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Asylpolitik: Merkel und Seehofer - die neue Harmonie in der Flüchtlingskrise

Asylpolitik

Merkel und Seehofer - die neue Harmonie in der Flüchtlingskrise

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    Horst Seehofer, Sigmar Gabriel und Angela Merkel beraten am Donnerstag über Transitzonen für Flüchtlinge.
    Horst Seehofer, Sigmar Gabriel und Angela Merkel beraten am Donnerstag über Transitzonen für Flüchtlinge. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Es ist, ein wenig, wie beim Mikado. Wer sich zuerst bewegt, hat auch in der Politik schon verloren – und entsprechend krawallig geht es seit Tagen zu im Streit um die Asylpolitik. Nach wie vor lehnt die SPD die geplanten Transitzonen an der Grenze ab, mit denen die Union jetzt Ordnung im Flüchtlingschaos schaffen will – während sich die Konservativen umgekehrt nicht mit dem Vorschlag der Sozialdemokraten anfreunden wollen, dezentrale Registrierungsstellen in den einzelnen Bundesländern einzurichten. Tatsächlich jedoch sind die beiden Konfliktparteien längst nicht so weit auseinander, wie es die Talkshow-Auftritte ihrer Spitzenpolitiker gelegentlich vermuten lassen.

    Zu 90 Prozent herrscht Konsens zwischen Merkel, Seehofer und Gabriel

    Zu 90 Prozent, schätzt Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Rainer Haseloff (CDU), herrsche vor dem Spitzentreffen von Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel am heutigen Donnerstag Konsens zwischen den Koalitionären. Lediglich über eine Reihe technischer Details müssten sich die drei Parteivorsitzenden noch verständigen. Im Kern wollen Union und SPD nämlich das Gleiche: In Zukunft soll jeder Flüchtling, der nach Deutschland kommt, möglichst sofort registriert werden. Der trägen Asylbürokratie, deren Verfahren sich oft über Monate hinziehen, will die Koalition Beine machen und Menschen ohne jede Chance auf eine Anerkennung zügig in ihre Heimatländer zurückschicken. In einem Punkt geht die SPD sogar noch weiter als ihr Koalitionspartner: Sie würde Flüchtlingen, die sich nicht registrieren lassen, auch die Sozialleistungen kürzen. In der Union denkt mancher Abgeordnete zwar ähnlich – so deutlich gesagt oder gar aufgeschrieben aber hat es dort noch niemand.

    Im Flurfunk von Union und SPD ist es deshalb ein offenes Geheimnis, dass die großen Drei sich heute einigen – auch wenn noch niemand so genau weiß, welches Modell dabei am Ende herauskommt. „Es wird auf allen Ebenen beraten“, erzählt die Geschäftsführerein der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht. Nur die Kanzlerin selbst scheint sich ihrer Sache noch nicht ganz sicher zu sein. „Sollten wir keine Einigkeit erzielen“, sagt Angela Merkel, „müssten wir eben weiter verhandeln. Das wäre nicht das allererste Mal.“ Um 14 Uhr trifft sie sich heute mit Gabriel und Seehofer, bis zu ihrem nächsten Termin um 17.30 Uhr mit den Ministerpräsidenten der Länder soll der Kompromiss im Idealfall stehen. In SPD-Kreisen heißt es allerdings, es könne durchaus noch ein langer Abend werden...

    SPD-Geschäftsführerin Christine Lambrecht spricht von Registrierzentren

    Dass die Zeit drängt, ist allen Beteiligten klar. Im Moment kämen 40 Prozent der Flüchtlinge unregistriert ins Land, rechnet die Sozialdemokratin Lambrecht vor. Anders als die meisten ihrer Kollegen spricht sie schon nicht mehr von Transitzonen und Einreisezentren, sondern von „Registrierzentren“. Ist das bereits eine Formel, auf die die Unterhändler sich geeinigt haben? Es gehe darum, Deutschland wieder einen Teil seiner Entscheidungsgewalt zurückzugeben, sagt der CSU-Innenexperte Stephan Mayer. Die Details sind Verhandlungssache.

    Um die Aufnahme und das Verteilen der Flüchtlinge zu beschleunigen, will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auch den Hilfseinsatz der Bundeswehr ausweiten. Ihre Soldaten richten sich nach Auskunft des Ministeriums darauf ein, nicht nur sporadisch, sondern dauerhaft mit anzupacken. Bereits jetzt hat die Bundeswehr dafür 6000 Soldaten abgestellt – etwa doppelt so viele wie in allen Auslandseinsätzen zusammen. In Zukunft werden es sogar bis zu 18000 sein, verspricht die Ministerin, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. „Im großen Stil“ soll die Truppe dabei auch Flüchtlingsheime betreiben, obwohl ihr das Grundgesetz für den Einsatz im Landesinneren strenge Grenzen setzt.

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