Der 32-Jährige, der auf einem Bauernhof in der Nähe der norwegischen Hauptstadt Oslo gewohnt hat, wurde am Samstag vernommen. Er war am Freitagabend auf der Insel Utøya festgenommen worden, wo 85 Teilnehmer eines Jugendcamps erschossen wurden. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann außerdem für die Bombenexplosion am Freitagnachmittag im Osloer Regierungsviertel verantwortlich ist, bei der sieben Menschen starben.
Der unverheiratete Mann sei zwar auskunftsbereit, trotzdem stuft die Polizei die Verhöre nach Angaben eines Sprechers als "schwierig" ein. Der Tatverdächtige habe gestanden, dass er auf der Insel war und Schüsse abgegeben hat. Dabei habe zwei Waffen bei sich getragen. Doch noch immer gibt es keine Aussagen über das Motiv. Fraglich ist auch, ob der mutmaßliche Täter alleine gehandelt hat. Am Montag soll der Norweger einem Haftrichter vorgeführt werden.
Angebilch war der Mann bei einem schwedischen Internet-Forum für Neonazis registriert. Wie die schwedische Organisation Expo am Samstag angab, war der 32-Jährige seit 2009 in dem Forum "Nordisk" aktiv. Hier diskutierten 22 000 registrierte Nutzer Themen wie "weiße arische Macht" und politische Strategien zur Bekämpfung der Demokratie, hieß es weiter. Expo gilt als führende schwedische Organisation zur Beobachtung der rechtsradikalen Szene. Sie wurde bekannt durch ihr Gründungsmitglied Stieg Larsson, der die weltberühmt gewordene Millennium-Krimitrilogie geschrieben hat. Nach den Angaben von Expo soll der am Freitag nach zwei Anschlägen mit mindestens 92 Toten festgenommene Norweger "wesentlich radikaler" als bisher angenommen in der rechtsradikalen Szene aktiv gewesen sein. Im Onlineforum "Nordisk" habe es auch Aufrufe zu Gewalt gegeben, hieß es aus Stockholm.
Festnahme mit Tränengas?
Wie der TV-Sender NRK am Samstag mitteilte, sei der mutmaßliche norwegische Attentäter nach offiziell unbestätigten Angaben von Antiterror-Spezialisten aus der Luft angegriffen und mit Tränengas betäubt worden. Die Spezialeinheit soll am Vortag sofort nach den ersten Meldungen über Schüsse per Hubschrauber zu der 40 Kilometer entfernten Insel Utøya geflogen sein. Die Polizei wollte nichts über die Umstände der Festnahme des als rechtsradikal eingestuften Norwegers mitteilen.
Im Sender NRK wurden Videobilder mit dem als Polizisten verkleideten 32-Jährigen gezeigt, wie er vor der Festnahme eine Pistole auf einen am Boden liegenden Jugendlichen richtet. Daneben liegen direkt am Wasser mehrere Verletzte oder Tote. Das Massaker im Jugendlager hat nach Polizeiangaben etwa anderthalb Stunden gedauert. Die im 40 Kilometer entfernten Olso alarmierte Antiterroreinheit habe "Schwierigkeiten bei der Beschaffung eines Bootes" gegeben. Man müsse die näheren Umstände genauer untersuchen.
Noch immer werden Menschen vermisst
Wie am Samstagnachmittag bekannt wurde, starben bei dem Massaker auf der Insel Utøya 85 Jugendliche. Die Polizei sagte, sie rechne mit weiteren Opfern. Noch immer würden vier oder fünf Jugendliche, die an dem Feriencamp teilgenommen hatten vermisst.
Auch im Regierungsviertel der norwegischen Hauptstadt Oslo wird nach weiteren Menschen gesucht. Dort war am Freitagnachmittag eine Bombe explodiert, sieben Menschen starben. Nach Polizeiangaben werden in den zerstörten Räumen wohl noch Überreste weiterer Menschen gefunden werden. Eine Zahl nannte der Polizeisprecher nicht. Wie er weiter mitteilte, werden die Namen der Toten nach den Terroranschlägen in Oslo und auf der Ferieninsel Utøya am Samstag nicht mehr bekanntgegeben. dpa/AZ