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Analyse: Lügen wie der Boss

Analyse

Lügen wie der Boss

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    Tränenreicher Abschied: Sarah Sanders und Donald Trump am Donnerstag. 	 	„Gott wollte, dass Donald Trump Präsident wird. Darum ist er im Amt.“
    Tränenreicher Abschied: Sarah Sanders und Donald Trump am Donnerstag. „Gott wollte, dass Donald Trump Präsident wird. Darum ist er im Amt.“ Foto: Saul Loeb, afp

    Donald Trump nimmt es mit den Fakten bekanntlich nicht ganz so genau. Insofern ist Sarah Huckabee Sanders genau die Richtige für ihn. Seine Pressesprecherin betreibt das Geschäft mit Halbwahrheiten und dreisten Lügen ganz im Sinne ihres Chefs, der Journalisten bekanntlich für Feinde des Volkes hält. Wenn Sanders überhaupt mal mit den Medien kommuniziert, dann tut sie das entweder als eine Art Aussageverweigerungsbeauftragte, oder sie geht gleich in die Gegenoffensive. Fragen, die ihr nicht in den Kram passen, ignoriert sie, unliebsame Journalisten werden pauschal als „Fake News Media“ abgekanzelt. Während andere Pressesprecher versuchen, jeden politischen Brandherd zu löschen, bevor er zum Großfeuer wird, gießt Sanders zuverlässig Öl nach. Nach 22-monatiger Abwehrschlacht muss Trump ohne seine Lautsprecherin auskommen. Sanders will sich mehr um ihre drei Kinder kümmern. Zum Monatsende ist Schluss. Was bleibt, ist ein Meer aus irren Behauptungen und glatten

    Fangen wir ganz oben an. Bei Gott. „Gott wollte, dass Donald Trump Präsident wird. Darum ist er im Amt“, erklärt Sanders einmal und damit ist dann auch klar, dass jeder Angriff auf ihren unfehlbaren Vorgesetzten quasi automatisch unter den Tatbestand der Blasphemie fallen muss. Nicht nur in diesem Fall ist es schwierig, Sanders hieb- und stichfest zu überführen. Denn wer weiß schon so ganz genau, was Gott wirklich will? Klarer liegen die Dinge hingegen im Fall des früheren FBI-Chefs James Comey. Als Trump ihn feuert, liefert Sanders die passende Geschichte dazu. „Zahllose“ FBI-Leute hätten im Gespräch mit dem Weißen Haus die Entscheidung des Präsidenten unterstützt, erzählt sie. Das Problem an der Geschichte: Sie ist frei erfunden, wie Sanders später zugeben muss. Oder wie sie selbst es formuliert: Ihr sei in der Hitze des Augenblicks die Zunge ausgerutscht. Kann ja mal passieren. Was in anderen Ländern das Zeug hat, politische Karrieren zu beenden, ist in Trump-Land inzwischen so etwas wie Alltagsgeschäft. Viel Wirbel gibt es auch um ein Video, das Sanders in sozialen Netzwerken verbreitet, um zu belegen, dass der CNN-Journalist Jim Acosta während einer der wenigen Pressekonferenzen, die es überhaupt noch gibt, eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses recht rabiat daran zu hindern versuchte, ihm das Mikrofon wegzunehmen. Die Bilder waren allerdings offenbar manipuliert worden, um den Vorfall dramatischer aussehen zu lassen. Wer steckt dahinter? Und weiß Sanders davon? Egal, dem unliebsamen Reporter wird kurzerhand die Akkreditierung für das Weiße Haus entzogen.

    Eine der Lieblingsdisziplinen des Trump-Teams sind Angriffe auf Barack Obama. Um die Genialität des aktuellen Präsidenten im direkten Vergleich zu seinem Vorgänger zu belegen, kann man auch mal mit falschen Zahlen arbeiten. Hauptsache, es dient der eigenen Sache. Sanders behauptet zum Beispiel, in seinen ersten anderthalb Jahren als Präsident habe ihr Boss dreimal so viele Jobs für Afroamerikaner geschaffen, wie Obama in zwei kompletten Amtszeiten. Das Problem an den Zahlen: Sie stimmen nicht. Oder wie die Washington Post schrieb: Sie sind „in bizarrer Weise inkorrekt“. Das musste dann auch das Weiße Haus einräumen – wenn auch mit weit weniger Brimborium als beim ursprünglichen Eigenlob.

    Sanders schafft es in kurzer Zeit, berühmt und berüchtigt zu werden. So berüchtigt, dass sie sogar einmal wegen ihrer Lügen im Namen des Präsidenten aus einem Restaurant geworfen wird. Nun zieht sie sich zurück. „Es war die Ehre meines Lebens“, twittert sie zum Abschied. Und damit da auch ja keine Zweifel aufkommen, stellt sie klar: „Ich liebe den Präsidenten.“ Der dankt es ihr mit pathetischen Worten: „Sie ist eine besondere Person mit außergewöhnlichen Talenten, die unglaubliche Arbeit geleistet hat.“ Unglaublich trifft es ganz gut.

    Dass Sanders auf Dauer in der politischen Versenkung verschwinden wird, ist kaum zu erwarten. Trump sieht in ihr schon die nächste Gouverneurin ihres Heimatstaates Arkansas. Dieses Amt hatte bereits ihr Vater inne. Die 36-Jährige selbst sagt zu solchen Ambitionen: „Ich habe vor langer Zeit gelernt, nie etwas auszuschließen.“ Wie man Wahlen gewinnt, dürfte sie sich bei ihrem Chef abgeschaut haben. Immer nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel, und Unwahrheiten sind auch nichts anderes als alternative Fakten.

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