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Attentat: Attentäter von Halle gesteht Tat und Motiv

Attentat

Attentäter von Halle gesteht Tat und Motiv

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    "Kein Platz für Antisemiten" steht auf einem Pappschild, das auf dem Marktplatz in Halle inmitten von Blumen und Kerzen liegt.
    "Kein Platz für Antisemiten" steht auf einem Pappschild, das auf dem Marktplatz in Halle inmitten von Blumen und Kerzen liegt. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa

    Der Attentäter von Halle hat ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Dabei bestätigte er ein rechtsextremistisches, antisemitisches Motiv. Das sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe. Der 27-jährige Stephan B. sagte demnach am Donnerstagabend beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in einer mehrstündigen Vernehmung aus.

    "Es wäre unsinnig, da etwas abzustreiten, und das hat er auch nicht getan", sagte der Verteidiger des Attentäters, der Karlsruher Anwalt Hans-Dieter Weber, dem Südwestrundfunk (SWR). Sein Mandant Stephan B. sei intelligent, wortgewandt, aber sozial isoliert. Auslöser für die Tat sei gewesen, dass er andere Menschen für eigene Probleme verantwortlich mache.

    Stephan B. wollte in Halle ein Massaker anrichten

    B. sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl legt ihm zweifachen Mord und siebenfachen Mordversuch zur Last. Nach Einschätzung der Ermittler wollte er bei dem Anschlag am Mittwoch ein Massaker anrichten und Nachahmer zu ähnlichen Taten anstiften. Er sollte am Freitag aus Karlsruhe zurück nach Halle ins Gefängnis gebracht werden.

    B. hatte zunächst versucht, sich mit Waffengewalt Zutritt zu einer Synagoge in Halle zu verschaffen. Als ihm dies nicht gelang, erschoss er eine Passantin und einen Mann in einem Döner-Imbiss. Dazu sagte der Anwalt laut SWR, aus Sicht seines Mandanten sei die Tat "schiefgegangen". Zielrichtung sei eine andere gewesen; die Opfer, die es gegeben habe, seien nicht vorgesehen gewesen. 

    "In seinem Weltbild ist es halt so, dass er andere verantwortlich macht für seine eigene Misere, und das ist letztendlich der Auslöser, für dieses Handeln", sagte Weber. B. sehe Kräfte am Werk, die im Verborgenen wirkten, aber sehr einflussreich seien und auf die Politik einwirken könnten.

    In Halle gedachten am Freitag hunderte Menschen der Opfer des Terroranschlags. Der Abschluss von Veranstaltungen zum  Oberbürgermeister-Wahlkampf wurde abgesagt. Zwischenzeitlich protestierten zahlreiche Menschen bei einer Demonstration gegen rechts gegen einen stadtbekannten Rechtsextremen, der nur wenige Meter entfernt per Lautsprecher Parolen vom Dach seines Autos rief. 

    Vor den Tatorten an der Synagoge und am Döner-Imbiss wurden weiter Blumen niedergelegt und Kerzen entzündet. Für den Abend war eine Lichterkette an der Synagoge geplant, bevor in dem Gotteshaus die Sabbat-Feier stattfinden sollte.

    Welche Konsequenzen hat das Attentat von Halle?

    In der Debatte um Konsequenzen aus der Bluttat forderte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer schärfere Sicherheitsgesetze für Deutschland. Die Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste bräuchten unter anderem längere DNA-Speicherfristen. "Hier wird unser Land und seine Grundordnung von innen angegriffen", sagte Kramp-Karrenbauer dem Berliner Tagesspiegel.

    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die bereits geplante Reform für eine bessere Bekämpfung des Rechtsextremismus beschleunigen. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) kündigte an, dass sie die Mittel für die Arbeit gegen Antisemitismus aufstocken möchte.  

    Heftig diskutiert wird auch über Vorwürfe aus der CSU gegen AfD-Politiker, diese würden sich als "geistige Brandstifter" für rechtsextremistische Gewalttaten betätigen. Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen wies die Anschuldigungen zurück und hielt Seehofer sowie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) vor, die Tat parteipolitisch zu instrumentalisieren.

    Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warf der AfD dagegen vor, Stimmung gegen Juden zu machen. "Die AfD hat sehr viele judenfeindliche Positionen", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Als Beispiel nannte er die Forderung nach einem Verbot des rituellen Schächtens.

    Attentäter von Halle stellte Waffen wohl mit 3D-Drucker her

    Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hatte B. bei seinem Angriff auf die Synagoge vier Schusswaffen und mehrere Sprengsätze bei sich. Ermittler fanden in Wohnräumen des Tatverdächtigen einen 3D-Drucker, was den Verdacht untermauert, er habe seine Waffen selbst hergestellt. Nach Spiegel- und dpa-Informationen stellten die Ermittler auch eine Festplatte sicher. 

    Wie Zeit Onlineberichtete, bereitete B. seine Taten spätestens seit dem Frühsommer vor. Die vorläufige Auswertung der Geldbewegungen seines Sparkassen-Kontos ergab demnach, dass er Teile des Zubehörs für seine Waffen im Internet kaufte und über seinen PayPal-Account bezahlte. Unter anderem soll er im Mai Material für einen 3D-Drucker erworben haben. Im Juli schloss er demnach den Vertrag für das Handy ab, mit dem er seine Taten filmte.

    In einem Zimmer des 27-Jährigen wurden mehrere Zettel mit der Aufschrift "Niete" gefunden. Die Behörden haben die Vermutung, dass B. mit den Durchsuchungen gerechnet hatte und damit die Polizei verhöhnen wollte. (dpa)

    Lesen Sie dazu auch unsere Reportage:  Wie der Anschlag von Halle eine ganze Stadt erschüttert

    Lesen Sie auch: Der Terror von Halle hat seinen Ursprung im Internet

    Hier können Sie unseren Live-Blog zum Anschlag in Halle nachlesen.

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