Der Prozess gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden muss neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob das Urteil gegen den 53-Jährigen auf. Als Begründung nannten die Richter Verfahrensfehler: Die Verteidigung habe keine Gelegenheit gehabt, eine Familientherapeutin als wichtige Zeugin zu befragen, heißt es in dem Beschluss. Der BGH verwies das Verfahren an das Landgericht Stuttgart zurück.
Vater hatte die Tatwaffe in einem unverschlossenen Schrank aufbewahrt
Das Gericht hatte den Vater des Amokläufers Tim K. im Februar vergangenen Jahres unter anderem wegen fahrlässiger Tötung in 15 Fällen zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Sein Sohn hatte am 11. März 2009 in seiner früheren Realschule in Winnenden (Baden-Württemberg) und auf der Flucht 15 Menschen und sich selbst erschossen. Die Tatwaffe hatte sein Vater zuvor unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt.
Jens Rabe, Anwalt einiger Nebenkläger, reagierte am Montag auf den BGH-Beschluss mit Unmut: "Das ist sehr ärgerlich und für die Angehörigen sehr belastend." Vom BGH selbst war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten; ebenso wenig wie von den beiden Anwälten des Vaters: Ihnen liege der Beschluss noch nicht vor, sagten Hans Steffan und Hubert Gorka.
Anwalt: Gericht müsste den Vater auch im neu aufgerollten Prozess verurteilen
Da sich der BGH in seiner Begründung lediglich auf einen Verfahrensfehler bezieht, geht Rabe davon aus, dass das Gericht den Mann auch bei dem neu aufgerollten Prozess wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilen müsste.
In der Gerichtsverhandlung hatten die Richter auch eine Therapeutin befragt, die die Familie des Amokläufers am Tattag betreut hatte und ihr auch später noch beistand. Sie hatte sich bei ihrer Aussage in Widersprüche verwickelt und sich dann auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen. Dass die Verteidigung zu keiner Zeit Gelegenheit hatte, die Zeugin zu befragen, sei zu Recht beanstandet worden, so die BGH-Richter.
Die Verteidiger des Vaters hatten gegen das Urteil im Juni 2011 beim BGH Revision eingelegt. dpa