Bei der umstrittenen Wiederholung der Präsidentenwahl ist es in einigen Teilen Kenias zu Straßenschlachten und Blockaden von Wahllokalen gekommen. Unterstützer der Opposition, die die Abstimmung boykottierte, demonstrierten und warfen unter anderem in Kibera, einem Slum der Hauptstadt Nairobi, mit Steinen. Die Polizei ging mit Tränengas gegen Demonstranten in Kibera und der westlichen Stadt Kisumu vor.
Der Tag der Neuwahl werde als „Tag der Schande“ in die Geschichte eingehen, teilte Oppositionsführer Raila Odinga mit. Der 72-Jährige, der in der ersten Wahl dem amtierenden Präsidenten Uhuru Kenyatta unterlegen war, hatte seine Kandidatur zurückgezogen und zum Boykott der Wahl aufgerufen. „Wir sehen heute eine bizarre Situation, in der ein Präsident ohne Wahl eingesetzt wird“, sagte er. Der seit 2013 amtierende Kenyatta bat, die Kenianer wählen zu lassen. „Wir sind als Land müde und wollen uns nach vorne bewegen“, sagte der 56-Jährige.
In einigen Oppositionshochburgen im Land wurde teilweise gar nicht gewählt. Im Bezirk Migori etwa hätten keine Stimmzettel und Ausrüstung für Wahllokale verteilt werden können, sagte ein örtlicher Beamter. Im Bezirk Siaya stürmten Anwohner ein Wahllokal und verbrannten Stimmzettel. Zudem hatten Unterstützer der Opposition in Kisumu, Kibera und Mombasa die Eingänge oder Zufahrten zu Wahllokalen blockiert. In Kisumu kamen zwei Menschen ums Leben. Einer war zusammengeschlagen worden, der andere wies eine Schussverletzung auf. Einen weiteren Todesfall, der mit der Wahl zusammenhängt, gab es in Homa Bay. Die Lage sei dennoch weitgehend unter Kontrolle, behauptete Kenias Polizeichef Joseph Boinnet. Nur in vier Bezirken – im Westen des Landes und in Nairobi – gebe es Probleme.
Obwohl die meisten Wahllokale in Nairobi offen waren, waren deutlich weniger Wähler zu sehen als bei der ersten Abstimmung im August. Anstatt langer Schlangen waren am Morgen nur vereinzelt Menschen zu sehen, die ihre Stimmen abgaben. Allerdings gilt mit Odingas Boykott Kenyatta als sicherer Sieger – den restlichen sechs Kandidaten wird keine Chance eingeräumt.
Nach der ersten Wahl am 8. August war Kenyatta zum Sieger erklärt worden. Odinga focht die Abstimmung vor Gericht an und das Oberste Gericht annullierte diese überraschend. Als Grund wurden schwerwiegende Fehler der Wahlkommission genannt. Als die Kommission jedoch – aus Sicht von Odinga – nicht seine Forderung nach Reformen erfüllte, zog er sich von der Wahlwiederholung zurück.
Wahlen in Kenia waren in der Vergangenheit oft mit ethnischen Spannungen und Gewalt verbunden. Nach der Abstimmung 2007 wurden mehr als 1000 Menschen getötet und rund 150000 in die Flucht getrieben. (dpa)