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Asyl: Die Union lässt Gabriel beim Flüchtlingsgipfel warten

Asyl

Die Union lässt Gabriel beim Flüchtlingsgipfel warten

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    Horst Seehofer, Angela Merkel und Sigmar Gabriel verkünden den Kompromiss, den sie beim Flüchtlingsgipfel getroffen haben.
    Horst Seehofer, Angela Merkel und Sigmar Gabriel verkünden den Kompromiss, den sie beim Flüchtlingsgipfel getroffen haben. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Das Reizwort „Transitzone“ ist schon vom Tisch, als Sigmar Gabriel am Donnerstag um kurz nach 15 Uhr im Kanzleramt vorfährt – und der Vorwurf, dabei handle es sich um eine Art Flüchtlingsknast, auch. Bereits vor dem entscheidenden Treffen der drei Parteivorsitzenden haben die Unterhändler von CDU, CSU und SPD kräftig abgerüstet und die Grundzüge eines Modells entworfen, das das eine tun soll, ohne das andere zu lassen: den Strom der Flüchtlinge nicht mehr unkontrolliert ins Land schwappen zu lassen, ohne dabei Aufnahmelager und Notunterkünfte gleich in Massengefängnisse zu verwandeln.

    Vier Stunden später stehen Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel im Kanzleramt und verteidigen einen Kompromiss, wie ihn Koalitionspartner häufig treffen. Einen, in dem sich jeder irgendwie wiederfinden muss, von dem aber noch niemand so genau weiß, ob er tatsächlich hält, was seine Erfinder sich von ihm versprechen.

    Aus Transitzonen und Einreisezentren werden besondere Aufnahmeeinrichtungen

    „Wir sind einen wichtigen Schritt nach vorne gekommen“, sagt die Kanzlerin. Aus den Transitzonen der Union und den Einreisezentren der SPD sind buchstäblich über Nacht „besondere Aufnahmeeinrichtungen“ geworden, von denen es maximal fünf in Deutschland geben soll und in denen über die Asylanträge von Flüchtlingen ohne Perspektive in

    Asylpolitik nach den Prinzipien "Helfen, Ordnen und Steuern"

    Es ist das zweite Treffen der drei Parteichefs innerhalb von nur vier Tagen, und offenbar ringt vor allem die Union vorher noch mit sich. Eigentlich hätten die Kanzlerin und der CSU-Vorsitzende sich schon um 14 Uhr mit Gabriel treffen wollen. Kurz vorher allerdings lassen sie ausrichten, er solle doch bitte eine Stunde später kommen. Das Modell, auf das sie sich am Ende einigen, erinnert dann zwar etwas mehr an Seehofers Transitzonen, Gabriel aber will deshalb nicht nachkarten. Im Ziel, sagt der SPD-Chef, seien sich alle drei Parteien einig gewesen, nämlich in einer Asylpolitik, die auf drei Prinzipien fuße: „Helfen, Ordnen und Steuern“. Nicht die Zahl von einer Million Menschen, die in diesem Jahr nach Deutschland fliehen, mache ihm dabei Sorgen, fügt er dann noch hinzu. „Es ist die Geschwindigkeit, in der sie zu uns kommen.“ Umso wichtiger sei es, die Flüchtlinge rasch zu registrieren, schnell herauszufinden, wer bleiben darf und wer nicht, und abgelehnte Bewerber zügig in ihre Heimatländer zurückzuschicken.

    Residenzpflicht für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive

    Um die Lage etwas besser unter Kontrolle zu bekommen, führt die Koalition auch die sogenannte Residenzpflicht wieder ein: Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, wie es im Amtsdeutsch heißt, dürfen den Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in der sie registriert wurden, während ihres Asylverfahrens nicht verlassen. Andernfalls streicht das Amt ihnen die Leistungen und lässt ihre Asylanträge ruhen. Verstößt ein Bewerber zweimal gegen diese Auflage, kann er umgehend abgeschoben werden. Diese „verschärfte Residenzpflicht“ ist das Zugeständnis, das Horst Seehofer der SPD machen muss. In seinem ursprünglichen Modell wären die Flüchtlinge in der sogenannten Transitzone faktisch kaserniert worden.

    Angela Merkel ist da in Gedanken schon bei ihrem nächsten Termin, der Konferenz mit den Ministerpräsidenten, die schon seit fast zwei Stunden auf sie warten – mit neuen Forderungen. Für 800000 Flüchtlinge habe der Bund zwei Milliarden Euro zugesagt, betont der Brandenburger Dietmar Woidke (SPD) schon vor dem Gespräch. Da nun jedoch deutlich über eine Million Menschen kämen, reiche diese Summe nicht mehr aus. „Da bedarf es eines schnellen Nachschlags.“

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