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Allgäu: Neuer Antisemitismus-Skandal in der AfD

Allgäu

Neuer Antisemitismus-Skandal in der AfD

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    Angekommen: Peter Felser (Mitte) ist stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Bundestag.
    Angekommen: Peter Felser (Mitte) ist stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Bundestag. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Peter Felser ist keiner von den enttäuschten Konservativen, die sich der AfD angeschlossen haben, weil ihnen die Union zu links geworden ist. Der Bundestagsabgeordnete aus dem Allgäu begeisterte sich schon für Rechtspopulisten, als der heutige AfD-Chef Jörg Meuthen noch ein Liberaler war. Anfang der 90er Jahre war Felser Mitglied der Republikaner, die damals vom Verfassungsschutz beobachtet wurden. Und nicht nur das: Seine Kemptener Firma produzierte 2001 und 2003 sogar Wahlwerbung für die rechtsradikalen Republikaner. Diese Spots bringen ihn nun in Erklärungsnot. Weil sie antisemitisches und volksverhetzendes Gedankengut enthielten, durften sie nicht ausgestrahlt werden.

    Peter Felser ist kein Hinterbänkler. Der 48-jährige PR-Berater, Diplom-Pädagoge und Bundeswehr-Offizier gehört als stellvertretender Fraktionschef zu den führenden Köpfen der AfD im Bundestag. Dass der gebürtige Dillinger nun Hauptfigur in einem neuen Antisemitismus-Skandal wurde, hat er einem Mitstreiter aus alten Zeiten zu verdanken. Der Mann heißt Haymo Hoch. Er ist bekennender Rechtsradikaler, war einmal eine große Nummer bei den hessischen Republikanern und er verfügt über ein gut sortiertes Archiv. Journalisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gewährte er nun einen Blick in die angestaubten Akten – und damit in die Vergangenheit des AfD-Politikers.

    Felsers Firma lieferte auch die Drehbücher

    Die Firma wk&f, die Felser bis heute als Geschäftsführer leitet, drehte die radikalen Fernsehspots demnach nicht nur, sie lieferte auch die Drehbücher dafür. Darin wird der Bundesregierung vorgeworfen, die Fördermittel für den Zentralrat der Juden zu verdreifachen. Darin wird mit dem Wort „VORSICHT“ in roten Buchstaben vor Michel Friedman gewarnt und die Frage in den Raum gestellt, ob das damalige Vorstandsmitlied des Zentralrats der Juden Deutschland heimlich mitregiere. Darin werden Plakate mit der Aufschrift „Den Holocaust hat es nie gegeben“ gezeigt, die ursprünglich Teil einer Kampagne gegen Antisemitismus waren – doch in diesem Spot werden die Bilder mit der Einblendung „Keiner durfte bisher behaupten:“ anmoderiert.

    Für das Oberverwaltungsgericht Berlin war die Sache klar: Passagen der Wahlwerbung hatten nach Ansicht der Richter „eindeutig antisemitischen Charakter“ und vermittelten den Eindruck man dürfe nun behaupten, es habe den Holocaust nie gegeben. Das Gericht gab damit dem Sender Freies Berlin (SFB) Recht, der es 2001 abgelehnt hatte, den ersten Spot zu verbreiten – wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Der Hessische Rundfunk lehnte 2003 auch den zweiten von Felsers Firma produzierten Republikaner-Film ab, weil er „geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören und zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt“. Für die Republikaner waren die unbrauchbaren Werbespots eine Fehlinvestition. Für Felser werden sie 14 Jahre später zum Problem.

    Felser: Ich bin kein Antisemit

    Peter Felser hat es in der AfD weit gebracht.
    Peter Felser hat es in der AfD weit gebracht. Foto: Ralf Lienert (Archiv)

    Im Gespräch mit unserer Redaktion versicherte der AfD-Abgeordnete am Dienstag, er könne sich nicht daran erinnern, dass die Beiträge in seinem Unternehmen produziert worden seien, und dass er daran maßgeblich beteiligt gewesen sei. Zur Einschätzung des Gerichts, der Werbespot könne „nur dahin verstanden werden kann, dass mit ihm der Holocaust gebilligt, geleugnet oder verharmlost werden soll“, sagte Felser, er kenne dieses Urteil nicht. Gleichzeitig räumte er ein: „Die Sache ist mit meiner Firma gelaufen, und dafür muss ich die Verantwortung als Geschäftsführer übernehmen.“ Er bereue den Spot, „denn in der Tat konnte man ihn als Leugnung des Holocausts missverstehen“. Felser will den Sachverhalt nun prüfen und betont: „Ungeachtet dessen bin ich damals kein Antisemit gewesen und bin das selbstverständlich auch heute nicht.“

    Für die AfD ist es nicht der erste Skandal dieser Art. Besonderes Aufsehen erregte der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon. Weil er antisemitische Schriften verfasst hatte, musste er nach einem Machtkampf mit Parteichef Meuthen die Fraktion verlassen, die sich zeitweise in zwei Lager gespalten hatte. Nun könnte der Fall Felser neue Diskussionen darüber auslösen, wie ernst es die AfD mit der Abgrenzung von radikalen Kräften meint. Dass die Vergangenheit des Allgäuers gerade jetzt öffentlich wurde, hat wohl auch mit gekränkter Eitelkeit zu tun. Der Ex-Republikaner Hoch, der die Geschichte aus seinem Archiv kramte, scheint es nicht zu ertragen, dass der AfD das gelang, woran seine frühere Partei stets scheiterte: der Einzug in den Bundestag. „Ich wundere mich darüber, dass Scharfmacher, die uns nur Probleme bereitet haben, nun bei der AfD Karriere machen“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und fügte hinzu: „Allmählich habe ich den Eindruck, dass die AfD viel radikaler ist, als wir jemals waren.“

    Ob die Sache für Felser persönliche Konsequenzen haben wird, ist noch offen. Der Mann, der auf seiner Internetseite zum Pathos neigt und betont, als Offizier fühle er sich nach wie vor seinem Eid verpflichtet, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen, war bislang nicht durch besonders radikale Positionen aufgefallen. Er gilt in der AfD als gut vernetzt und lotste im Wahlkampf Parteigrößen wie Alice Weidel, Beatrix von Storch oder Jörg Meuthen zu Auftritten in seinen Wahlkreis. Ob ihm diese Kontakte jetzt helfen?

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