Die „Alternative für Deutschland“ ist vor zwei Jahren aus dem Nichts aufgetaucht. Sie hat den Einzug in den Bundestag knapp verfehlt, ist jedoch in drei ostdeutsche Landtage und ins Europäische Parlament eingezogen. Aus einem „Professoren-Verein“, der gegen die Währungsunion kämpfte, ist eine Protestpartei geworden, die mit Erfolg in den Revieren sogenannter etablierter Parteien wildert.
Noch ist nicht entschieden, ob sich die AfD rechts von der Mitte auf Dauer behaupten kann. Sie befindet sich inmitten jenes Häutungsprozesses, den jede neue Partei durchmacht und der sowohl in den Untergang (siehe die „Piraten“) als auch auf einen Stammplatz im Bundestag führen kann.
Die Chancen der AfD sind besser denn je
Die AfD ist eine streitlustige und zerstrittene, auch von Sektierern und Querulanten bevölkerte Partei, die weder ein klares Programm noch berechenbare Führungsstrukturen hat. Sie ist ein Sammelbecken für nationalkonservative, rechtsliberale, Euro-kritische, enttäuschte Bürger, die ein diffuses Gefühl des Unbehagens über die vorherrschende Politik eint und die sich im politischen System nicht mehr vertreten fühlen.
Die Pegida-Bewegung, die etliche Schnittmengen mit der AfD aufweist und deren islamfeindliche Stoßrichtung zumindest in Teilen der AfD auf offene Ohren stieß, hat sich ins Abseits demonstriert und ist am Implodieren. Die Chancen der „Alternative für Deutschland“, einen festen Platz im Parteiengefüge der Republik zu erobern, sind intakt und besser denn je – jedenfalls dann, wenn es bei der vom Parteitag beschlossenen Beförderung Bernd Luckes zum alleinigen Chef bleibt und das chaotische Hauen und Stechen beendet wird.
Der Wähler will nun mal wissen, wer für die Partei steht und redet. Sollte also Lucke, das bekannteste Gesicht der AfD, seinen Führungsanspruch durchsetzen und auch hinsichtlich des Kurses der Partei ein Mindestmaß an Geschlossenheit herstellen können, dann – und nur dann – ist mit der AfD auch in Zukunft zu rechnen.
Das Potenzial für eine Partei rechts der Union ist vorhanden
Das Wählerpotenzial für eine parlamentarische Kraft an der rechten Flanke von CDU und CSU ist ja vorhanden. Da ist der wachsende Verdruss vieler Bürger über die Politik und den Parteienstaat. Da ist der Ärger darüber, dass Meinungen jenseits der immer breiter gewordenen Konsenszone mit Etiketten wie „rechtsradikal“ abgetan und entsorgt werden. Da ist die Sorge, dass die Euro-Rettungspolitik die Ersparnisse aufzehrt. Da ist die Kritik daran, dass die Steuerpolitik Großkonzerne schont, die kleinen Leute und die Mittelständler hingegen schröpft. Da ist die Angst vor einer ungesteuerten Einwanderung und einem Verlust an Innerer Sicherheit. Da ist der Frust konservativer Menschen über die moderat-sozialdemokratische, dem Zeitgeist angepasste Politik Merkels. Und so weiter und so fort.
Man sieht: viel Stoff für eine Partei wie die AfD. Und warum sollte in der deutschen Parteienlandschaft kein Platz sein für eine gemäßigte rechte Partei? Die Demokratie ginge davon nicht unter; sie erträgt ja auch den „Populismus“ von Links.
Es ist Platz für eine gemäßigte Rechte, wohlgemerkt – nicht für eine, die im Stile Pegidas Fremdenfeindlichkeit schürt, antiwestliche Ressentiments bedient und am liebsten eine Mauer um Deutschland herum errichten würde. Die entscheidende Frage ist daher, ob die AfD mit Lucke den Weg einer Euro-kritischen, wirtschaftsliberalen, gesellschaftspolitisch konservativen Partei geht oder ins nationale Fahrwasser jener gerät, die es mit der Abgrenzung zu rechtsradikalen Positionen nicht so genau nehmen, kein weltoffenes, liberales Land wollen und im trüben rechten Sumpf fischen. Geschieht Letzteres, wird sich die AfD als kurzlebiges Phänomen erweisen.
Auf die Abgrenzung zu Rechtsradikalen kommt es an