Christian Wulff, bis Februar als Bundespräsident der erste Mann im Staate, schweigt. Olaf Glaeseker, bis Dezember vergangenen Jahres nicht nur sein Sprecher, sondern auch sein engster Vertrauter, Berater und Freund, schweigt ebenfalls. Und auch die Staatsanwaltschaft Hannover, die gegen die beiden Ermittlungsverfahren eingeleitet hat, hüllt sich in Schweigen und will zu dem laufenden Verfahren keine Stellung nehmen. Gleichwohl dringen immer wieder Details aus den Befragungen und Recherchen der Staatsanwaltschaft ans Licht der Öffentlichkeit, weil ausgewählte Medien gezielt mit Informationen versorgt werden, die nur Insider kennen können.
Zu besichtigen ist das Ende einer Männerfreundschaft, der tiefe Bruch einer Beziehung, die mehr war als ein reines Arbeitsverhältnis zwischen Chef und Untergebenem. Christian Wulff und Olaf Glaeseker waren seit 1999, als der gelernte Journalist Glaeseker das Bonner Büro unserer Zeitung verließ und Sprecher des damaligen niedersächsischen Oppositionsführers wurde, Brüder im Geiste. Sie vertrauten sich blind und traten wie siamesische Zwillinge auf. Die Familien verbrachten sogar ihre Urlaube gemeinsam. Glaeseker zog im Hintergrund die Strippen und sorgte dafür, dass sein Freund in den Medien glänzte, während dieser politische Karriere machte: niedersächsischer Ministerpräsident, stellvertretender CDU-Chef, schließlich Bundespräsident. Und stets war Glaeseker an seiner Seite.
Doch im Dezember vergangenen Jahres war plötzlich Schluss mit der Männerfreundschaft. Wulff, der sich schweren Vorwürfen ausgesetzt sah, private und dienstliche Belange vermischt und Geschäftsfreunden politische Vorteile beschafft zu haben, entließ Glaeseker wenige Tage vor Weihnachten. Denn auch sein Sprecher war ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten.
In seiner Zeit als Regierungssprecher in Hannover soll er Sponsoren für den „Nord-Süd-Dialog“ zwischen den Landesregierungen von Niedersachsen und Baden-Württemberg angeworben haben. Organisiert wurde die Veranstaltung von Partyveranstalter Manfred Schmidt. Im Gegenzug habe Glaeseker mehrfach zusammen mit seiner Frau kostenlos Urlaub in Schmidts luxuriöser Ferienwohnung an der spanischen Mittelmeerküste gemacht.
Doch Wulff will davon nichts gewusst haben. Bei einer knapp dreistündigen Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft im Juni, so ist nun an die Öffentlichkeit gedrungen, ging der Ex-Präsident auf Distanz zu seinem Freund und Berater und habe ihn schwer belastet. Die Vorgänge um den Nord-Süd-Dialog seien ohne sein Wissen erfolgt, Glaeseker habe im Alleingang gehandelt. Die Sponsorenakquise sei gegen seinen Willen erfolgt. Und wo dieser seine Urlaube verbrachte, habe ihn nicht interessiert, mit Manfred Schmidt habe er nichts zu tun gehabt.
Verteidigung ist über Wulffs Aussagen verwundert
Das allerdings will Glaeseker nicht auf sich sitzen lassen. Seine Anwälte teilten der Öffentlichkeit mit, sie seien über Wulffs Aussagen „verwundert“ und „in hohem Maß irritiert“. Man finde sie „befremdlich, da sie nicht mit dem Kenntnisstand der Verteidigung auch nur ansatzweise in Erklärung zu bringen sind“. Auf gut Deutsch heißt dies: Wulff lügt. Ein schwerwiegender Vorwurf.
Wer also sagt die Wahrheit, Wulff oder Glaeseker? Es droht eine in der Öffentlichkeit ausgetragene Schlammschlacht. Jeder kämpft für sich allein, um seine Haut zu retten. Für eine Männerfreundschaft ist da kein Platz mehr.