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Analyse zum Parteitag: Die Linke ist tief gespalten

Analyse zum Parteitag

Die Linke ist tief gespalten

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    Sie gilt als stärkste Rednerin bei der Linken: Doch auch Sahra Wagenknecht hatte Mühe, die Delegierten mitzureißen.
    Sie gilt als stärkste Rednerin bei der Linken: Doch auch Sahra Wagenknecht hatte Mühe, die Delegierten mitzureißen. Foto: Peter Steffen, dpa

    Rot-Rot-Grün rückt in unendlich weite Ferne. Dass es Martin Schulz doch noch irgendwie schafft, Angela Merkel aus dem Kanzleramt zu jagen, scheint nach dem Parteitag der Linken in Hannover fast ausgeschlossen. Der Kanzlerkandidat bräuchte neben einer so sensationellen wie unwahrscheinlichen Aufholjagd seiner SPD ja auch die Grünen und eben die Linkspartei als Koalitionspartner, um eine Regierung unter seiner Führung bilden zu können. Doch die Ergebnisse des Treffens der Linken dürften die Angst vieler Bürger vor einer rot-rot-grünen Bundesregierung noch gesteigert haben.

    Auch die Partei selbst ist tief gespalten in der Frage, ob sie ein Mitregieren im Bund überhaupt anstreben – oder doch lieber aus Prinzip in der Opposition bleiben soll. Echte Verantwortung übernehmen, das verträgt sich nicht nur für Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht nicht so recht mit dem sturen Beharren auf kommunistischen Idealen.

    Die Linke bietet ein Bild der Zerrissenheit

    Die innere Zerrissenheit zieht sich wie ein tiefroter Faden durch den Parteitag. Ratlos verfolgen junge Neu-Parteimitglieder, die eingetreten sind, weil sie sich eine gerechtere Welt wünschen und die Politik von Donald Trump ablehnen, wie sich die unterschiedlichen Flügel ineinander verbeißen. Da sind die Realos aus dem Gewerkschaftslager, die den Sozialstaat reformieren wollen. Sie haben durchgerechnet, wie viel sie „den Reichen“ nehmen müssen, um eine bedingungslose Grundsicherung zu finanzieren, die Hartz IV ablösen soll. Auch wer etwa Jobangebote ablehnt, soll künftig 1050 Euro im Monat bekommen. Gleichzeitig gibt es noch genügend stramme Kommunisten, denen selbst die sozialromantischsten Vorschläge niemals weit genug gehen und die wohl nur mit der faktischen Wiedereinführung der DDR zufrieden wären.

    Die Forderung, im Kampf gegen hohe Mieten Wohnungen kurzerhand zu enteignen, ist in der Partei durchaus salonfähig, auch wenn der entsprechende Antrag es nach längerer Diskussion nicht ins Programm schafft. Wenn sich die Linke als Partei des Friedens stilisiert, richtet sich das höchst einseitig gegen Nato und USA. Am traditionell russlandfreundlichen Kurs wird ungeachtet aller weltpolitischen Realitäten eisern festgehalten. Anträge auf eine Verurteilung der Besetzung der Ostukraine, der Annexion der Krim und eine Missbilligung der Menschenrechtslage haben auf dem Parteitag erwartungsgemäß keine Chance.

    Die Nato will die Linke durch ein neues Sicherheitsbündnis mit russischer Beteiligung ersetzen. Immerhin: Die weitergehende Forderung nach einem sofortigen Nato-Austritt Deutschlands lehnen die Delegierten ab. Ebenso schließt der Parteitag zwar eine deutsche Beteiligung an Kampfeinsätzen aus, lässt aber durchaus Spielraum etwa für Beratungs- und Ausbildungseinsätze im Ausland. Geheimdienste will die Linkspartei übrigens komplett abschaffen.

    Linkspartei ist im Bund nicht in der Lage zu Regieren

    Auch Kirchenkritik gehört in der Linkspartei zum guten Ton. So erklärt sich der Antrag, die Kündigung der Kirchenstaatsverträge, die die theologische Ausbildung und die Seelsorge bei der Bundeswehr und in Krankenhäusern betreffen, ins Parteiprogramm aufzunehmen. Am Samstagabend wird die Forderung noch knapp angenommen. Doch über Nacht dämmert den Delegierten, dass sie damit die Abschaffung von Übereinkünften fordern, die ja gerade die von ihnen gewünschte Trennung von Staat und Kirche regeln. So wird der umstrittene Beschluss am Sonntag erneut diskutiert und schließlich wieder zurückgenommen.

    Die Linke, bei der letzten Bundestagswahl mit 8,6 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft, hat in Hannover weder klären noch erklären können, für was sie eigentlich steht. Und selbst wenn das Ergebnis des Parteitags als knapper Punktsieg des gemäßigten Lagers gewertet wird, der die Tür zu einer Regierungsbeteiligung noch einen Spalt weit offenlässt, ist das Bild nach außen verheerend.

    Die Linkspartei hat aufs Neue gezeigt, dass sie zum Regieren auf Bundesebene kaum willens, vor allem aber längst nicht in der Lage ist. So bleibt nur die Hoffnung von Sahra Wagenknecht, SPD-Mann Martin Schulz möge es jetzt dem britischen Labour-Chef Jeremy Corbyn gleichtun, dem mit radikal-linken Forderungen ein Überraschungsergebnis gelang. Doch je mehr die Linkspartei versucht, Grüne und SPD in ihre Richtung zu ziehen, desto klarer müssen sich diese im Wahlkampf von ihr abgrenzen.

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