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Atomausstieg: Nachbeben in der Koalition

Atomausstieg

Nachbeben in der Koalition

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    Berlin Manch gestandener CDU-Abgeordneter zog es vor, die Sondersitzung der Unionsfraktion am Montagnachmittag vorzeitig zu verlassen – rechtzeitig vor der anstehenden Abstimmung über die von der schwarz-gelben Bundesregierung wenige Stunden zuvor verabschiedeten Gesetzespakete zum Atomausstieg und zur Energiewende. Das bewahrte ihn vor der Entscheidung, entweder zu seiner politischen Überzeugung zu stehen, sich damit aber gegen die eigene Kanzlerin, die eigene Regierung und die eigene Fraktionsführung zu stellen, oder aber sich im Rekordtempo von den eigenen Positionen zu verabschieden. So waren es am Ende nur acht Abgeordnete, davon sechs aus der CSU-Landesgruppe, die Merkel die Gefolgschaft verweigerten und die 180-Grad-Wende ihrer Partei in der Energiepolitik ablehnten, weitere acht Parlamentarier enthielten sich der Stimme.

    16 gegen Merkel – am Dienstag sind die Granden der Union eifrig bemüht, den Widerstand in den eigenen Reihen kleinzureden. Dass bei der Einbringung eines Gesetzes manche Abgeordneten nicht dafür seien, sei „durchaus üblich“, verteidigt CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt das Abstimmungsverhalten von Ex-Wirtschaftsminister Michael Glos, dem Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses, Ernst Hinsken, oder ihres Stellvertreters Max Straubinger. Es sei „kein Geheimnis“, dass es in der CSU „unterschiedliche Auffassungen“ zum Thema Atomausstieg gebe. Gleichwohl zeigt sich die gebürtige Straubingerin überzeugt, dass am Ende der parlamentarischen Beratungen „die Truppe geschlossen sein wird“.

    Andere sind da skeptischer. Die 16 wackeren Abgeordneten seien nur „die Spitze des Eisberges“, sagt ein Insider aus der Südwest-CDU, „in der Fraktion grummelt es gewaltig“. Vielen Christdemokraten geht die abrupte Wende in der Energiepolitik und die Trennung von jahrzehntelangen Grundüberzeugungen viel zu schnell und viel zu weit, hört man, Parteichefin Angela Merkel werfe wieder einmal übereilt CDU-Positionen über Bord. „Wir können doch nicht plötzlich eine Politik machen, die wir 30 Jahre lang als falsch bekämpft haben“, klagt ein langgedienter Parlamentarier, „die Leute fragen uns: Wofür steht ihr eigentlich noch?“

    Lindner sieht Missachtung der Marktwirtschaft

    Aber nicht nur in der Union grummelt es, auch der Koalitionspartner FDP hadert lautstark mit der Kanzlerin und ihrem Kurs in der Energiepolitik. Merkel, so klagen die Liberalen, habe sich in der entscheidenden Sitzung des Koalitionsausschusses in so gut wie allen Fragen über die Bedenken oder Gegenvorschläge der Freidemokraten hinweggesetzt und ihre Position durchgedrückt. „Es gibt eine ganze Reihe von nicht marktwirtschaftlichen Instrumenten, die wir hier aus Gründen der Koalitionsräson akzeptieren mussten“, bringt Generalsekretär Christian Lindner das Unbehagen in seiner Partei auf den Punkt. So fordert RWE-Chef Jürgen Großmann in einem „Brandbrief“ an Bundeskanzlerin Angela Merkel Änderungen am Gesetzentwurf, vor allem eine längere Laufzeit für den Reaktor Gundremmingen B. Wenn die Stromkonzerne nun Entschädigungszahlungen von der Bundesregierung forderten, habe dies die Union alleine zu verantworten, da sie keine Vorsorge getroffen habe, bemängelt Lindner. In der

    Für die Kritik des Koalitionspartners wiederum bringt CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt kein Verständnis auf. Die Äußerungen Lindners hätten sie „schon auch etwas verwundert“. Man habe die Entscheidung als Koalition gemeinsam getroffen, „mein Verständnis von einer Koalition ist, dass man dann auch gemeinsam dazu steht“. Die FDP solle nicht nur ständig lamentieren, sondern sich auch über die gemeinsamen politischen Erfolge der Koalition freuen.

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