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Astrazeneca-Impfung: Rechte schon nach 1. Impfung?

Debatte

Sollten Astrazeneca-Geimpfte ihre Rechte schon nach einer Dosis erhalten?

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    Sollen Menschen, die mit AstraZeneca geimpft wurden, ihre Grundrechte schon nach der ersten Impfung zurückerhalten? Das forderte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands.
    Sollen Menschen, die mit AstraZeneca geimpft wurden, ihre Grundrechte schon nach der ersten Impfung zurückerhalten? Das forderte der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands. Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolbild)

    Die Menschen in Deutschland erhalten ihre Grundrechte unterschiedlich schnell zurück. Neben der Priorisierung hängt das auch vom Impfstoff ab, der ihnen verabreicht wird. Denn die Beschränkungen werden erst 14 Tage nach der zweiten Impfung aufgehoben. Je nach Vakzin kann die Dauer bis zur Zweitimpfung jedoch unterschiedlich lang sein.

    Bei dem Impfstoff von Johnson & Johnson fällt diese Zeit komplett weg, da der Impfstoff nur einmal verabreicht werden muss. Für Moderna und Biontech gelten sechs Wochen. Und bei AstraZeneca kann es - je nach ärztlicher Empfehlung - bis zu zwölf Wochen dauern. Das trägt nicht gerade zur Popularität des britisch-schwedischen Vakzins bei.

    Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands fordert Lockerungen schon nach erster Impfung mit AstraZeneca

    Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, fordert deshalb: Menschen, die mit AstraZeneca geimpft wurden, sollen ihre Rechte schon nach der ersten Impfung zurückerhalten. "Ansonsten gibt es das Dilemma: Entweder wird AstraZeneca erst gar nicht gewählt. Oder jemand will die zweite Impfung schon nach vier Wochen haben. Das ist aber nicht nur sinnlos, sondern kann sogar negative Effekte haben", sagte Weigeldt in einem Interview mit der Wirtschaftswoche.

    Außerdem sei der Schutz nach der ersten Impfung mit AstraZeneca verhältnismäßig hoch. Die zweite Dosis garantiere vor allem eine längere Wirksamkeit, so Weigeldt. Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich inzwischen für Lockerungen bei einer Erstimpfung mit AstraZeneca ausgesprochen. Angestoßen wurde die Debatte durch eine Studie aus Schottland. Den Forschern zufolge ist das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung nach der ersten Dosis AstraZeneca um 94 Prozent gesunken, bei einer Impfung mit Biontech waren es 85 Prozent.

    Die zuständigen Ministerien lehnen Lockerungen nach der Erstimpfung aber ab. "Bislang ist an einen solchen Schritt nicht gedacht", heißt es vom Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage unserer Redaktion. Und der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) betont, es müsse einheitliche Regeln für alle Impfstoffe geben. "Wenn bei jedem Impfstoff etwas anderes gilt, kann das bald kein Bürger mehr nachvollziehen."

    Außerdem sei die Nachfrage nach allen Impfstoffen hoch, betont der Minister und verweist auf eine Sonderimpfaktion mit AstraZeneca im bayerischen Ebersberg. "Wie ich hörte, haben dort Hunderte Menschen Schlange gestanden, um eine Impfung zu bekommen. Das alleine zeigt doch, dass viele Menschen den Impfstoff gerne nehmen würden."

    Ähnlich äußerte sich SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach im Gespräch mit unserer Redaktion: "Es gibt überhaupt kein Problem, diesen Impfstoff ausreichend einzusetzen – zum Beispiel in Impfaktionen oder in Brennpunkten. Damit ist diese Strategie unnötig." Rückendeckung erhält Lauterbach von der FDP: "Freiheiten für Geimpfte kann es nur geben, wenn wissenschaftlich belegt ist, dass von ihnen keine nennenswerte Ansteckungsgefahr mehr ausgeht. Ein optimaler Schutz ist auch bei AstraZeneca erst nach der zweiten Impfung vorhanden", sagt Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion.

    In Österreich gelten Lockerungen schon nach der ersten Impfung - egal welches Vakzin verabreicht wurde

    Zur Debatte steht aber noch ein weiteres Modell. Das Vorbild: Österreich. Dort werden Beschränkungen generell nach der ersten Impfung aufgehoben. Ganz unabhängig davon, welcher Impfstoff verabreicht wurde. Das verspricht mehr Einheitlichkeit. Die Lockerungen gelten dabei auf Bewährung. Denn wer innerhalb einer Frist von drei Monaten nicht zur Zweitimpfung erscheint, muss erneut mit Beschränkungen rechnen. Damit soll verhindert werden, dass die Bürgerinnen und Bürger auf die Zweitimpfung verzichten.

    Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD) lehnt ein Modell nach dem Vorbild Österreichs ab.
    Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD) lehnt ein Modell nach dem Vorbild Österreichs ab. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Auch diese Strategie lehnt Karl Lauterbach ab. "Ein solches Modell ist quasi eine Einladung für Mutationen", sagt Lauterbach. Der Grund: Die Schutzwirkung der Impfstoffe gegenüber Mutationen sei nicht die gleiche wie bei der Ursprungsvariante. "Wir müssen versuchen zu verhindern, dass sich zum Beispiel die indische Variante des Coronavirus hierzulande schnell ausbreitet." Bei nur einer Impfdosis läge die Schutzwirkung von AstraZeneca gegenüber der Mutationen deutlich unter 50 Prozent, so Lauterbach. "Aus meiner Sicht wäre das eine Strategie, die uns in eine Gefährdungslage bringt."

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