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Atomgipfel: Jetzt muss es noch schneller gehen

Atomgipfel

Jetzt muss es noch schneller gehen

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    Starkstrommasten und Hochspannungstrassen sind bei der Bevölkerung unbeliebt.
    Starkstrommasten und Hochspannungstrassen sind bei der Bevölkerung unbeliebt. Foto: Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Sie kamen im Schutze der Nacht. Um vier Uhr morgens projizierten Aktivisten der Umweltschutzorganisation „Greenpeace“ vom gegenüberliegenden Ufer der Spree mit einem Scheinwerfer den Spruch „Deutschland ist erneuerbar!“ auf die Außenfassade der Regierungszentrale. Polizisten machten dem Spuk ein schnelles Ende. Verscheuchen allerdings konnten sie die Demonstranten nicht. Als sich am Mittag Bundeskanzlerin Angela Merkel, Umweltminister Norbert Röttgen (CDU), Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mit den Ministerpräsidenten der 16 Länder zum „Atomgipfel“ trafen, protestierten Hunderte Atomkraftgegner vor dem Zaun des Amtes und ließen mit einem symbolischen Abschalthebel die 17 deutschen Atomkraftwerke als Dominosteine umfallen.

    Auch drinnen, in der gedämpften Atmosphäre des großen internationalen Konferenzsaales, ging es durchaus turbulent zu, in jedem Falle reichlich kontrovers. Zwar waren sich die Vertreter des Bundes wie der Länder im Grundsatz einig, als Konsequenz aus der Reaktorkatastrophe von Fukushima aus der Atomkraft aus- und möglichst schnell auf erneuerbare Energien umzusteigen, und doch traten bei den Beratungen erhebliche Unterschiede auf. Bundeskanzlerin Angela Merkel räumte hinterher offen ein: „Natürlich gibt es noch immer Unstimmigkeiten“, schließlich löse das Thema „lebendige Debatten“ aus. Ziel sei ein neues Atomgesetz mit deutlich kürzeren Restlaufzeiten. Dieses soll das Bundeskabinett am 6. Juni verabschieden, bereits am 17. Juni sollen Bundestag und Bundesrat abschließend den Atomausstieg besiegeln.

    Die SPD-geführten Länder boten Merkel eine konstruktive Mitarbeit an, warfen der Regierung allerdings vor, viel zu zögerlich zu sein. Schwarz-Gelb habe, kritisierte der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), einseitig den gesellschaftlichen Konsens aufgekündigt und spreche bis heute nicht mit einer Stimme. Das neue Atomgesetz dürfe nicht hinter den rot-grünen Atomkonsens zurückfallen, der einen endgültigen Ausstieg aus der Atomenergie im Jahre 2022 vorsah. Dies müsste sogar noch schneller gehen.

    Bis Anfang Juni sind noch zahlreiche offene Fragen zu klären, Merkel sprach von einer „anspruchsvollen Aufgabe“.

    Streitthema Nummer eins: Werden die sieben Altmeiler und der Pannenreaktor Krümmel, die als Folge des von der Bundesregierung verhängten dreimonatigen Moratoriums vom Netz genommen wurden, dauerhaft abgeschaltet oder nach dem Moratorium wieder hochgefahren? In der Union mehrten sich zuletzt die Stimmen, die mit Blick auf die Versorgungssicherheit und die Preisstabilität vor einem voreiligen Abschalten der Altmeiler warnten, ihr Strom werde aus Gründen des Klimaschutzes, der

    Streitthema Nummer zwei: Was kostet die geplante Energiewende und wer muss dafür aufkommen? Einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, der schnelle Ausstieg aus der Atomkraft könne Kosten von bis zu drei Milliarden Euro pro Jahr verursachen, wiesen Bundeskanzlerin Angela Merkel wie Wirtschaftsminister Rainer Brüderle als „spekulativ“ und „unseriös“ zurück, die exakten Kosten könnten erst beziffert werden, wenn die konkreten Einzelheiten der

    Streitthema Nummer drei: Wie wird der Ausbau der Stromnetze organisiert? Umstritten ist, wie viele Kilometer an neuen Hochspannungstrassen benötigt werden, um den Strom aus den Windparks im Norden in die Industriegebiete im Süden zu transportieren. Nach einer Studie des Wirtschaftsministeriums sind 250 Kilometer nötig, nach anderen Angaben mehr als 3000 Kilometer. Um diese rasch errichten zu können, sollen die Genehmigungsverfahren gestrafft werden. Die Länder, durch die diese Trassen führen, fordern allerdings nicht nur ein Mitspracherecht, sondern auch eine Konzessionsabgabe von den Netzbetreibern. „Der Norden hat den Profit an den Windkraftanlagen. Im Süden wird der Strom verbraucht, und wir gucken auf die Trasse. Wir müssen über eine Kompensation sprechen“, sagte die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU).

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