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Asylpolitik: CSU reagiert unterkühlt auf Angela Merkels Flüchtlings-Interview

Asylpolitik

CSU reagiert unterkühlt auf Angela Merkels Flüchtlings-Interview

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    Ein Jahr nach ihrem "Wir schaffen das" zieht Angela Merkel Bilanz.
    Ein Jahr nach ihrem "Wir schaffen das" zieht Angela Merkel Bilanz. Foto: Michael Kappeler/Archiv (dpa)

    Es ist ein kurzer Satz, aber er hat das Land verändert. Drei Worte, die Mut machen sollten, bei vielen Menschen aber das Gegenteil ausgelöst haben: Angst davor, dass Deutschland sich übernimmt. Ein Jahr nach ihrem „Wir schaffen das“ hat Angela Merkel eine erste Bilanz ihrer Flüchtlingspolitik gezogen. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung gibt die Kanzlerin dabei auch eigene Fehler zu. Deutschland habe die Flüchtlingskrise zu lange ignoriert und zu spät erkannt, dass das Problem nur gesamteuropäisch zu lösen ist. Sie äußert Verständnis für die Sorgen in der Bevölkerung und versichert: „Deutschland wird Deutschland bleiben mit allem, was uns daran lieb und teuer ist.“

    Bis heute glaubt weniger als die Hälfte der Deutschen an Merkels „Wir schaffen das“. In einer aktuellen Emnid-Umfrage äußerten sich gerade einmal 43 Prozent der Befragten optimistisch. Immerhin wächst die Zuversicht langsam: Vor knapp einem Jahr hatten sich sogar nur 37 Prozent der Kanzlerin angeschlossen. Damals hatte Merkel gerade mehr oder weniger im Alleingang die Grenzen geöffnet. Innerhalb eines Jahres kamen mehr als eine Million Flüchtlinge ins Land.

    Kühle Reaktion der CSU auf Merkel-Interview

    Die CSU hat diese Politik der offenen Grenzen stets als großen Fehler bezeichnet. Dementsprechend unterkühlt fällt die Reaktion aus München auf das Merkel-Interview aus. „Der ständige Blick zurück und die Rechtfertigungen für Entscheidungen aus der Vergangenheit bringen uns nicht weiter, solange die Spätfolgen immer noch auf dem Tisch liegen“, sagt CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer im Gespräch mit unserer Zeitung und erneuert die Forderung nach einer Obergrenze: „Wir müssen den Zustrom begrenzen. Inzwischen ist ja selbst Sigmar Gabriel für eine Obergrenze, obwohl er sie letztes Jahr noch als Quatsch bezeichnet hat. Aber es reicht eben nicht, nur Interviews zu geben, man muss auch mal Taten folgen lassen.“

    Die größten Ängste der Deutschen

    8. Krieg mit deutscher Beteiligung (54 Prozent, plus 13 Prozent) und Steigende Lebenshaltungskosten (54 Prozent, plus 6 Prozent)

    7. schwere Erkrankung (55 Prozent, plus 8 Prozent)

    6. Pflegefall im Alter (57 Prozent, plus 8 Prozent)

    5. Überforderung der Politiker (65 Prozent, plus 17 Prozent) und Kosten für Steuerzahler durch Schuldenkrise von EU-Staaten (65 Prozent, plus 1 Prozent)

    4. Überforderung von Deutschen und Behörden durch Flüchtlinge (66 Prozent, plus 16 Prozent)

    3. Spannungen durch den Zuzug von Ausländern (67 Prozent, plus 18 Prozent)

    2. Politischer Extremismus (68 Prozent, plus 19 Prozent)

    1. Terrorismus (davor haben 73 Prozent der Befragten Angst. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von 21 Prozent)

    Dass die Große Koalition so wenig Rückhalt für ihre Flüchtlingspolitik hat, alarmiert Scheuer: „Es ist doch skurril: Deutschland geht es gut, Bayern geht es noch besser, und trotzdem sind die Sorgen bei vielen Menschen groß.“ Die CSU werde deshalb „weitere Entscheidungen der Vernunft erzwingen“. Dazu gehört für den Generalsekretär auch, dass nicht alle Asylbewerber bleiben können. „Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass Deutschland Deutschland und Bayern Bayern bleibt. Das wird aber nur gelingen, wenn wir die meisten Flüchtlinge schnell in ihre Heimat zurückführen, sobald dort wieder Frieden herrscht“, sagt Scheuer. Diejenigen ohne Bleibeperspektive müssten das Land sofort wieder verlassen.

    Merkel: Angst vieler Bürger "völlig verständlich"

    Merkel hält es für „völlig verständlich“, dass mit der Zahl der Asylbewerber auch die Angst vieler Bürger gewachsen ist. Erst recht seit den Anschlägen durch Flüchtlinge in Bayern. „Über Gefährdungen müssen wir offen sprechen und konsequent dagegen vorgehen“ sagt die CDU-Chefin. Sie stellt aber auch klar, dass „die ganz große Mehrheit der Flüchtlinge sich vor Gewalt, Mord, Bomben und Terror zu uns in Sicherheit gebracht hat und sich nichts als Ruhe und eine neue Chance zu leben wünscht.“ Merkel betont zudem, die Regierung habe bewusst bei allem, was für die Flüchtlinge getan wurde, Wert darauf gelegt, „dass nichts auf Kosten der Menschen geht, die schon immer oder sehr lange hier leben.“

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