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Angela Merkel: Unions-Abgeordnete proben den Aufstand gegen die Kanzlerin

Angela Merkel

Unions-Abgeordnete proben den Aufstand gegen die Kanzlerin

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag bei einer CDU/CSU-Fraktionssitzung in Berlin.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag bei einer CDU/CSU-Fraktionssitzung in Berlin. Foto: Kay Nietfeld (dpa)

    „Alles halb so wild.“ – „Eine offene Diskussion, aber keine Revolte.“ – „Der Dampf musste aus dem Kessel.“ – „Die Fraktion steht zu hundert Prozent hinter Angela Merkel.“ Am Morgen danach sind die Spitzen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion eifrig bemüht, den Eindruck zu widerlegen, als sei es am Dienstagabend in der Sitzung der Fraktion zum Aufstand gegen Bundeskanzlerin

    Hitzige Diskussionen in CDU-Bundestagsfraktion

    Zwar bestätigen alle, dass es eine ebenso lange wie hitzige Debatte gegeben habe, gleichzeitig jedoch ist das Bemühen der Verantwortlichen offensichtlich, den Konflikt kleinzureden und die offene Auseinandersetzung als einen ganz normalen Vorgang zu beschönigen.

    Schon am frühen Morgen eilt der stellvertretende CDU-Vorsitzende und baden-württembergische Landeschef Thomas Strobl aus Heilbronn ins Fernsehstudio, um den Tenor des Tages vorzugeben: Eine derart große Herausforderung wie die Bewältigung der Flüchtlingskrise führe „natürlich zu Diskussionen“, sagt er im ZDF-Morgenmagazin. Es sei selbstverständlich, dass dazu „Argumente ausgetauscht“ werden, aber dies heiße noch lange nicht, „dass das ein Misstrauensvotum gegen die Bundeskanzlerin ist“. Seine Botschaft, die auch und vor allem an die eigene Partei gerichtet ist, lautet: „Die CDU/CSU-Fraktion steht geschlossen hinter der Bundeskanzlerin.“

    Parteifreunde kritisieren Angela Merkel massiv

    Doch im Gespräch mit unserer Zeitung erzählen Abgeordnete etwas anderes. „Solch eine erregte Debatte habe ich noch nie erlebt“, sagt ein altgedienter Parlamentarier am Mittwoch. Noch nie in ihrer bald zehnjährigen Kanzlerschaft sei Angela Merkel von den eigenen Truppen derart hart angegangen und massiv kritisiert worden. Der Unmut habe sich bereits in den Sitzungen der Landesgruppe und bei einem Treffen Merkels mit den Innen- und Sicherheitsexperten der Unionsfraktion abgezeichnet, wo die Abgeordneten von der schlechten Stimmung in den eigenen Orts- und Kreisverbänden berichteten.

    Auf massive Kritik stieß vor allem die Entscheidung Merkels vom 5. September, die Grenze zu Österreich zu öffnen und die Flüchtlinge ungeprüft ins Land zu lassen. Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern warf der langjährige CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl Merkel vor, sich viel zu lange auf die außenpolitischen Aspekte konzentriert und die innenpolitischen Folgen dabei außer Acht gelassen zu haben. Der Schutz der eigenen Grenze sei eine „Kernaufgabe einer Regierung“. Wenn eine Regierung dies nicht mehr leisten könne und es zu keiner Lösung komme, „dann wird sie abgewählt“.

    Innenexperte: Regierung muss die Grenzen schützen

    Wie geht es weiter? Innenminister Thomas de Maiziere (L), Kanzlerin Merkel und Volker Kauder im Gespräch.
    Wie geht es weiter? Innenminister Thomas de Maiziere (L), Kanzlerin Merkel und Volker Kauder im Gespräch. Foto: Kay Nietfeld (dpa)

    Auch der baden-württembergische Innenexperte und frühere Polizist, Clemens Binninger, wies Merkels Behauptung zurück, Deutschland könne unmöglich seine 3000 Kilometer lange Außengrenze komplett schützen. Andere Länder könnten dies auch, sagte er, so sei Polen beispielsweise sehr wohl in der Lage, alle illegalen Einwanderer abzuweisen. „Wir dürfen nicht die weiße Fahne hissen.“

    Merkel selber wies in der Debatte die Vorwürfe zurück. Eine Obergrenze für Asylbewerber widerspreche dem Grundgesetz, zudem bestehe die Gefahr, dass dann auch andere europäische Länder die Flüchtlinge zurückschicken und es in Grenzländern wie Serbien oder Mazedonien zu massiven Problemen komme, was neue Konflikte zur Folge habe. Nötig seien mehr europäische Solidarität bei der Verteilung der Flüchtlinge und eine Bekämpfung der Fluchtursachen. Ihre Reise in die Türkei am Sonntag diene diesem Ziel.

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