Am Ende flossen im alten Bonner Wasserwerk sogar Tränen – Tränen der Rührung. An einem geschichtsträchtigen Ort, wo zwischen 1986 und 1992 der Deutsche Bundestag tagte und im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung historische Entscheidungen traf, feierte die CDU-nahe Adenauer-Stiftung am Montagabend den langjährigen Helmut Kohl, dessen Wahl zum Regierungschef sich am 1. Oktober zum 30. Male jährt. 1600 Gäste waren gekommen, unter ihnen zahlreiche Weggefährten und Begleiter von einst wie Hans-Dietrich Genscher und Theo Waigel, die die „Ära Kohl“ miterlebt und mitgestaltet haben und seine Leistung als Kanzler der Einheit und der europäischen Integration würdigten.
Das ist Helmut Kohl
Helmut Josef Michael Kohl wurde am 3. April 1930 in Ludwigshafen am Rhein als jüngstes von drei Kindern geboren.
Nachdem er während des Kriegs zeitweise nicht die Schule besuchte, machte Kohl 1950 sein Abitur.
In Heidelberg studierte er ab 1951 Geschichte und Staatswissenschaft.
Nach seiner Promotion arbeitete er in Ludwigshafen unter anderem als Referent beim Verband der Chemischen Industrie.
1960 heiratete Kohl die Fremdsprachensekretärin Hannelore, die er bereits 1948 kennengelernt hatte.
1982 übernahm Helmut Kohl das Amt des sechsten deutschen Bundeskanzlers. 16 Jahre lang blieb er im Amt, länger als jeder andere bisherige Kanzler.
Als "Kanzler der Einheit" ging er in die Geschichte ein. Zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten hat Kohl einen grundlegenden Beitrag geleistet.
Nach seiner Kanzlerschaft gelangten Informationen an die Öffentlichkeit, laut denen Kohl in die CDU-Spendenaffäre verwickelt war.
Kohls Frau Hannelore nahm sich 2001 das Leben. Die Familie hatte nach ihrem Tod keinen Bestand mehr.
Am 8. Mai 2008 heiratete Kohl die um 34 Jahre jüngere Maike Richter. Seine beiden Söhne waren nicht dabei.
Angela Merkel ist Kohls Ziehtochter
Kein Zufall. Der Jahrestag kommt Angela Merkel und ihren Strategen wie gerufen, um nach dem Zerwürfnis in Folge der Parteispendenaffäre 1999/2000 und Jahren der Funkstille den Patriarchen Helmut Kohl symbolträchtig wieder in den Schoß der Unions-Familie aufzunehmen.
Feier zur Versöhnung: Kohl & Merkel
Die Feierstunde war gleichzeitig eine Versöhnungsgeste. Angela Merkel, die 1990 als Kohls „Mädchen“ ihre politische Karriere begonnen hatte, ehe sie sich auf dem Höhepunkt des Spendenskandals von ihm lossagte und damit das Denkmal Kohl vom Sockel stieß, ist inzwischen so stark und unumstritten in der CDU, dass sie sich diese Geste leisten kann.
Mehr noch, Merkels neue Hinwendung zu Helmut Kohl ist nicht ganz uneigennützig. In den eigenen Reihen rumort es, der nüchterne, pragmatische, unideologische Regierungsstil der Kanzlerin behagt nicht allen und gegen ihren europapolitischen Kurs regt sich zunehmend Widerstand. Helmut Kohl, die Verkörperung der guten alten CDU, kommt da gerade recht, um diese Defizite auszugleichen. Er verstand es, den Mitgliedern das Gefühl zu geben, einer großen Familie anzugehören. Vor allem aber gilt er bis heute als großer Europäer.