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Analyse: Ampel handelt nicht? Diese Corona-Maßnahmen könnte Bayern selbst ergreifen

Analyse

Ampel handelt nicht? Diese Corona-Maßnahmen könnte Bayern selbst ergreifen

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    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wirft der Ampel-Koalition Untätigkeit vor. Dabei könnten die Bundesländer Maßnahmen wie Geisterspiele in Stadien selbst erlassen.
    Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wirft der Ampel-Koalition Untätigkeit vor. Dabei könnten die Bundesländer Maßnahmen wie Geisterspiele in Stadien selbst erlassen. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Die Infektionszahlen steigen, der Ton in der Debatte um härtere Corona-Maßnahmen wird rauer. "Die kommende Bundesregierung darf nicht länger tatenlos zuschauen", kritisiert Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die künftige Ampel-Koalition. Zum Schutz des Gesundheitssystems müsse man jetzt das ganze Land noch stärker herunterfahren, betont er. Jeder Tag des Wartens und Zögerns sei ein verlorener Tag. Er nennt vier Forderungen: Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, einen Lockdown in Hotspots, Maskenpflicht in allen Schulen und Fußballspiele ohne Zuschauer.

    Die ersten drei Maßnahmen gelten in Bayern bereits. Forderung Nummer vier aber – die Rückkehr zu "Geisterspielen" – könnte nur einer umsetzen: Markus Söder selbst, gemeinsam mit seiner bayerischen Staatsregierung und mithilfe seiner Koalitionsmehrheit im Landtag. Möglich ist, dass sich Söder dafür erst bei Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und dessen Fraktion durchsetzen muss – doch dann trüge die nach Berlin gerichtete Kritik der Untätigkeit den falschen Adressaten.

    Welche Corona-Maßnahmen die Länder erlassen können ist im neuen Infektionsschutzgesetz geregelt, das der Bundestag kürzlich unter Kritik der Unionsparteien beschlossen hat. Im Bundesrat gaben die unionsgeführten Länder dafür grünes Licht. Tatsächlich sind die Handlungsmöglichkeiten der Länder seitdem enger gefasst. Schulen und Kitas können die Länder nicht mehr schließen, solange der Bundestag nicht wieder eine epidemische Lage nationaler Tragweite beschließt. Ausgangsbeschränkungen – eine solche Maßnahme in Bayern hat der Verwaltungsgerichtshof nachträglich für unverhältnismäßig erklärt – hätten dieselbe Voraussetzung. Auch Reisen und Übernachtungsangebote dürfen die Länder vorerst nicht mehr verbieten, ebenso wenig den Einzelhandel oder die Gastronomie schließen. Doch das bedeutet nicht, dass der Staatsregierung rechtlich keine Mittel mehr im Kampf gegen Corona bleiben.

    Söders Staatsregierung schöpft ihre rechtlichen Möglichkeiten im Kampf gegen Corona nicht aus

    Die Regierungen der Bundesländer können die Zuschauerzahl bei Sportveranstaltungen begrenzen. Diese Möglichkeit hat Söders Kabinett genutzt, Stadien dürfen nur noch ein Viertel ihrer eigentlichen Zuschauerkapazität aufnehmen. Aber Söder hätte rechtlich noch weiter gehen können. Sportveranstaltungen dürfen die Länder nämlich nach wie vor untersagen oder beschränken, wie Andrea Kießling auf Twitter schreibt.

    Sie lehrt Öffentliches Recht an der Ruhr-Universität Bochum und ist Herausgeberin eines Standardwerks zum Infektionsschutzgesetz. Dafür benötigen die Regierungen allerdings einen Beschluss des Landesparlaments. Im Fall Bayern stellt Söders Koalition aus CSU und Freien Wählern die Mehrheit. Zwar sieht das neue Gesetz auch vor, dass Veranstaltungen eigentlich nicht beschränkt oder abgesagt werden dürften. Dabei seien aber nur grundrechtlich besonders geschützte Veranstaltungen wie etwa Demonstrationen erfasst, nicht Sportveranstaltungen.

    Corona-Regeln in Bayern: Diese Maßnahmen gegen das Virus liegen in Händen der Staatsregierung

    Mit einer Entscheidung des Bayerischen Landtags könnte Söder für Bayern weitere Maßnahmen ergreifen, die bislang nicht genutzt wurden – ganz unabhängig davon, was eine Ampel-Koalition in Berlin tut oder nicht tut. Die Staatsregierung könnte Kontaktbeschränkungen auf Geimpfte und Genesene ausweiten sowie Freizeit- und Kulturbetriebe schließen.

    Ob Hochschulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung wie Volkshochschulen geöffnet bleiben, liegt allein in den Händen des Freistaats. Außerdem könnte der Zutritt zu Einrichtungen wie Krankenhäusern und Seniorenheimen untersagt werden - gegenüber engen Angehörigen von Bewohnerinnen oder Patienten ginge das aber rechtlich nur als letztes Mittel. Derzeit gelten in solchen Einrichtungen bereits bestimmte Testpflichten.

    Bis vor kurzem hatten die Bundesländer noch alle Möglichkeiten

    Allerdings bestand die epidemische Notlage, die den Ländern all dies ermöglicht hätte, bis vor wenigen Tagen. Sie endete am 25. November. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Landesregierungen etwa Ausgangssperren erlassen können. Sie hätten dann noch bis Mitte Dezember gegolten. Söders Regierung hat drei Tage vorher neue Regeln erlassen. Zu diesem Zeitpunkt also hätte sie bei der Wahl der Maßnahmen absolut freie Hand gehabt. Und wenn es um Maßnahmen wie Fußballspiele ohne Zuschauerinnen und Zuschauer geht, hat sie es eben noch immer.

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