Die AfD im Höhenflug: Wenn in diesen Tagen die Spitzengremien der Regierungsparteien tagen, herrscht meist Krisenstimmung. Ganz anders sieht es in der Berliner Bundesgeschäftsstelle der Alternative für Deutschland aus. Hier wird bei starkem Kaffee gescherzt und gelacht.
Kein Wunder: Jüngste Umfragen sehen die Rechtspartei, die in der Flüchtlingskrise vor allem auf Grenzkontrollen und Abschiebung setzt, bundesweit bei zehn bis elf Prozent. Dass die Alternative für Deutschland bei den Wahlen im März in die Landtage von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt einziehen wird, gilt als sicher.
Um diesen ungebremsten Höhenflug nicht zu stoppen, haben sich die Streithähne in der Partei entschlossen, ihre Machtkämpfe und Meinungsverschiedenheiten erst einmal unter dem Deckel zu halten. Auch die Parteivorsitzende Frauke Petry hat ihre Bemühungen, den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke loszuwerden, zurückgestellt.
Höcke mag von seinen Stammtischparolen zwar immer noch nicht ablassen. Erst am vergangenen Mittwoch forderte er bei einer Kundgebung, die Bundeskanzlerin solle "in der Zwangsjacke aus dem Bundeskanzleramt abgeführt werden". Mit Äußerungen, die seiner Partei den Vorwurf des Rassismus eintragen, hält sich der Vorsitzende der Thüringer AfD aber momentan zurück.
"Ich glaube, es ist allen klar, wie wichtig die anstehenden Landtagswahlen sind", erklärt Petry. Dass es bis zum nächsten Parteitag, der Ende April in Stuttgart stattfinden wird, ruhig bleibt, kann sie trotzdem nicht garantieren. Petry sagt: "Ganz ohne Krawall geht es nicht, ein gewisses Grundrauschen ist immer da."
Die etablierten Parteien haben lange Zeit gehofft, die AfD, die 2013 von liberalen Euro-Kritikern und Anhängern der Neuen Rechten gegründet wurde, werde schon bald an ihren inneren Widersprüchen zerbrechen. Danach sieht es im Moment nicht aus. Selbst die Abspaltung des liberal-konservativen Flügels um Parteigründer Bernd Lucke im vergangenen Juli hat der AfD nicht geschadet.
"Das Erstarken der AfD ist zutiefst besorgniserregend", sagt der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Anton Hofreiter. Für ihn ist die AfD eine "Partei des rechten Randes", die von einer immer hysterischeren Debatte über Flüchtlinge und Migration profitiere. Daran tragen aus seiner Sicht große Teile der Union, aber immer mehr auch die SPD eine Mitschuld. Hofreiter sagt: "Mit populistischen Äußerungen und stimmungsgetriebenem Aktionismus machen sie rassistische Vorurteile salonfähig."
Hofreiter: "Das Erstarken der AfD ist zutiefst besorgniserregend"
Der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Jan Korte, geht noch einen Schritt weiter. Er behauptet, SPD-Chef Sigmar Gabriel, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) veranstalteten in Sachen Flüchtlingspolitik einen "AfD-Ähnlichkeitswettbewerb".
Darüber, wie man die lästige Konkurrenz von rechts am wirksamsten bekämpfen kann, gehen die Meinungen auseinander. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein Stellvertreter Nils Schmid von der SPD haben es kürzlich abgelehnt, zu einer TV-Runde mit dem AfD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Jörg Meuthen, zu erscheinen. Auch viele Unionspolitiker halten "Ignorieren" für den besten Weg.
CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sagt, "wer glaubt, die richtige Strategie in der Flüchtlingskrise wäre, einfach nur die Grenzen dichtmachen und Ausländer rauswerfen, der wird wohl jetzt einmal die AfD wählen". Das müsse die Union dann einfach "aushalten".
Nur schwer auszuhalten ist der kometenhafte Aufstieg seiner Ex-Partei für Bernd Lucke. Dessen neue Partei Alfa hat ein "Moratorium" für die Aufnahme von Flüchtlingen gefordert, wird in aktuellen Umfragen aber nicht einmal erwähnt. Er sagt: "Die Enttäuschten sollten sich überlegen, ob nicht Alfa eine bessere Wahl ist als ein Protestvotum für die AfD." dpa