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Atomabkommen: Was bedeuten die Sanktionen gegen den Iran für Europa?

Atomabkommen

Was bedeuten die Sanktionen gegen den Iran für Europa?

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    Sichtlich zufrieden mit sich: Donald Trump hat Wort gehalten und den Atomvertrag mit dem Iran gekündigt. Wie es weitergehen soll, war aus dem Weißen Haus nur wenig zu erfahren.
    Sichtlich zufrieden mit sich: Donald Trump hat Wort gehalten und den Atomvertrag mit dem Iran gekündigt. Wie es weitergehen soll, war aus dem Weißen Haus nur wenig zu erfahren. Foto: Saul Loeb, afp

    Die beiden hohen Beamten des State Departments gerieten mächtig ins Schwimmen. Unmittelbar nach der Ankündigung des Rückzugs vom Iran-Abkommen durch Präsident Donald Trump sollten sie den Journalisten in einer Telefonkonferenz die Details erklären. Dummerweise befand sich ihr Chef, Außenminister Mike Pompeo, gerade im Flugzeug nach Nordkorea. Auch der Iran-Experte des Ministeriums saß nach Angaben der New York Times in der Maschine. Und im Weißen Haus hatte man sich offensichtlich über das weitere Vorgehen keine Gedanken gemacht.

    Bizarres Frage-und-Antwort-Spiel im weißen Haus

    So entspann sich ein bizarres Frage-und-Antwort-Spiel: Da die USA vergleichsweise wenig Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran unterhalten, würden sich die Sanktionen wohl vorwiegend gegen die Europäer richten, mutmaßten die Reporter. Wie genau die Regelungen denn aussähen? „Wir haben die Diskussionen begonnen.“ Ob es Ausnahmen gebe? „Darüber werde ich nichts sagen.“ Ob europäische Firmen Anträge stellen können? „Sie können beantragen, was sie wollen.“ Mit welcher Aussicht auf Erfolg? „Ich weiß es nicht. Ich kann darüber nicht spekulieren“, gestand ein Beamter verzweifelt. Von einer „Horror-Show“ schrieb anschließend die Washington Post: „Die Regierung hat keine Idee, wie sie ihr Nirwana erreichen will.“

    Diesen Eindruck kann man tatsächlich gewinnen. Trump hat bombastisch die „höchste Stufe“ von Sanktionen gegen den Iran angekündigt und ausdrücklich erklärt, diese würden auch westliche Unternehmen treffen, die weiterhin mit dem Mullah-Regime Geschäfte machen. Neue Vertragsabschlüsse sind gänzlich untersagt. Um bestehende Geschäfte abzuwickeln, räumen die USA eine Frist von 90 oder 180 Tagen ein.

    Wer mit dem Iran Geschäfte macht, kann vom US-Markt ausgeschlossen werden

    Doch alles Weitere liegt im Nebel. Rein technisch setzen die USA die Sanktionen wieder in Kraft, die vor dem Atom-Abkommen von 2015 galten. Doch Trump hat ausdrücklich die Möglichkeit erwähnt, dass auch neue Strafmaßnahmen dazukommen könnten. Eine Vielzahl von iranischen Banken, Einzelpersonen, Fluggesellschaften und anderen Firmen steht nun auf der schwarzen Liste. Wer mit ihnen Geschäfte macht, kann bestraft oder vom Zugang zum US-Markt ausgeschlossen werden. Vom 6. August an gilt das Geschäftsverbot für die Luftfahrt- und Autobranche sowie für Transaktionen in Dollar, Gold und anderen Metallen. Vom 4. November an müssen Öl-Käufe sowie Geschäftsbeziehungen mit iranischen Häfen und zur Zentralbank gekappt werden.

    Betroffen von den Strafmaßnahmen sind vor allem Flugzeugbauer, Ölfirmen und Autohersteller. US-Finanzminister Steven Mnuchin hat die bereits existierenden Exportgenehmigungen für Boeing und Airbus sofort zurückgezogen. Beide Flugzeugbauer besitzen Verträge über die Lieferung von jeweils etwa 100 Maschinen im Wert von je 20 Milliarden Dollar mit dem Iran. Das Öl-Exportverbot würde vor allem den französischen Konzern Total treffen, der im Juli einen 20-Jahre-Vertrag über fünf Milliarden Dollar abgeschlossen hat. Zudem haben die französischen Autobauer Peugeot Citroën und Renault den Bau von Fahrzeugen im Iran vereinbart. Der deutsche Siemens-Konzern ist mit Verträgen über mehrere Milliarden Dollar unter anderem im Eisenbahn- und Kraftwerksbau aktiv.

    Ein neuer Iran-Deal innerhalb der Übergangsfrist wird wohl nicht zustande kommen

    Zwar hat der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, deutsche Firmen nassforsch per Twitter aufgefordert, ihre Aktivitäten im Iran sofort einzustellen. Doch wie so oft scheint Trump im Hintergrund noch zu versuchen, durch irgendeinen Kuhhandel seine Position zu stärken. Während sich die Hoffnung, während der Übergangsfrist von 90 oder 180 Tagen einen neuen Iran-Deal abzuschließen, wohl als Wunschdenken entpuppen dürfte, wies Mnuchin auf eine andere Hintertür hin: Die USA könnten Ländern, die ihre Geschäfte mit dem Iran „signifikant“ zurückführen, Ausnahmen gewähren, sagte er. Was damit gemeint ist, sagte er nicht.

    In Washington würde sich niemand wundern, wenn der „Deal-Maker“ Trump am Ende die Iran-Sanktionen mit den Stahl-Strafzöllen zu einem großen Hebel verbinden würde, um die Europäer unter Druck zu setzen.

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