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Analyse: Offensive in Syrien: Kriegsherr Erdogan droht Europa

Analyse

Offensive in Syrien: Kriegsherr Erdogan droht Europa

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    Rauchsäulen steigen nach einer Bombardierung durch türkische Streitkräfte auf der syrischen Seite der Grenze auf.
    Rauchsäulen steigen nach einer Bombardierung durch türkische Streitkräfte auf der syrischen Seite der Grenze auf. Foto: Lefteris Pitarakis, dpa

    Recep Tayyip Erdogan fühlt sich in seinem Weltbild bestätigt: Die Türkei tut das Richtige, doch der Rest der Welt verleumdet das Land als Aggressor. Keine 24 Stunden nach Beginn der jüngsten Syrien-Intervention seiner Armee teilte Erdogan an seine Kritiker aus. Saudi-Arabien habe den Krieg im Jemen zu verantworten und solle deshalb schweigen, der ägyptische Staatschef Abdal Fatah al-Sisi sei ein „Mörder“. Besonders wütend ist Erdogan auf die Europäer, die den Einmarsch nach Syrien scharf kritisiert hatten: „Wenn das so ist, dann ist ja alles ganz einfach: Wir öffnen die Tore“ – um Millionen syrischer Flüchtlinge nach Europa zu schicken. Gegenwind für Erdogan kommt aus Washington: Im US-Kongress werden Sanktionen gegen die Türkei vorbereitet.

    Erdogan und seine Regierung betrachten den Feldzug gegen die syrische Kurdenmiliz YPG als notwendigen Einsatz gegen eine Terrorgruppe. Zudem will die Türkei in Nordsyrien eine „Sicherheitszone“ schaffen, um syrische Flüchtlinge dort anzusiedeln. Nach der Vorbereitung durch Luftangriffe und Artilleriebeschuss am Vortag rückten in der Nacht zum Donnerstag erstmals türkische Bodentruppen und Ankara-treue syrische Rebellenverbände über die Grenze.

    Türkei meldet militärische Erfolge in Syrien

    Laut türkischen Angaben nahmen die Angreifer mehrere Dörfer auf der syrischen Seite der Grenze ein und vertrieben die YPG, den syrischen Ableger der PKK, die Ankara als Terrorgruppe einstuft. Nach Erdogans Worten wurden in den ersten 24 Stunden des Krieges mehr als 100 YPG-Kämpfer getötet. Die Kurdenmiliz berichtete dagegen, ihre Truppen hätten türkische Angriffe zurückgeschlagen. Die YPG-Kämpfer waren in den vergangenen Jahren von den USA für den Kampf gegen den Islamischen Staat ausgebildet und ausgerüstet worden. Sie sind der hochgerüsteten türkischen Armee zwar klar unterlegen, aber durchaus in der Lage, den Angreifern den Vormarsch zu erschweren.

    Auch Zivilisten kamen bei den Kämpfen zu Schaden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, ein türkischer Luftangriff habe einen Fahrzeugkonvoi von Zivilisten in Syrien getroffen und mehrere Menschen verletzt. Kurdische Geschosse aus Syrien schlugen am Donnerstag in der türkischen Grenzstadt Akcakale ein und verletzten laut Medienberichten mindestens 17 Menschen. Tausende Bewohner des YPG-Gebietes fliehen vor den Gefechten nach Süden, etwa in die Stadt Rakka.

    Kritiker bezweifeln, dass die Türkei den IS in Schach halten

    Gleichzeitig wurden Vorwürfe laut, die türkische Intervention stärke den Islamischen Staat in Syrien, der bisher von der YPG mit Unterstützung von US-Truppen in Schach gehalten worden war. Die amerikanischen Soldaten hatten sich auf Befehl von Präsident Donald Trump weitgehend aus dem Kampfgebiet zurückgezogen; die YPG erklärte daraufhin, sie ziehe ihre Kämpfer aus dem Kampf gegen den Islamischen Staat zurück, um sie in Gefechten gegen die anrückenden Türken aufzubieten.

    Erdogan wies jede Kritik an dem Feldzug zurück. Besonders verärgert reagierte der türkische Präsident auf die Kritik aus Europa. „Hey, Europäische Union, komm mal zu dir“, sagte er. Erdogan bekräftigte den Vorwurf, die EU habe ihre finanziellen Zusagen aus dem Flüchtlingsabkommen zwischen Ankara und Brüssel nicht eingehalten. „Wir öffnen die Tore, nur damit ihr das wisst“, sagte Erdogan.

    Widersprüchliches zum Flüchtlingsabkommen

    Der türkische Präsident hatte bereits vor Wochen erklärt, sein Land könne zusätzlich zu den nach offiziellen Zahlen bereits aufgenommenen 3,6 Millionen syrischen Flüchtlingen keine weiteren Syrer mehr aufnehmen und müsse die Menschen deshalb möglicherweise nach Europa durchwinken. Gleichzeitig erklärte Erdogans Regierung damals jedoch, die Türkei habe kein Interesse an einer Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens. Der Vertrag verpflichtet Ankara dazu, Flüchtlinge an der Überfahrt nach Griechenland zu hindern.

    Auch innenpolitisch will Erdogan keine Einwände gegen den Syrien-Einsatz gelten lassen. Zwei leitende Redakteure von Oppositionsmedien wurden am Donnerstag festgenommen – offenbar wegen ihrer kritischen Berichterstattung.

    Lesen Sie unseren Kommentar: Den Krieg in Syrien kann Erdogan nicht gewinnen.

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