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Atommüll: Experte hält Endlager im Süden für denkbar

Atommüll

Experte hält Endlager im Süden für denkbar

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    Bergleute gehen im niedersächsischen Remlingen durch einen Schacht des maroden Atommüllendlagers Asse.
    Bergleute gehen im niedersächsischen Remlingen durch einen Schacht des maroden Atommüllendlagers Asse. Foto: Jochen Lübke, dpa (Archiv)

    Seit fast 35 Jahren wird über die Eignung des Salzstocks Gorleben als Endlager für Atommüll gestritten. Doch in den letzten Monaten wurde der Druck auf die Politik, die Suche nach einem Standort wieder neu aufzurollen, übermächtig. Für den heutigen Dienstag sind abschließende Bund-Länder-Gespräche geplant, um ein Gesetz zur bundesweiten Suche nach einem

    Jetzt sollen die Karten bei der Suche nach einem Endlager für Atommüll neu gemischt werden. Eine überfällige Entscheidung?

    Jentzsch: Absolut überfällig, und zwar seit mehr als zehn Jahren. Ich war Mitglied in dem Arbeitskreis AKEnd, der einen Vorschlag zur Endlagersuche erarbeitet und bereits im Jahr 2002 in seinem Endbericht einen Zeitplan für die Endlagersuche vorgelegt hat. Danach hätte die Standortentscheidung 2015 fallen sollen, um das Endlager ab dem Jahr 2030 in Betrieb zu nehmen. Doch der Bericht verschwand in den Schubladen der Politiker. Die zweite Kommission, die ihren Bericht 2011 vorlegte, nannte eine Jahreszahl von nicht vor 2070 für die Bereitstellung eines betriebsfähigen Endlagers. Diese Zahl hat mich schon erschreckt. Das ist kaum akzeptabel.

    Sie gelten als Gegner einer Lagerung im Salzstock von Gorleben. Glauben Sie, dass der Standort noch eine Chance hat?

    Jentzsch: Das ist eine politische Frage. Fachlich gesehen hat Gorleben einen entscheidenden Nachteil. Die Abdichtung nach oben ist zu gering. Der Grundgedanke des Endlagers ist aber, dass keinerlei Verschmutzung an der Oberfläche auftritt – und dies muss auch so sein, denn sonst wäre es kein Endlager.

    "Die Menschen glauben den Politikern kein Wort mehr"

    Hätte man Gorleben also jetzt ausschließen sollen?

    Jentzsch: Aus fachlicher Sicht: ja.

    Ist es nicht ein Fehler, dass das Zwischenlager Gorleben unbefristet für Castortransporte geschlossen werden soll? Schließlich existieren keine anderen Standorte, die eine Genehmigung für die Rücknahme von aufbereitetem Atommüll aus dem Ausland haben.

    Jentzsch: Das könnte in der Tat zum Problem werden. Nämlich dann, wenn wir nicht in der Lage sind, unbrauchbare Regeln zu ändern. Man sollte Zwischenlager mit Blick auf möglichst kurze Transportwege auswählen. Was nun Gorleben betrifft: Es muss doch jetzt das Ziel sein, das Wendland zu befrieden. Die Menschen dort glauben doch den Politikern kein Wort mehr, wenn weitere Castoren dort gelagert werden.

    Jetzt soll eine neue Enquetekommission – die inzwischen dritte – die Suche organisieren. Sie soll aus Wissenschaftlern, Vertretern der Wirtschaft, Kirchen, Gewerkschaften, Umweltverbänden sowie Bund und Ländern bestehen. Ist das der richtige Weg?

    Jentzsch: Auch unsere Kommission hat sich damals aus verschiedenen Kreisen zusammengesetzt. Dennoch haben alle Mitglieder nach vier Jahren den Endbericht mitgetragen. Das war eine sehr gute und kreative Zusammenarbeit.

    "Wir brauchen eine endgültige Lösung"

    Sollte es dennoch keine Einigung über die Endlagersuche geben, ist dann zu befürchten, dass die Zwischenlager schleichend zu Endlagern werden?

    Jentzsch: Es ist menschlich, dass Provisorien nicht selten den Charakter der Ewigkeit bekommen. Nur darf genau das in diesem Falle nicht passieren. Gabriel: Kein Atommüll ins Ausland

    Längst gibt es grundsätzliche Zweifel, ob eine sichere Lagerung über hunderttausende von Jahren in Deutschland überhaupt möglich ist. Sind Sie für die Rückholbarkeit des eingelagerten Atommülls?

    Jentzsch: Nein. Wir brauchen eine endgültige Lösung, und die ist meiner Ansicht nach durchaus auch realistisch. Zudem ist es kaum möglich, die Fässer in Salzstöcken, aber auch in Tonschichten auf lange Sicht rückholbar zu lagern. Granit als Wirtsgestein kommt in Deutschland wohl kaum infrage, da es sehr zerklüftet ist. Da läuft zwangsläufig Wasser durch. Ich halte

    Einige Tonschichten auf der Alb in Baden-Württemberg, aber auch in Bayern, südlich von Neu-Ulm sind im Gespräch. Zu Recht?

    Jentzsch: Ich bin ja kein Geologe, sondern Geophysiker. Doch die Karten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe weisen für diese Region riesige und von der Oberfläche gut erreichbare Tonschichten auf. Das ist eine gute Grundlage. Ob eine detaillierte ober- und unterirdische Untersuchung tatsächlich ergibt, dass es dort optimale Bedingungen für ein Endlager gibt, kann heute natürlich kein Mensch beantworten.

    Interview: Simon Kaminski

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