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Analyse: Kratzer, aber keine Beule: Welche Folgen die Testpanne für Söder hat

Analyse

Kratzer, aber keine Beule: Welche Folgen die Testpanne für Söder hat

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    Markus Söder (CSU) mit Maske in bayerischen Landesfarben.
    Markus Söder (CSU) mit Maske in bayerischen Landesfarben. Foto: Nicolas Armer, dpa

    Die Nachricht aus Bayern lässt die SPD-Strategen im Willy-Brandt-Haus frohlocken. „Das Image von Markus Söder hat einen tiefen Kratzer bekommen“, sagt eine hochrangige Funktionärin, als sich Meldungen verfestigen, wonach der Regierung des Freistaats rund 900 Corona-Infizierte durchgerutscht sind. Logisch, dass die Sozialdemokraten so reagieren, schließlich haben sie mit der frühzeitigen Nominierung von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten den Wahlkampf schon begonnen. Söder könnte der direkte Herausforderer von Scholz werden, da ist alles wichtig, was das Image des CSU-Chefs als personifiziertes Corona-Bollwerk beschädigt. Insgesamt hält sich die Häme über Söders Fauxpas aber in Grenzen – alle in der Hauptstadt wissen, dass es auch anderen Bundesländern die absolute Kontrolle nicht gibt.

    Beim Koalitionspartner SPD wollen diejenigen, die sich sonst zu Corona-Themen äußern, nicht öffentlich zu Wort melden. Mit Erstaunen wird aber beobachtet, dass der große Bayer die medialen Folgen der Panne nicht beherrscht. Meldungen über Pressekonferenzen, die in letzter Sekunde abgesagt werden, lassen in Berlin daran zweifeln, dass Söder die Sache im Griff hat.

    Melanie Huml und Markus Söder gehen zu einer gemeinsamen Pressekonferenz.
    Melanie Huml und Markus Söder gehen zu einer gemeinsamen Pressekonferenz. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Scharfe Kritik an Söder von der Linkspartei

    Aus den Reihen der Opposition kommt die schärfste Kritik von der Linkspartei. „Söder entlarvt sich als Scheinriese im Krisenmanagement“, sagte die Parteivorsitzende Katja Kipping, die offenbar auch auf Söders Versprechen abzielt, dass an der bayerischen Grenze „für ganz Deutschland“ getestet werde. Süffisant legt Kipping nach: „Sein Aktionismus war offensichtlich wieder einmal schlecht durchdacht.“

    Die Grünen sehen in den Vorgängen „ein mittleres Fiasko“. Einerseits sei eine an sich vermeidbare Corona-Ausbreitung möglich geworden, sagt die schwäbische Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz unserer Redaktion. Anderseits sei durch „dieses Desaster Vertrauen verspielt“ worden. „Wenn Ministerpräsident Söder solch vollmundige Sicherheitsversprechungen durch umfassendes Testen macht, müssen die zuständigen Stellen auch in der Lage sein, sie einzuhalten“, kritisiert Deligöz. Die Haushaltsexpertin legt den Finger noch in eine andere Wunde. Nicht zuletzt räche sich nun „die Tatsache, dass auch im finanzstarken Bayern jahrelang die öffentlichen Gesundheitsdienste vernachlässigt wurden“.

    Die FDP fordert den Rücktritt von Gesundheitsministerin Huml

    Bei der FDP ist die Kritik deutlich verhaltener. Auf Landesebene fordert der FDP-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Martin Hagen, via Bild-Zeitung zwar einen Rücktritt – die Forderung richtet sich aber nicht an Söder, sondern an seine Gesundheitsministerin Melanie Huml, der Söder öffentlich das Vertrauen ausgesprochen hat. Die FDP im Bund nimmt Rücktrittsforderungen nicht in den Mund. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion zeigt sich im Gespräch mit unserer Redaktion „über die Nachrichten aus Bayern sehr besorgt“. Denn die wichtigen und notwendigen Testungen machten lediglich dann Sinn, „wenn die Ergebnisse auch zeitnah zur Verfügung stehen und umgehend Maßnahmen ergriffen werden“.

    Auf die Leute in den eigenen Reihen kann sich Söder verlassen. „Ich halte es für bedauerlich, wenn sich Ministerpräsident Söder jetzt persönlich um diese Probleme kümmern muss, obwohl das im Einzelnen gar nicht seine Aufgabe ist“, sagt Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) unserer Redaktion. Es sei offensichtlich, „dass es interessierten Kreisen jetzt nur darum geht, Söder persönlich etwas anzuhängen“, erklärt Nüßlein, der in der Fraktionsspitze das Gesundheitsresort verantwortet. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn springt Söder bei. Es sei nun mal so, „dass in außergewöhnlichen Zeiten auch Fehler passieren“, sagt der CDU-Politiker im ZDF-„Morgenmagazin“ und beruhigt: „Entscheidend ist, dass sie transparent gemacht werden und sie dann schnell behoben werden. Und das macht die bayerische Staatsregierung.“

    Armin Laschet hat am Dienstag die Kanzlerin zu Gast

    Einen aber dürfte es in der Union geben, der ähnlich wie Scholz bei der SPD nicht unglücklich über die Entwicklung in Bayern ist. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet musste sich in den letzten Wochen viel Kritik anhören und sich gefallen lassen, dass Söder die besseren Noten bekam. „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen", hatte Söder vollmundig verkündet. Nun aber hat Laschet, der am Dienstag Kanzlerin Angela Merkel zu Gast hat, mit seiner insgesamt bedächtigeren Art aufholen, wenn nicht gar gleichziehen können.

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