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Afghanistan: Afghanistan versinkt im Chaos - und Deutschland läuft die Zeit davon

Afghanistan

Afghanistan versinkt im Chaos - und Deutschland läuft die Zeit davon

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    Taliban-Kämpfer in Mehtarlam, Hauptstadt der afghanischen Provinz Laghman.
    Taliban-Kämpfer in Mehtarlam, Hauptstadt der afghanischen Provinz Laghman. Foto: XinHua, dpa

    Dramatische Szenen auf dem Flughafen von Kabul: Nach der schnellen Machtübernahme der Taliban in Afghanistan versuchten tausende Menschen verzweifelt, in Flugzeuge zu gelangen. Zahlreiche Nationen flogen ihre Staatsangehörigen und einheimischen Helfer ins rettende Ausland. Auch die Bundeswehr hat mehrere Maschinen geschickt. Es ist die bislang wohl größte Mission dieser Art der Truppe – und eine besonders brisante. „Fest steht: Es ist ein gefährlicher Einsatz für unsere Soldatinnen und Soldaten“, schrieb das Verteidigungsministerium am Montag auf Twitter.

    Deutschland will 10.000 Menschen aus Afghanistan evakuieren

    Wenige Wochen nach dem Abzug der USA und ihrer Verbündeten wird aktuell nur noch der militärische Teil des Flughafens in Kabul geschützt. Zwar will die Bundesregierung, solange es die Lage zulässt, so viele Menschen wie möglich herausholen – Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht von 10.000 Menschen, afghanische Ortskräfte der Bundeswehr und ihre Familien. Doch bis wann die US-Kräfte überhaupt noch da sind, um einen sicheren Flugbetrieb zu gewährleisten, darüber gibt es keine Angaben.

    Ein Transportflugzeug vom Typ Airbus A400M der Luftwaffe hebt am frühen Morgen auf dem Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover ab. Angesichts des rasanten Vormarschs der Taliban in Afghanistan will die Bundeswehr mit der Evakuierung deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte aus Kabul beginnen.
    Ein Transportflugzeug vom Typ Airbus A400M der Luftwaffe hebt am frühen Morgen auf dem Fliegerhorst Wunstorf in der Region Hannover ab. Angesichts des rasanten Vormarschs der Taliban in Afghanistan will die Bundeswehr mit der Evakuierung deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte aus Kabul beginnen. Foto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

    Nach Informationen unserer Redaktion aus dem Verteidigungsministerium sind noch rund 400 afghanische Mitarbeiter der Bundeswehr im Land, denen die blutige Rache der Taliban droht. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) zeigte sich im Gespräch mit unserer Redaktion erleichtert, dass 13 deutsche und internationale Angehörige der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit ausgeflogen werden konnten. Daneben gebe es aber rund 1000 afghanische Ortskräfte in laufenden Projekten der Entwicklungshilfe, die mit ihren Familienangehörigen gerettet werden müssten, sagte Müller. Ebenso sollten auch frühere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden. "Die afghanischen Ortskräfte der Entwicklungshilfe werden bei der Ausreise gleich behandelt, wie die der Bundeswehr", sagte er. Bei der Evakuierung Kabuls dürften aber auch "engagierte Menschenrechtlerinnen und Journalistinnen nicht vergessen werden". Wie zahlreiche andere Politiker rechnet auch Müller mit massiven Flüchtlingsbewegungen durch den Siegeszug der Taliban. Er forderte: "Wir brauchen eine konzertierte europäische Kraftanstrengung zur Flüchtlingshilfe in den Nachbarstaaten."

    Vormarsch der Taliban hat den Westen offenbar völlig überrascht

    Der rasante Vormarsch der Taliban hatte die Regierung ebenso wie die US-Administration offenbar völlig überrascht. Verteidigungsstaatssekretär Thomas Silberhorn (CSU) sagte unserer Redaktion: "Präsident Ghani hat noch am Sonntag eine neue Mobilisierung angekündigt und am gleichen Tag Kabul ohne jede Verteidigungslinie verlassen." Die Bundeswehr, die Afghanistan Ende Juni verlassen hatte, "geht jetzt nochmal rein, um zu retten, wer noch zu retten ist. " Die eigenen Ortskräfte seien bereits zu 80 Prozent in Deutschland. "Für alle anderen tun unsere Soldaten ihr Bestes."

    Die Opposition kritisierte die Regierung scharf. Linksfraktions-Geschäftsführer Jan Korte sagte unserer Redaktion, kaum seien die Truppen aus dem Land heraus, reagiere wieder der Terror. Außenminister Heiko Maas (SPD) und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hätten mit "ihrer naiven Sicht auf die Entwicklung in Afghanistan" unnötig Menschenleben in Gefahr gebracht. Nach der verheerenden Bilanz von 20 Jahren Afghanistan-Einsatz sei die Regierung der Bevölkerung eine Erklärung schuldig.

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