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Atomprogramm: EU will neue Atom-Verhandlungen mit dem Iran

Atomprogramm

EU will neue Atom-Verhandlungen mit dem Iran

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    Der Iran hat in den vergangenen Wochen sein Atomprogramm energisch vorangetrieben. Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat in Natans eine neue Anlage zur Anreicherung von Uran eröffnet.
    Der Iran hat in den vergangenen Wochen sein Atomprogramm energisch vorangetrieben. Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat in Natans eine neue Anlage zur Anreicherung von Uran eröffnet. Foto: Archiv dpa

    Im Streit um das Atomprogramm des Irans wird wieder verhandelt. Die fünf ständigen Mitglieder des UN- Sicherheitsrates (China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) sowie Deutschland erklärten über die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton ihre Verhandlungsbereitschaft. Ashton schrieb im Auftrag der sechs Staaten an den iranischen Chefunterhändler Said Dschalili, "so rasch wie möglich" sollten Zeitpunkt und Ort der Gespräche festgelegt werden. In Washington bekräftigte US-Präsident Barack Obama am Dienstag seine Position gegen einen Militärschlag.

    Teheran bestreitet Arbeit an Atomwaffen

    Wie aus dem Umfeld der EU-Außenbeauftragten Ashton verlautete, rechnet sie nicht vor Beginn des iranischen Neujahrs in der zweiten Märzhälfte mit einem Termin für den Beginn der Verhandlungen.

    Dschalili hatte Mitte Februar Teherans Verhandlungsbereitschaft bekundet, nachdem Ashton ihn schon im Oktober dazu aufgefordert hatte. Die internationale Gemeinschaft verdächtigt den Iran, an Atomwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet das. Ashton schrieb in dem am Dienstag in Brüssel veröffentlichten Brief, sie sei an "einem fortgesetzten Dialogprozess mit dem Ziel konkreter Ergebnisse" und nicht daran interessiert, "die Erfahrung von Istanbul zu wiederholen". Im Januar 2011 waren die bisher letzten Gespräche zwischen Ashton und Dschalili in

    Westerwellle: Nukleare Bewaffnung des Iran verhindern

    Bei der Europäischen Union herrscht vor den neuen Atomverhandlungen mit dem Iran gedämpfte Zuversicht. "Wir wollen keine Gespräche um der Gespräche willen", sagte ein ranghoher EU-Diplomat in Brüssel. "Wir wollen konkrete Ergebnisse. Das sind sehr wichtige Verhandlungen und wir wollen kein Scheitern."

    Außenminister Guido Westerwelle warnte die Führung in Teheran vor einer Hinhalte-Taktik. "Der Iran hat es selbst in der Hand, dass die Sanktionen aufgehoben werden. Mit Taktieren und Spielen auf Zeit schadet er sich nur selbst", sagte Westerwelle in Berlin. "Wir setzen auf eine politische und diplomatische Lösung." Eine nukleare Bewaffnung des Irans müsse jedoch unbedingt verhindert werden.

    Obama setzt auf Diplomatie

    Ähnlich äußerte sich auch US-Präsident Barack Obama bei einer Pressekonferenz in Washington. "In diesem Stadium glaube ich, wir haben einen Spielraum, in dem das immer noch diplomatisch gelöst werden kann." Dies sei nicht nur seine Meinung, sondern auch die von hochrangigen Geheimdienstmitarbeitern in den USA und in Israel.

    Obama warnte vor den wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Konsequenzen eines Krieges. Er kritisierte "die Leichtigkeit, mit der einige Leute über diesen Krieg reden" und betonte: "Dies ist kein Spiel und es gibt dabei nichts Beiläufiges." Zuvor hatten republikanische Anwärter für die Präsidentschaftskandidatur auf dem Jahrestreffen der pro-israelischen Lobby-Organisation Aipac die Forderungen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gestützt, den Iran mit einem Militärschlag zur Aufgabe seines Atomprogramms zu zwingen.

    US-Verteidigungsminister Leon Panetta hingegen sprach sich dort gegen einen solchen Krieg aus. Obamas Kritiker sollten die Bereitschaft zur Diplomatie nicht mit Schwäche verwechseln, so Panetta. Ein Militärschlag bleibe die letzte Option, wenn Sanktionen nichts bewegen könnten.

    Iran verweigert der IAEA Auskunft über Atomprogramm

    Wie der Konflikt um Irans Atomprogramm 2011 eskalierte

    Viele Länder vermuten, dass der Iran heimlich an Atomwaffen baut. Teheran bestreitet das und pocht auf sein Recht auf Kernenergie. Im Januar 2011 scheitern die Gespräche über Irans Atomprogramm. Zum Jahresende spitzt sich der Konflikt zu:

    8. November: Der Iran hat laut einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vermutlich an der Entwicklung der Atombombe gearbeitet. Teheran weist das zurück. Mehrere Länder fordern, die Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen - darunter auch Deutschland.

    18. November: Der IAEA-Gouverneursrat setzt Teheran eine letzte Frist bis Ende März 2012, alle Fragen im Atomstreit zu beantworten. Der Iran antwortet mit der Ankündigung eines Luftabwehrmanövers.

    21. November: Großbritannien bricht sämtliche Verbindungen zu iranischen Banken ab. Diese spielten eine zentrale Rolle für die Finanzierung des Atomprogramms, heißt es.

    28. November: Die Bundesregierung setzt sich für einen Stopp aller Ölimporte aus dem Iran in die EU ein. Ein solches Embargo könnte nach Angaben von Diplomaten schon Anfang 2012 in Kraft treten.

    29. November: Aus Protest gegen britische Sanktionen und den Tod eines Atomwissenschaftlers stürmen iranische Studenten das Gelände der britischen Botschaft in Teheran.

    30. November: Großbritannien weist sämtliche Diplomaten und Mitarbeiter der iranischen Botschaft in London aus. Im Gegenzug verweist der Iran britische Diplomaten des Landes und warnt den Westen vor einem Militärschlag. Deutschland und die Niederlande rufen ihre Botschafter aus Teheran zurück.

    1. Dezember: Angebliche Pläne des Irans für Anschläge auf US- Streitkräfte in Deutschland sorgen für Wirbel. Sie haben aber offenbar keine Grundlage. Die 27 EU-Außenminister beschließen, ein Verbot von Öleinfuhren aus dem Iran vorzubereiten. Das Finanzsystem des Landes soll vom Westen abgeschnitten werden.

    2. Dezember: Trotz Bedenken des Weißen Hauses stimmt der US-Senat für neue Sanktionen gegen die Teheraner Zentralbank. Unternehmen oder Geldhäusern, die mit der iranischen Notenbank zusammenarbeiten, soll der Zugang zum US-Markt verwehrt werden.

    14. Dezember: Die iranische Regierung dementiert Berichte, sie wolle bei Manövern die Straße von Hormus für Öltransporte sperren. Das war zuvor von iranischen Abgeordneten angekündigt worden.

    24. Dezember: Der Iran beginnt Seemanöver im Persischen Golf. Das Außenministerium erklärt, im Kriegsfalle könne die Straße von Hormus gesperrt werden.

    27. Dezember: Vizepräsident Mohammed Reza Rahimi erweitert die Blockadedrohung auf den Fall neuer Sanktionen: «Wenn sie (der Westen) Sanktionen gegen iranisches Öl verhängen, wird kein Tropfen Öl mehr durch die Straße von Hormus gelassen.» Die USA wiederholen daraufhin ihre Drohung mit neuen Sanktionen im Atomstreit mit Teheran.

    28. Dezember: Die US-Marine betont ihre «robuste Präsenz» im Persischen Golf und erklärt die Freiheit der Meere für unerlässlich.

    30. Dezember: Der Iran kündigt den Test von «Langstreckenraketen» an. Es geht um Mittelstreckenraketen bis 2000 Kilometer Reichweite, die alle US-Militäreinrichtungen am Golf erreichen können. Die USA geben die geplante Lieferung von Abfangraketen an die Vereinigten Arabischen Emirate bekannt. Zuvor hatten die USA schon Saudi-Arabien die Lieferung von 84 Kampfflugzeugen des Typs F-15 zugesagt.

    31. Dezember: Der Iran erklärt sein Interesse an einer Wiederaufnahme der Atomgespräche. Die EU reagiert zurückhalten. US-Präsident Obama unterzeichnet unter Protest den Militärhaushalt, der Sanktionen gegen die iranische Zentralbank vorsieht, die die iranischen Ölgeschäfte lahmlegen sollen.

    Bisher weigert sich der Iran, den Inspekteuren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien Auskunft über die Organisationsstruktur seines Atomprogramms zu geben. Beide Seiten konnten sich nicht auf eine Prioritätenliste einigen. Die IAEA hatte Informationen über die Strukturen des Managements des iranischen Atomprogramms und der Materialbeschaffung gefordert. Diese seien wichtig, da sie zum Kern des vermuteten geheimen Atomprogramms führten. Die IAEA-Experten glauben, dass Teile des Programms dem iranischen Verteidigungsministerium zugeordnet sind.

    Die staatliche iranische Nachrichtenagentur Isna berichtete, der Iran könne unter Vorbehalt bereit sein, den Inspekteuren Zugang zu der Militäranlage Parchin zu gewähren. Der Iran bestreitet, dass es sich dabei um eine Atomanlage handelt. Die IAEA fürchtet, dass die Anlage südöstlich der Hauptstadt Teheran dafür genutzt wurde, atomare Explosionen zu simulieren. Im Januar und im Februar hatte Teheran IAEA-Teams den Zugang verweigert.

    Israel schließt Militärschlag gegen Iran nicht aus

    Ashton schrieb an Dschalili, es müsse darum gehen, einen konstruktiven Dialog "auf der Basis von Gegenseitigkeit" zu ermöglichen. Dazu gehöre ein "schrittweises Herangehen auf der Grundlage von praktischen und konkreten Vorschlägen für vertrauensbildende Maßnahmen". "Unser Ziel bleibt eine umfassende langfristige Verhandlungslösung, die das internationale Vertrauen in den ausschließlich friedlichen Charakter des iranischen Atomprogramms wiederherstellt", schrieb Ashton.

    Der Iran hatte in den vergangenen Wochen sein Atomprogramm energisch vorangetrieben. So hatte Präsident Mahmud Ahmadinedschad in Natans eine neue Anlage zur Anreicherung von Uran eröffnet. Die IAEA und der Iran streiten nach wie vor um den Zugang von Inspekteuren der UN-Behörde zu iranischen Atomanlagen. Die EU hatte am 23. Januar einen Einfuhrstopp für iranisches Erdöl beschlossen und die Konten der iranischen Nationalbank in den EU-Staaten eingefroren. Damit sollte der Druck auf den Iran deutlich erhöht werden. Israel hat deutlich gemacht, dass es auch einen Militärschlag gegen den Iran nicht ausschließt. dpa

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