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Asylpaket II: Was taugt dieser Kompromiss?

Asylpaket II

Was taugt dieser Kompromiss?

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    Die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) einigten sich auf das Asylpaket II.
    Die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) einigten sich auf das Asylpaket II. Foto: Wolfgang Kumm/Archiv (dpa)

    Seine Körpersprache verrät alles. Horst Seehofer sitzt am Freitagvormittag in der Vertretung des Freistaats Bayern in Berlin – und kann seine Zufriedenheit kaum verbergen. „Gestern war ein guter Tag für die Koalition“, sagt der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef mit Blick auf den Vortag. Von Mittag bis Mitternacht habe man erst bei einem Koalitionsgipfel der drei Parteivorsitzenden, dann bei einer Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin in zwölf Stunden „eine Serie von Entscheidungen getroffen, die überfällig waren und uns ein ganzes Stück weiterbringen“. Die Koalition sei handlungsfähig, mehr noch, die Verhandlungen hätten in einer „sehr entspannten und wohltuenden Atmosphäre“ stattgefunden.

    Zufrieden ist Horst Seehofer aber vor allem deshalb, weil er sich in dem mehrstündigen Krisengipfel im Kanzleramt mit seinen Positionen durchgesetzt hat. Was Angela Merkel, Sigmar Gabriel und er beschlossen hätten, „entspricht exakt den am 5. November getroffenen Vereinbarungen“. Mehr noch: „Ich habe Wert darauf gelegt, dass die gleichen Worte verwendet werden.“ Damit, so der Bayer, sei der Streit zwischen Union und SPD um das heikle Thema Familiennachzug beendet, das umstrittene Asylpaket II, auf das sich die drei Parteivorsitzenden schon bei einem Treffen am 5. November geeinigt hätten, könne nunmehr „zügig“ beschlossen und umgesetzt werden. Das Ganze, weist er die Kritiker schon einmal zurecht, sei „kein Kompromiss vom Kompromiss, sondern eine Bestätigung der Beschlüsse vom 5. November“.

    Gerade einmal 79 Wörter in zehn Zeilen umfasst der Beschluss der drei Parteivorsitzenden. Zentrale Aussage: Für Flüchtlinge, die nicht als Asylbewerber anerkannt werden und nicht unter dem besonderen Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention stehen, sondern nur den nachrangigen subsidiären Schutz genießen, wird das Recht auf Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt.

    Dies gilt auch für Flüchtlinge aus Syrien, die nicht unmittelbar aus dem Bürgerkriegsgebiet kommen oder aus einem sicheren Flüchtlingslager in der Türkei, in Jordanien oder dem Libanon nach Deutschland eingereist sind. Bis Ende des Jahres hatten alle Syrer automatisch den Status eines Bürgerkriegsflüchtlings erhalten, damit sind sie in Deutschland den Asylbewerbern rechtlich gleichgestellt. Seit Anfang des Jahres wird wieder eine Einzelfallprüfung durchgeführt. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit könnten etwa 18 bis 20 Prozent der Syrer nur als eingeschränkt schutzwürdig eingestuft werden. Sie werden nur für ein Jahr geduldet, allerdings kann die Duldung mehrfach verlängert werden.

    Im Gegenzug einigten sich die Parteichefs darauf, dass innerhalb der noch auszuhandelnden europäischen Kontingente für Flüchtlinge aus der Türkei, dem Libanon und Jordanien der Familiennachzug zu bereits in Deutschland lebenden Flüchtlingen „vorrangig“ berücksichtigt werden solle. CSU-Chef Seehofer legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass der Familiennachzug innerhalb des Kontingents stattfindet und nicht zusätzlich hinzukommt. Allerdings konnten sich die Mitgliedstaaten der EU bislang noch nicht auf derartige Kontingente einigen.

    Zudem sprachen sich Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel dafür aus, dass die drei nordafrikanischen Länder Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden sollen, dazu ist allerdings auch die Zustimmung des Bundesrats notwendig. Flüchtlinge aus diesen Ländern sollen in speziell eingerichteten Aufnahmezentren untergebracht werden, wo ihre Anträge in einem beschleunigten Verfahren bearbeitet werden. In Bayern gibt es in Manching und in Bamberg derartige Einrichtungen, nach den Worten Seehofers wird dort derzeit in 35 Tagen über einen Antrag entschieden, „das kann man noch auf einen Monat reduzieren“. In diesen Zentren herrscht Residenzpflicht, die Flüchtlinge dürfen den Bezirk der Ausländerbehörde nicht verlassen, bei Verstoß werden Leistungen gestrichen und das Asylverfahren ruht. Die Rückführung von Flüchtlingen, deren Antrag rechtskräftig abgelehnt worden ist, erfolgt unmittelbar danach aus dem Zentrum.

    Flüchtlinge, die an einem Integrationskurs teilnehmen, müssen dafür pro Monat zehn Euro zahlen. Ausländische Auszubildende sollen hingegen die Möglichkeit erhalten, nach Beendigung ihrer Lehre zwei Jahre arbeiten zu dürfen. Darauf hatten vor allem Vertreter der Wirtschaft und des Handwerks gedrängt. Nach den Vorstellungen von Seehofer soll dieses Recht allerdings verfallen, wenn der Auszubildende von sich aus die Ausbildung beende oder straffällig werde.

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