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Antisemitismus: Gürtelschläge gegen Kippa-Träger

Antisemitismus

Gürtelschläge gegen Kippa-Träger

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    Hier in Prenzlauer Berg wurden die beiden Juden angegriffen.
    Hier in Prenzlauer Berg wurden die beiden Juden angegriffen. Foto: P. Zinken, dpa

    Der junge Mann in der braunen Jacke hält einen Gürtel in seiner Hand, er holt weit aus und schlägt zu, drei Mal. Auf Arabisch ruft er: „Tu das Handy weg. Du bist ein jüdischer Bastard“, dann: „Jahudi“ (arabisch für Jude). Der angegriffene Mann lässt das Smartphone weiterlaufen und sagt: „Ich filme dich, ich filme dich.“ Es kommt zum Handgemenge, bis ein Begleiter den Angreifer wegschiebt.

    Nach 47 Sekunden endet das Video über den antisemitischen Angriff. Gefilmt wurde es am Dienstag in Berlin-Prenzlauer Berg, wie auch die Polizei bestätigt. Der angegriffene Mann ist ein 21-jähriger arabischer Israeli. Zusammen mit einem 24-jährigen deutschen Freund war er auf der Straße unterwegs, beide trugen eine Kippa, die traditionelle jüdische Kopfbedeckung.

    Dem israelischen Fernsehen erzählt der 21-Jährige, sie seien „ganz normal auf der Straße gegangen“. Drei Männer hätten sie plötzlich beschimpft. Sein Freund habe gesagt, sie sollten damit aufhören. „Dann wurden sie sauer, einer von ihnen rannte auf mich zu.“ In diesem Moment beginnt das Video. „Mir war sofort klar, dass es wichtig ist, das zu filmen“, sagt er – damit die Polizei den Mann finden kann. Der Bild-Zeitung sagt der arabische Israeli, er habe die Kippa gerade erst geschenkt bekommen, verbunden mit einer Warnung vor öffentlichem Tragen. Er habe erwidert: „So was passiert in Deutschland nicht, nicht mal in Berlin.“ Obwohl er kein Jude ist, setzt er die Kopfbedeckung auf. Sie seien noch keine fünf Minuten mit der Kippa auf der Straße gewesen, als sie attackiert wurden. Er fühle sich jetzt nicht mehr so sicher wie zuvor, sagt er. Gerade in dem bürgerlichen Viertel Prenzlauer Berg habe er das nicht erwartet. „Wenn das in Neukölln gewesen wäre, wäre ich nicht so geschockt.“

    Die Polizei bestätigt den Vorfall. Nach dem Angriff mit dem Gürtel habe sich die Gruppe zunächst entfernt, sei aber von dem 21-Jährigen verfolgt worden. Daraufhin habe der Schläger versucht, den arabischen Israeli mit einer Flasche zu attackieren. Eine Zeugin der Attacke sei aber dazwischengegangen. Der 21-Jährige wird dennoch leicht verletzt. Der Berliner Staatsschutz sucht nun nach dem Täter. Der regionale Dialekt des Arabisch sprechenden Mannes sei nicht klar zu erkennen, heißt es bei der Polizei – das Opfer sagt, er habe mit einem syrischen Dialekt gesprochen.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht von einem „ganz schrecklichen Vorfall“ und fügt hinzu: „Der Kampf gegen antisemitische Ausschreitungen muss gewonnen werden.“ Dazu müsse „mit aller Härte und Entschlossenheit“ vorgegangen werden. Außenminister Heiko Maas und Justizministerin Katarina Barley (beide SPD) verurteilen die Tat als „unerträglich“. Maas sagt: „Juden dürfen sich bei uns nie wieder bedroht fühlen.“ Und Barley: „Das ist eine Schande für unser Land.“ Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte: „Antisemitismus gehört nicht zum Berlin, in dem wir leben wollen.“ CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht von einer „Schande“. Antisemitismus dürfe nie wieder einen Platz in Deutschland haben – „egal aus welchem Umfeld“.

    „Hier wurde eine rote Linie überschritten“, erklärt der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Er sei „erschüttert“. Schon vor Jahren habe er darauf hingewiesen, dass es problematisch sei, in muslimisch geprägten Stadtteilen eine Kippa zu tragen. Dieser Vorfall aber habe sich „im gutbürgerlichen Prenzlauer Berg“ ereignet. (dpa, afp)

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