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Atomenergie: Große Sicherheitslücken bei Europas Kernkraftwerken

Atomenergie

Große Sicherheitslücken bei Europas Kernkraftwerken

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    Das tschechische Kernkraftwerk in Temelin unweit der bayerischen Grenze kommt im Stresstest besonders schlecht weg.
    Das tschechische Kernkraftwerk in Temelin unweit der bayerischen Grenze kommt im Stresstest besonders schlecht weg. Foto: Armin Weigel/dpa

    Der Stresstest bei europäischen Atommeilern hat derart gravierende Sicherheitsmängel zutage gefördert, dass EU-Energiekommissar Günther Oettinger die Veröffentlichung der Ergebnisse erneut verschoben hat. Zunächst sollen offenbar die Regierungen der 14 EU-Länder mit Kernreaktoren Gelegenheit bekommen, die Ergebnisse zu sichten, ehe die Kommission beim EU-Gipfeltreffen Mitte des Monats auch die Öffentlichkeit informiert. „Unsere Tests waren strikt, seriös und transparent“, erklärte Oettinger gegenüber unserer Zeitung. „Wir wissen nun, was wir tun müssen, um die höchsten Sicherheitsstandards beispielsweise für Erdbeben zu erreichen.“

    An praktisch allen Standorten gibt es etwas zu beanstanden

    Und das ist eine ganze Menge. Mangelnde Absicherung bei Erdbeben und fehlende Notstromversorgung, etwa über Dieselmotoren, werden in dem Papier gerügt. In „praktisch allen Anlagen“ gebe es „hunderte technische Verbesserungsmaßnahmen“, für die Investitionen zwischen zehn und 25 Milliarden Euro fällig würden. Die Kommission hatte nach dem Reaktorunglück im japanischen Fukushima die Stresstests vorgeschlagen und dabei 24 der 68 Anlagen mit 145 Reaktoren untersucht.

    Während ein Sprecher von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte, die „Erdbebensicherheit ist bei den Kernkraftwerken in Deutschland bisher nicht beanstandet worden“, kommt man in Brüssel zu anderen Ergebnissen. So werden die selbst installierten Erdbeben-Warnsysteme als „unzureichend“ bezeichnet. Die von der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vorgeschriebenen Leitlinien für schwere Unfälle seien nicht konsequent umgesetzt worden.

    Die schärste Kritik trifft Fessenheim und Temelin

    Scharfe Kritik haben offenbar vor allem die Regierungen in Frankreich und Tschechien zu erwarten. Deren beide Reaktoren in Fessenheim und Temelin waren noch kurzfristig in den Testlauf aufgenommen worden. Wie es am Montag in Brüssel hieß, hätten die Prüfer bei beiden Anlagen „einige schwerwiegende Kritikpunkte“ zusammengetragen. In Paris ist nun unklar, ob Staatspräsident François Hollande den Uralt-Meiler in

    Vertreter der Umweltorganisation Greenpeace sprachen von der „Spitze eines Eisbergs“. Die Untersuchung zeige, dass die „Nuklearindustrie wenig Interesse an der Sicherheit“ habe. Ein Krisenszenario wie in Fukushima sei zur Vorsicht erst gar nicht untersucht worden.

    Dagegen betonte Energiekommissar Oettinger, dass man sehr wohl in „belastenden Untersuchungen“ alle denkbaren Natur-Ereignisse wie Überschwemmungen und Erdbeben simuliert habe. Außerdem wurde geprüft, ob die Reaktoren für den Fall eines Flugzeug-Absturzes gerüstet seien.

    Dennoch gibt es weiter Kritik an den Untersuchungen, die von der ENSREG, einem EU-weiten Zusammenschluss der nationalen Kontrollbehörden, durchgeführt worden waren. Einige Mitgliedstaaten hatten den Kontrolleuren jeden Zutritt zu Anlagen untersagt.

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