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Amnesty International: Foltervorwürfe gegen libysche Rebellen

Amnesty International

Foltervorwürfe gegen libysche Rebellen

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    Gaddafis Regime war für seine Brutalität berüchtigt. Doch die neuen Herren in Libyen haben laut Amnesty International auch keine rein weiße Weste. Die Organisation mahnt, die Menschenrechte zu achten.
    Gaddafis Regime war für seine Brutalität berüchtigt. Doch die neuen Herren in Libyen haben laut Amnesty International auch keine rein weiße Weste. Die Organisation mahnt, die Menschenrechte zu achten. Foto: dpa

    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die libyschen Rebellen ermahnt,  Menschenrechtsverletzungen ihrerseits einzustellen. Oppositionskämpfer hätten Anhänger des Gaddafi-Regimes "entführt, willkürlich festgehalten, gefoltert und gemordet", teilte Amnesty International am Dienstag in London mit. Bei den misshandelten Anhängern Gaddafis handelte es sich dem Bericht zufolge um Mitglieder seiner Sicherheitskräfte, vermeintliche Verbündete, gefangengenommene Soldaten sowie  Ausländer, die irrtümlich für Söldner gehalten worden seien.

    Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

    Der Bericht listet konkrete Vergehen auf, betont aber zugleich, dass  sie nicht mit dem Ausmaß der Verbrechen unter Gaddafi vergleichbar seien. In den Tagen des Aufstands hätten aber funktionierende Institutionen gefehlt. Das Vakuum hätten die Anti-Gaddafi-Kämpfer ausgefüllt, die ohne Training und Erfahrung sowie ohne Aufsicht oder Verantwortlichkeiten vorgingen.

    Der Nationale Übergangsrat stehe nun vor der schwierigen Aufgabe,  betroffene Kämpfer zur Rechenschaft zu ziehen, schrieb Amnesty weiter. Er sei für "schwere Menschenrechtsverletzungen, mögliche Kriegsverbrechen eingeschlossen", verantwortlich. Dem Übergangsrat  warf Amnesty vor, die Vergehen zwar zu verurteilen, "ihr Ausmaß und  ihre Schwere" aber herunterzuspielen.

    Insbesondere kritisierte die Menschenrechtsorganisation den Rat  dafür, dass er nicht auf Gerüchte reagiere, nach denen Gaddafi  Schwarzafrikaner als Söldner angeheuert habe. Libyer schwarzafrikanischer Herkunft sowie aus den Regionen Tawargha und Sabha oder den Gaddafi-Hochburgen Sirte und Bani Walid seien daher weiterhin besonders durch Racheakte gefährdet.

    Neue Standards für Libyen mit Menschenrechten im Mittelpunkt

    Ohne ein funktionierendes Justizsystem und ohne interessierte Zivilgesellschaft oder Medien hätten Opfer keine Chance auf Gehör. 42 Jahre nach dem Ende der brutalen Unterdrückung und nach fast sieben Monaten des Konflikts in Libyen steht der Übergangsrat nach Worten von Amnesty International heute großen Herausforderungen gegenüber.

    "Die neuen Autoritäten müssen mit den Missständen der vergangenen vier Jahrzehnte vollständig Schluss machen und neue Standards setzen, mit den Menschenrechten im Mittelpunkt", sagte Claudio Cordone von Amnesty International. Die Verantwortlichen für Grausamkeiten unter dem Gaddafi-Regime müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Es müssten aber für Verbrecher auf beiden Seiten die gleichen, internationalen Standards gelten, sonst drohe ein Teufelskreis aus Gewalt und Vergeltung.

    Sorge um Flüchtlinge

    Die US-Regierung zeigte sich insbesondere über die Berichte zur  Lage von schwarzafrikanischen Flüchtlingen in Libyen besorgt.  Niemand dürfe wegen seiner Hautfarbe oder seiner Nationalität  "festgehalten oder drangsaliert" werden, erklärte eine Sprecherin  des Außenamts am Montag in Washington. Zugleich teilte sie mit,  dass die US-Botschaft in Tripolis bald wieder eröffnet werden solle.

    Die Internationale Organisation für Migration teilte am Dienstag  mit, dass in der südlibyschen Stadt Sebha, die sich noch immer in  der Hand von Anhängern Gaddafis befindet, inzwischen bis zu 3000  Flüchtlinge in einem Lager festsäßen. Etwa zwei Drittel von ihnen  kommen demnach aus dem Tschad. In der Stadt werde geschossen, es  gebe weder Wasser noch Nahrung, hieß es.

    Neue Gesetzgebung Libyens nach islamischen Vorgaben

    Die neue libysche Führung kündigte an, die neue Gesetzgebung im Land an islamischen Vorgaben ausrichten zu wollen. "Wir sind  Muslime, treten für einen moderaten Islam ein und werden diesen Weg  weitergehen", sagte der Chef des Nationalen Übergangsrats, Mustafa  Abdel Dschalil, am späten Montag in seiner ersten Rede vor  tausenden Anhängern in Tripolis. "Wir werden aber keine  extremistischen Ideologien, gleich ob von links oder rechts,  zulassen." Nach der Einnahme von Tripolis vor rund drei Wochen war Dschalil am Samstag erstmals in die Hauptstadt gereist.

    Die Regierung von Mali kündigte an, ein mögliches Ersuchen Gaddafis um Asyl prüfen zu wollen. Sein Antrag solle "wie jeder andere" behandelt werden, sagte Außenminister Soumeylou Boubèye  Maïga. Das US-Außenamt hatte zuvor mitgeteilt, dass der Niger Gaddafis dorthin geflohenen Sohn Saadi festnehmen wolle. Gaddafi  selbst befindet sich weiter auf der Flucht. dpa, afp

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