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Analyse: So könnte es weitergehen: Drei Szenarien für die Große Koalition

Analyse

So könnte es weitergehen: Drei Szenarien für die Große Koalition

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    Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken jubeln nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abstimmung zum SPD-Vorsitz.
    Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken jubeln nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abstimmung zum SPD-Vorsitz. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Mit Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken werden zwei GroKo-Skeptiker SPD-Vorsitzende. Platzt nun die Große Koalition? Oder bleibt doch alles beim Alten? Diese drei Optionen werden derzeit in der Bundespolitik diskutiert.

    1. Die GroKo macht weiter

    Einerseits wurde am Montag mächtig geschimpft. „Die Wahl eines gescheiterten Provinzpolitikers und irgendeiner Baden-Württembergerin zu Vorsitzenden der SPD zeigt, wie weit sich die Parteiführung inzwischen von den wirklichen Sorgen der Menschen und vor allem von den Arbeitnehmern entfernt hat“, erklärte etwa der Karlsruher CDU-Bundestagsabgeordnete Axel E. Fischer, der „notfalls“ auch Neuwahlen nicht ausschloss. Doch noch ist die Regierung vom Grundsatz her stabil. Sie hat einen Bundeshaushalt für 2020 verabschiedet und wichtige Gesetze auf den Weg gebracht. Daran ändern auch Walter-Borjans und Esken nichts. Für einen Fortbestand der GroKo spricht, dass Angela Merkel nach Einschätzung von Unions-Politikern noch längst nicht aus dem Kanzleramt ausziehen will. Die Regierungschefin hat schon den Fuß vom Gas genommen, aber auf die Bremse tritt sie frühestens Anfang 2021. Dann nämlich endet die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die im Juli nächsten Jahres beginnt und die Merkel zur großen Bühne für ihre Abschiedsgala nutzen will. Merkel müsste danach ohnehin nur noch ein paar wenige Monate weitermachen, denn im Sommer 2021 würde der Bundestagswahlkampf Fahrt aufnehmen.

    CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ebenfalls Interesse an einem Fortbestand der GroKo. Sie kann sich keineswegs sicher sein, dass sie bei einem Platzen automatisch als Spitzen- beziehungsweise Kanzlerkandidatin gesetzt wäre. Ihre Gegner können immer noch Friedrich Merz als Gegenkandidaten aus dem Ärmel ziehen, darüber hinaus fällt im Zusammenhang mit der K-Frage immer öfter der Name Markus Söder. Es sei durchaus an der Zeit, dass ein Bayer ins Kanzleramt einziehe, heißt es. Söder vertrete Werte und Ansichten, die in CDU und CSU mehrheitsfähig seien. Söder allerdings fühlt sich in München derzeit ganz wohl und will so schnell nicht nach Berlin umziehen.

    Fazit: Trotz aller derzeitigen Turbulenzen spricht vieles dafür, dass die GroKo erst mal hält.

    2. Es gibt Neuwahlen

    Neuwahlen sind unter dann möglich, wenn Kanzlerin Merkel etwa aus gesundheitlichen Gründen hinschmeißt und ein Kanzlerkandidat nur eine relative (und nicht die absolute) Mehrheit im Bundestag bekommt. Der Bundespräsident kann den Gewählten zum Kanzler einer Minderheitsregierung ernennen – oder den Bundestag auflösen, mit der Folge, dass es binnen 60 Tagen Neuwahlen geben muss. Merkel könnte auch die Vertrauensfrage stellen und in Absprache mit den anderen Parteien ein Scheitern einfädeln, was ebenfalls Neuwahlen zur Folge hätte. Doch bei SPD und Union wissen sie, dass keine der Regierungsparteien davon profitieren würde. Die Umfragewerte sind nicht nur bei der SPD, sondern auch bei der CDU schlecht. Gewinnen würden vermutlich AfD und Grüne.

    Fazit: Neuwahlen sind nur die zweitbeste Lösung, kommen aber in Betracht, weil sie die Sehnsucht nach einem Schlussstrich befriedigen würden.

    3. Es gibt eine Minderheitsregierung

    Ab Freitag tagt der SPD-Bundesparteitag. Sollte der ein klares Votum für einen Austritt aus der GroKo aussprechen oder unerfüllbar hohe Forderungen an CDU und CSU formulieren, wird die SPD aus der Koalition ausscheren müssen. Kanzlerin Merkel könnte neue Minister bestellen und mit einer Minderheitsregierung weitermachen. Stabil ist das nicht, eine solche Regierungsform widerspricht deshalb entschieden Merkels Naturell. Aber sie könnte sich einige FDP-Politiker ins Boot holen, beispielsweise den liberalen Parteichef Lindner zum Außenminister machen, und so der ganzen Sachen etwas mehr Spurtreue verleihen.

    FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg sprach sich am Montag entsprechend forsch für einen sofortigen Politikwechsel aus. Es sei an der Union und der Kanzlerin, „die Geschäftsgrundlage der Regierung jetzt zu klären“, sagte die FDP-Politikerin. Doch zur Analyse gehört auch, dass die Liberalen derzeit in den Umfragewerten unter ihrem Wahlergebnis von 2017 liegen.

    Da die Union nicht mit Linken und AfD zusammenarbeiten will, blieben noch die Grünen als Partner für eine Minderheitsregierung. Doch die befinden sich immer noch auf einem bundespolitischen Höhenflug und werden diese nur zweitbeste Option nicht annehmen.

    Fazit: Eine Minderheitsregierung wäre angesichts ihrer Instabilität die unbeliebteste aller Lösungen.

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