wohl wichtigste Berater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Pandemie ist ihr Parteifreund Helge Braun. Am Sonntag in der ARD-Sendung „Anne Will“ befürchtete der Kanzleramtsminister, ein studierter Mediziner, dass die ansteckendere Variante aus Großbritannien auch in Deutschland „die Führung übernehmen“ werde. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte mit Blick auf die Corona-Mutationen: „Wir haben im Hintergrund die dunkle Wolke einer sehr ernsthaften Gefahr“. Sollte sich die Virusmutante bei uns wie in anderen Ländern durchsetzen, könnten die Zahlen wieder stark in die Höhe getrieben werden. Es sei damit zu rechnen, dass Deutschland der weiteren Ausbreitung der Mutante nicht entgehen werde. Oberstes Ziel sei deshalb eine möglichst schnelle Reduzierung der Infektionszahlen. Eine Diskussion um ein früheres Ende des Lockdowns sei deshalb falsch.

    Karl Lauterbach (SPD) fürchtet eine "Pandemie in der Pandemie".
    Karl Lauterbach (SPD) fürchtet eine "Pandemie in der Pandemie". Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Im Dezember war die Corona-Mutation B117 zum ersten Mal in der Grafschaft Kent im Süden Englands aufgetaucht. In London verbreitete sich die Variante rasend schnell. Anfang des Jahres wurden in Großbritannien täglich teils fast 70.000 Neuinfektionen gemeldet, durch einen Lockdown sanken die Zahlen inzwischen, betragen aber noch immer rund 30.000 Fälle pro Tag. Im Sieben-Tages-Schnitt ist die Zahl der Neuinfektionen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung etwa mehr als dreimal so hoch wie in Deutschland. Etwa 1200 Menschen sterben im Vereinigten Königreich pro Tag an oder mit Corona. Die Krankenhäuser arbeiten an der Kapazitätsgrenze oder sind bereits überlastet.

    Laut Experten treten bei Viren ständig zufällige Veränderungen auf, das ist auch beim Corona-Erreger der Fall. Meist haben die Mutationen keinen Einfluss auf die Eigenschaften. Doch die britische Corona-Variante ist nach mehreren wissenschaftlichen Studien deutlich ansteckender als der bisher vorherrschende Typ. Um wie viel, ist noch umstritten. Konservativere Schätzungen gehen von einem etwa 30 Prozent höheren Ansteckungsrisiko aus, andere sehen die Gefahr um bis zu 70 Prozent höher. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach glaubt, dass B117 so viel schneller wachse, dass es fast wie ein anderes Sars-Coronavirus zu sehen sei und spricht von der Gefahr einer „Pandemie in der Pandemie“.

    Ob der neue Virustyp auch tödlicher ist, ist umstritten. Briten-Premier Boris Johnson berichtete von Hinweisen auf eine erhöhte Sterblichkeit. Doch Wissenschaftler kritisierten, dass es für solche Aussagen noch zu wenig Erkenntnisse gebe. Auch über die Eigenschaften weiterer Corona-Varianten aus Südafrika und Brasilien herrscht noch Unklarheit. Virologen weltweit elektrisiert vor allem die Frage, ob und wie gut die bisher zugelassenen Corona-Impfstoffe gegen die neuen Typen wirken. Erste Tests der Hersteller Biontech und Moderna deuten immerhin an, dass deren Vakzine auch die Mutanten in Schach halten können. Doch für ein Aufatmen ist es wohl noch zu früh.

    Das "Humboldt" ist ein Eckpfeiler der medizinischen Versorgung Berlins

    Für die Mitarbeiter am Humboldt-Klinikum hängt von den Antworten auf diese Fragen extrem viel ab. Das Krankenhaus ist ein Eckpfeiler der medizinischen Versorgung der ganzen Hauptstadt, arbeitet auch mit dem bekannten Universitätsklinikum Charité eng zusammen. Rund 65.000 Patienten werden hier jährlich in elf Fachabteilungen behandelt, praktisch das ganze medizinische Spektrum wird abgedeckt, von der Chirurgie über die Innere Medizin und Geburtshilfe bis zur Psychiatrie. In der Corona-Strategie der Hauptstadt hat der Standort, der zur landeseigenen Vivantes-Gruppe gehört, bislang eine wichtige Rolle gespielt. Ein großer Teil aller Berliner Corona-Erkrankten, die stationäre Behandlung benötigten, wurde hier betreut. Auch viele schwere Fälle, die auf der Intensivstation künstlich beatmet werden mussten. Einige der Patienten sind gestorben. Unbestritten ist, dass das Humboldt-Klinikum im Laufe der vergangenen Monate viel Erfahrung und Routine im Klinikalltag unter Corona-Bedingungen sammeln konnte. Strenge Hygienemaßnahmen prägen die täglichen Abläufe. Besucher durften zuletzt nur in Ausnahmefällen in die Klinik.

    Der Berliner Virologe Christian Drosten warnt vor einem verfrühten Ende der Corona-Maßnahmen. Seine Charité arbeitet eng mit der Humboldt-Klinik zusammen.
    Der Berliner Virologe Christian Drosten warnt vor einem verfrühten Ende der Corona-Maßnahmen. Seine Charité arbeitet eng mit der Humboldt-Klinik zusammen. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Ein Teil der rund 1800 Personen starken Belegschaft wurde im klinikeigenen Impfzentrum bereits gegen Corona immunisiert. Umso größer war der Schock, so berichten Mitarbeiter, als bis zum 23. Januar zunächst 20 Fälle von Infektionen mit der rätselhaften britischen Corona-Variante aufgetreten sind. Entdeckt wurde die Mutation in der Humboldt-Klinik offenbar per Zufall bei Patienten der Inneren Medizin. Wie das Virus aus Großbritannien nach Berlin und schließlich in die Klinik kam, warum die Infektionsschutzmaßnahmen versagten, ist noch nicht ganz klar. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) berichtet von Fällen, die mit Reisen zusammenhängen.

    Chronologie der Corona-Pandemie in Deutschland

    Im Januar 2020 ist die erste Corona-Infektion in Deutschland bekannt geworden. Ein Rückblick:

    27. Januar: Erste bestätigte Infektion in Deutschland. Zwei Wochen später ist der Mann aus Bayern wieder gesund.

    25./26. Februar: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen melden erste nachgewiesene Fälle. Weitere Bundesländer folgen, am 10. März hat Sachsen-Anhalt als letztes Land seinen ersten Fall.

    9. März: In NRW gibt es die ersten Todesfälle innerhalb Deutschlands. Die Zahl der Infektionen steigt bundesweit auf mehr als 1000.

    12./13. März: Immer mehr Theater und Konzerthäuser stellen den Spielbetrieb ein. Die Fußball-Bundesliga pausiert.

    16. März: An den Grenzen zu Frankreich, Österreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz gibt es Kontrollen und Einreiseverbote. In den meisten Bundesländern sind Schulen und Kitas geschlossen.

    17. März: Mehrere Konzerne kündigen an, ihre Fabriken vorübergehend zu schließen.

    22. März: Verbot von Ansammlungen von mehr als zwei Menschen. Ausgenommen sind Angehörige, die im eigenen Haushalt leben. Cafés, Kneipen, Restaurants, aber auch Friseure zum Beispiel schließen.

    15. April: Auf eine schrittweise Aufnahme des Schulbetriebs ab 4. Mai verständigen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs.

    20. April: Geschäfte unter 800 Quadratmetern Fläche dürfen wieder öffnen. Als erstes Bundesland führt Sachsen die Maskenpflicht für ÖPNV und Einzelhandel ein. Alle anderen ziehen nach.

    22. April: Für Firmen, Arbeitnehmer und Gastronomie werden milliardenschwere Hilfen beschlossen.

    6. Mai: Die Länder bekommen weitgehende Verantwortung für die Lockerung von Beschränkungen - etwa für Hotels, Gastronomie, Fahrschulen, Schwimmbäder und Fitnessstudios.

    16. Mai: Sachsen-Anhalt registriert als erstes Bundesland seit Ausbruch der Pandemie keine Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag. Die Fußball-Bundesliga legt wieder los - ohne Fans in den Stadien.

    16. Juni: Im Kampf gegen das Virus geht eine staatliche Warn-App an den Start. Sie soll dabei helfen, Infektionen nachzuverfolgen. 

    29. August: Etwa 40.000 Menschen protestieren in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen. Demonstranten durchbrechen die Absperrung vor dem Reichstag und stürmen auf die Treppe.

    30. September: Angesichts wieder steigender Infektionszahlen fordert die Kanzlerin zum Durchhalten auf. "Wir riskieren gerade alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben", sagt Merkel im Bundestag.

    7./8. Oktober: Die Bundesländer beschließen ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Risikogebieten. 

    22. Oktober: Die Zahl der Neuinfektionen binnen eines Tages hat erstmals den Wert von 10.000 überschritten. Das Robert Koch-Institut (RKI) macht vor allem private Treffen dafür verantwortlich.

    2. November: Ein Teil-Lockdown mit Einschränkungen bei Kontakten und Freizeitaktivitäten soll die zweite Infektionswelle brechen.

    9. November: Als erste westliche Hersteller veröffentlichen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer vielversprechende Ergebnisse einer für die Zulassung ihres Corona-Impfstoffs entscheidenden Studie.

    18. November: Unter dem Protest Tausender in Berlin machen Bundestag und Bundesrat den Weg für Änderungen im Infektionsschutzgesetz frei.

    25. November: Die Beschränkungen für persönliche Kontakte werden für weitere Wochen verschärft. Darauf verständigen sich Bund und Länder.

    27. November: Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen in Deutschland hat nach RKI-Daten die Millionenmarke überschritten. 

    2. Dezember: Als erstes Land der Welt erteilt Großbritannien dem Impfstoff von Biontech und Pfizer eine Notfallzulassung und startet seine Impfkampagne wenige Tage später. 

    16. Dezember: Der seit November geltende Teil-Lockdown reicht nicht aus. Der Einzelhandel muss mit wenigen Ausnahmen schließen.

    18. Dezember: Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Infektionen in Deutschland ist erstmals auf mehr als 30.000 gestiegen.

    21. Dezember: Zum Schutz vor einer infektiöseren Virus-Variante dürfen keine Passagierflugzeuge aus Großbritannien mehr in Deutschland landen. Der Corona-Impfstoff von Biontech erhält von Brüssel die bedingte Marktzulassung. Somit können die Impfungen in der EU beginnen. Am 6. Januar wird auch der von Moderna zugelassen.

    24. Dezember: Heiligabend im Zeichen der Pandemie. Familienfeiern sollen klein bleiben, Christmetten wenn überhaupt nur auf Abstand stattfinden. Zudem wird die in Großbritannien aufgetretene Variante des Coronavirus erstmals auch in Deutschland nachgewiesen.

    26. Dezember: Einen Tag vor dem offiziellen Impfstart werden in einem Seniorenzentrum in Sachsen-Anhalt eine 101 Jahre alte Frau und etwa 40 weitere Bewohner geimpft. 

    27. Dezember: In allen Bundesländern beginnen die Impfungen. Zuerst sollen Menschen über 80, Pflegeheimbewohner sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal immunisiert werden.

    1. Januar 2021: Deutschland kommt vergleichsweise ruhig ins neue Jahr. Der Verkauf von Silvesterfeuerwerk war verboten. 

    14. Januar: Das Statistische Bundesamt schätzt, dass die deutsche Wirtschaftsleistung 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 Prozent eingebrochen ist.

    15. Januar: Mehr als zwei Millionen Corona-Fälle sind hierzulande bekannt geworden, knapp 45.000 Menschen sind an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Sars-CoV-2-Infektion gestorben.

    19. Januar: Bund und Länder verlängern den Lockdown bis Mitte Februar. Zudem werden die besser schützenden FFP2-Masken oder OP-Masken in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen obligatorisch.

    21. Januar: Mehr als 1,3 Millionen Menschen haben in Deutschland bereits ihre erste Corona-Impfung erhalten, etwa 77.000 auch schon die zweite. (dpa)

    Bislang gab es in Deutschland kaum Tests auf die neuen Varianten. Doch inzwischen prüft zumindest die Bundeshauptstadt systematisch bei allen positiven Corona-Tests, ob eine Mutation vorliegt. Dies geschieht mittels Erbgut-Sequenzierung im „Labor Berlin“, der größten Testeinrichtung Europas, das im Auftrag der Vivantes-Kliniken, der Charité und zahlreicher weiterer Krankenhäuser arbeitet. Gesundheitspolitiker in der Hauptstadt fürchten, dass weitere Klinikschließungen nötig sein könnten. Doch Georg Baum, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, warnt bereits, dass dann die medizinische Versorgung in der Hauptstadt zusammenbrechen könne.

    Drosten malt ein Schreckensbild

    Inzwischen hat sich gezeigt, dass das neuartige Virus die Humboldt-Klinik im Reinickendorfer Orsteil Borsigwalde bereits verlassen hat. Erkrankt sind laut dem zuständigen Amtsarzt eine Angehörige und eine Nachbarin von früheren Patienten. Zwei weitere Infizierte wurden in der Vivantes-Klinik in Spandau entdeckt, offenbar besteht ein Zusammenhang mit einer Verlegung aus der Humboldt-Klinik. Daneben gibt es einige isolierte Fälle. Und auch die Charité im Bezirk Mitte, in der Nähe von Kanzleramt und Bundestag gelegen, meldet inzwischen fünf Fälle. Dort forscht Deutschlands berühmtester Virologe Christian Drosten. Dem macht insbesondere die Corona-Variante aus Großbritannien große Sorgen, wie er dem Spiegel sagte. Im schlimmsten Fall rechnet er für das Frühjahr mit bis zu 100.000 Neuinfektionen pro Tag. Noch sieht er allerdings die „einmalige Gelegenheit“, die Ausbreitung der Mutante zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen.

    Doch immer öfter werden im ganzen Bundesgebiet Infektionen mit den neuen Corona-Varianten festgestellt. Berlin ist mit 35 Fällen nicht mehr Spitzenreiter in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen wurde der Typ B117 bereits 37 Mal nachgewiesen. In Bayern trat er bis Dienstag acht Mal auf. Am Klinikum in Bayreuth wurden zudem am Dienstagabend elf Verdachtsfälle auf die englische Virusart bekannt. Die Klinik ist vorübergehend zu, mehr als 3300 Mitarbeiter außerhalb ihrer Arbeitszeiten in Quarantäne. So hat es auch in Berlin angefangen.

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