Die Gepflogenheiten in anderen Ländern sind oftmals so ganz anders, als Europäer sie gewöhnt sind. Am deutlichsten ist der Unterschied wohl in Asien spürbar: Auf die Straße zu spucken ist beispielsweise in China ganz und gar nicht verpönt, dafür aber umso mehr das öffentliche Putzen der Nase.
Wer sich im Ausland aufhält, sollte sich deshalb mit den landesüblichen Umgangsformen vertraut machen, um Fettnäpfchen zu vermeiden. In ein solches ist nun Wladimir Putin beim Asiatisch-Pazifischen-Wirtschaftsforum (Apec) in Peking getappt und hat damit einen kleinen Eklat ausgelöst.
Putin kommt Chinas First Lady zu nahe
Das Vergehen: Er legt Chinas First Lady Peng Liyuan wegen der niedrigen Temperaturen eine Decke um die Schultern. Was in der westlichen Welt als das Verhalten eines wahren Gentlemans gewertet wird, gilt in der Volksrepublik als Verstoß gegen die Höflichkeitsregeln. Dort ist es unangebracht, einer fremden Person derart nahezukommen.
Nachvollziehbar ist die Geste des russischen Präsidenten: Peng Liyuan und ihr Mann, Staatschef Xi Jinping, warten mit den anderen Regierungschefs – darunter auch Barack Obama – bei knapp über null Grad Celsius auf ein Feuerwerk. Die chinesische First Lady nimmt die Decke von Putin zwar lächelnd an, übergibt sie Sekunden später jedoch einem Assistenten, der schon alarmiert bereitsteht. Ein sichtlich verdutzter Putin beobachtet das Ganze.
"Putin flirtet mit First-Lady"
Die Szene wird vom chinesischen Staatsfernsehen übertragen. Eine Kommentatorin erkennt sofort die heikle Situation: „Putin hat gerade seine Jacke um Peng Liyuan gelegt!“ Das Video verbreitet sich sofort in Chinas sozialen Netzwerken, wie dem Blog Sina-Weibo. Eine Nutzerin schreibt: „Putin flirtet mit der First Lady!“
Eine weitere empfindet Putin als „russischen Gentleman“. Er habe die Abläufe von langweiligen Gipfeltreffen durchbrochen. Andere Nutzer amüsieren sich über den überraschten Gesichtsausdruck von Staats- und Parteichef Xi Jinping, der die Aktion beobachtet hatte. Zu viel für die chinesischen Zensoren. Sie löschen nach wenigen Stunden einige der Beiträge.
Häme und Lob für Putin in sozialen Netzwerken
Obwohl einige Bilder und Texte zur Geste Putins entfernt werden, ist sie schnell auch in internationalen Netzwerken Thema. Unter dem Stichwort „coatgate“ (coat, englisch für Jacke), in Anspielung auf den Watergate-Skandal, ist Lob für den russischen Präsidenten zu finden, aber auch viel Häme wegen der Zensur. Ein Nutzer von Twitter schreibt: „Jetzt ist er einmal nett, und dann passt es auch wieder nicht.“
Dass sich die Frau von Chinas Staatspräsident an dessen Seite präsentiert, ist sehr ungewöhnlich. Die Gattinen von Xis Vorgängern hatten sich nur sehr selten in der Öffentlichkeit gezeigt. mit dpa