Der Bundestag hat das Rückkehrrecht für Arbeitnehmer von einer Teilzeit- auf eine Vollzeitstelle beschlossen. Doch nicht alle Beschäftigten können von dem Gesetz profitieren. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was besagt das Gesetz?
Arbeitnehmer sollen ab Anfang 2019 Anspruch auf eine befristete Teilzeitphase haben, die zwischen einem Jahr und fünf Jahren dauern kann. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter bereits seit mindestens sechs Monaten im Unternehmen beschäftigt ist. Trifft dies zu, kann er ohne Angabe von Gründen eine Verringerung der Arbeitszeit beantragen. Dies muss mindestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitphase erfolgen. Nach dem Ablauf der Teilzeitphase hat der Arbeitnehmer dann das Recht, wieder auf eine Vollzeitstelle zurückzukehren.
Gilt die Neuregelung für alle Beschäftigten?
Nein. Einen Anspruch auf eine Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit haben nur Mitarbeiter von Firmen mit mehr als 45 Beschäftigten. Etwa 40 Prozent der 37 Millionen Beschäftigten in Deutschland arbeiten in Betrieben mit weniger als 45 Beschäftigten. Das heißt: Rund 15 Millionen Beschäftigte können die neue Brückenteilzeitregelung gar nicht in Anspruch nehmen. Sie sind weiter auf den guten Willen ihres Arbeitgebers angewiesen. Und auch Mitarbeiter von Betrieben, die zwischen 46 und 200 Beschäftigte haben, können nicht in jedem Fall mit ihren Rückkehrwünschen zum Zug kommen. Denn für Betriebe dieser Größe gilt eine „Zumutbarkeitsgrenze“: Nur für einen von 15 Beschäftigten gilt der gesetzliche Rückkehranspruch. So gilt die Rückkehrgarantie in vollem Umfang nur für die rund zwölf Millionen Beschäftigten von Firmen mit mehr als 200 Mitarbeitern.
Kann der Arbeitgeber die Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit dennoch verweigern?
Firmen können Anträge auf Brückenteilzeit ablehnen, wenn sie nachweisen können, dass einer Gewährung betriebliche Gründe entgegenstehen. Wenn etwa die Organisation, der Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt wären, darf der Chef Nein sagen. Auch die Interessen anderer Teilzeitbeschäftigter könnten einer Rückkehr von Teilzeit auf Vollzeit entgegenstehen. Der Arbeitgeber ist bei den Gründen für eine Ablehnung in der Beweispflicht.
An wen richtet sich das neue Gesetz hauptsächlich?
In Deutschland gibt es etwa neun Millionen Beschäftigte mit sozialversicherungspflichtigen Teilzeitstellen. Etwa 80 Prozent sind Frauen. Oft reduzieren sie nach der Geburt eines Kindes oder zur Pflege von Angehörigen die Arbeitszeit. Der Rechtsanspruch, die Wochenarbeitszeit zu reduzieren, besteht bereits seit 2001. Doch ein Recht auf Rückkehr auf eine Vollzeitstelle wurde damals nicht beschlossen. So bleibt Teilzeitkräften in der Praxis häufig die Rückkehr auf eine Vollzeitstelle verwehrt – sie befinden sich dann in der „Teilzeitfalle“. Entsprechend bleiben die Einkünfte niedrig, gerade für Alleinerziehende bedeutet dies nicht selten Armut, die sich durchs ganze Leben zieht. Denn eine Folge geringerer Arbeitszeiten sind auch entsprechend niedrige Rentenansprüche im Alter.
Wer hat das Gesetz angestoßen?
Die SPD fordert das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit bereits seit langem. Schon in der letzten Regierung, als noch die heutige SPD-Chefin Andrea Nahles Arbeitsministerin war, sollte das Gesetz kommen, doch zu einer Einigung mit der Union kam es nicht mehr. Als die SPD dann doch wieder mit CDU und CSU über eine Regierungsbildung verhandelte, machte sie Druck. So wurde das Vorhaben sehr ausführlich im Koalitionsvertrag verankert. Der neue Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) konnte das Gesetz so vergleichsweise schnell auf den Weg bringen. „Wir haben uns durchgesetzt“, sagte Heil am Donnerstag im Bundestag. Die Neuregelung werde insbesondere Frauen den Weg aus der Teilzeitfalle ermöglichen.
Was sagen Opposition und Wirtschaft?
Vertreter der Opposition bemängeln, dass durch die Einschränkungen bei den Betriebsgrößen viele Beschäftigte nicht von der Brückenteilzeit profitieren. „Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten schaut in die Röhre“, sagte die Linke-Arbeitsmarktexpertin Susanne Ferschl. Die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke forderte, ab 15 Beschäftigte im Betrieb sollten die neuen Möglichkeiten eingeführt werden. „Für Frauen, die ihre Arbeitszeit verlängern wollen, wird sich gar nichts tun“, kritisierte sie zudem. Der Arbeitgeber-Spitzenverband BDA kritisiert das Gesetz als „weiteres Puzzleteil für mehr Bürokratie in unserem Land“. Thomas Sattelberger, FDP-Bundestagsabgeordneter und davor Personalmanager unter anderem bei Lufthansa, kritisiert die Regelung: „Schade, hier wurde ein wichtiges Thema schlecht gelöst.“ Wenn man willkürlich Schwellenwerte bei den Betriebsgrößen festlege statt Sachgründe, werde man dem Einzelfall nicht gerecht. „So kann es etwa in mittleren Betrieben passieren, dass der Golfspieler, der sein Handicap verbessern will, mit seinem Teilzeitwunsch berücksichtigt wird und kurz darauf die Mutter, die Betreuungszeit benötigt, nicht zum Zug kommt“, sagt Sattelberger.