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Affäre Edathy: Ex-Politiker Edathy muss wegen Kinderpornos vor Gericht

Affäre Edathy

Ex-Politiker Edathy muss wegen Kinderpornos vor Gericht

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    Sebastian Edathy ist mit seiner Verfassungsbeschwerde gescheitert.
    Sebastian Edathy ist mit seiner Verfassungsbeschwerde gescheitert. Foto: Hannibal/Archiv (dpa)

    Das Landgericht Verden ließ die Anklage gegen Sebastian Edathy zu, der erste Verhandlungstermin wurde für den 3. Februar angesetzt, teilte das Gericht am Dienstag mit.

    Edathy soll Fotos nackter Jungen geordert haben

    Edathy hatte Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover zufolge zwischen 2005 und 2010 bei einem kanadischen Anbieter insgesamt 31 Filme und Fotosets mit Aufnahmen nackter Jungen bestellt. Ende Januar 2014 leitete die Staatsanwaltschaft formelle Ermittlungen ein. Daraufhin erklärte Edathy am 7. Februar seinen Rücktritt als Bundestagsabgeordneter, offiziell aus gesundheitlichen Gründen.

    Das Amtsgericht Hannover erließ vom 10. bis 21. Februar 2014 mehrere Durchsuchungsbeschlüsse für die Wohnung und verschiedene Büros von Edathy. Zudem wurden mehrere E-Mail-Postfächer beschlagnahmt. Das

    Chronologie: Die Affäre Edathy

    2012: Die kanadische Polizei informiert das Bundeskriminalamt über deutsche Kunden eines kanadischen Online-Shops, der auch Kinderpornografie vertreibt. Im Oktober 2012 gibt das BKA die Daten zur Auswertung an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt.

    Oktober 2013: BKA-Chef Jörg Ziercke informiert den Staatssekretär des damaligen Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU). Der sagt SPD-Chef Gabriel, dass im Rahmen von Ermittlungen im Ausland der Name Edathy aufgetaucht sei. Gabriel erzählt Fraktionschef Steinmeier davon.

    5. November 2013: Der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, erfährt in einem Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Celle erstmals von dem Verdacht.

    Anfang Januar 2014: Edathy meldet seiner Fraktion seine Krankschreibung. Ende November 2013 hatte der innenpolitische SPD-Fraktionssprecher Michael Hartmann Oppermann bereits darüber informiert, dass Edathy gesundheitliche Probleme habe.

    22. Januar 2014: Edathys Anwalt sucht das Gespräch mit Oberstaatsanwalt Thomas Klinge. Dabei wiederholt er, was sein Mandant gerüchteweise gehört habe. "Die Filme seien allerdings nicht pornografisch gewesen, Herr Edathy besitze sie auch nicht mehr", sagt der Anwalt nach Darstellung Jörg Fröhlichs.

    28. Januar 2014: Die Staatsanwaltschaft entscheidet, Ermittlungen einzuleiten, die zunächst verdeckt laufen.

    7. Februar 2014: Edathy legt nach 15 Jahren sein Bundestagsmandat nieder. Als Motiv nennt er gesundheitliche Gründe.

    10. Februar 2014: Die Staatsanwaltschaft Hannover lässt Edathys Wohnungen im niedersächsischen Rehburg und in Berlin sowie Büros durchsuchen. Offenbar stoßen sie dabei nur auf wenig Material.

    11. Februar 2014: Edathy weist in einer Erklärung den Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie zurück. Einen Tag später erhebt er Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft: Die Razzien in seinen Wohnungen und Büros seien unverhältnismäßig und widersprächen rechtsstaatlichen Grundsätzen.

    13. Februar 2014: SPD-Fraktionschef Oppermann gibt bekannt, dass Sigmar Gabriel bereits im Oktober vom damaligen Innenminister Friedrich über mögliche Ermittlungen gegen Edathy informiert worden sei.

    14. Februar 2014: Der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Fröhlich, gibt Einzelheiten zu den Ermittlungen bekannt. Danach geht es um den Kauf von Bildern mit nackten Jungen zwischen neun und 13 Jahren. Das liege im Grenzbereich zur Kinderpornografie, so Fröhlich. Zu dem Tipp von Friedrich an Gabriel sagt er: "Wir sind fassungslos."

    14. Februar 2014: Friedrich erklärt, er wolle im Amt bleiben, bis über ein Ermittlungsverfahren entschieden ist. Nur wenige Stunden später tritt er als Agrarminister zurück.

    18. Februar 2014: Die Staatsanwaltschaft Hannover leitet ein Verfahren gegen unbekannt wegen des Verdachts auf Geheimnisverrats ein. Ein Behörden-Brief kam unverschlossen sechs Tage nach Versand an. Er sollte den Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) über den Fall Edathy informieren. Es ist bekannt, dass sich ein Anwalt Edathys schon im November nach möglichen Ermittlungen erkundigt hat.

    24. Februar 2014: Gegen Edathy wird ein SPD-Parteiordnungsverfahren eingeleitet.

    2. Mai 2014: Es wird vom Landeskriminalamt Niedersachsen berichtet, dass sich Edathy strafbares kinderpornografisches Material über seinen Bundestag-Laptop beschafft habe. Die Staatsanwaltschaft schweigt.

    17. Juli 2014: Die Staatsanwaltschaft Hannover klagt den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy wegen des Besitzes von kinderpornografischen Fotos und Videos an.

    29. August 2014: Edathy scheitert mit seiner Beschwerde wegen der Durchsuchung seiner Wohnung und seines Abgeordnetenbüros beim Bundesverfassungsgericht.

    18. November 2014: Das Gericht lässt die Anklage gegen Edathy zur Hauptverhandlung zu.

    23. Februar 2015: Am Landgericht Verden startet der Prozess gegen Edathy. Er endet nach nur rund 90 Minuten. Staatsanwaltschaft und Verteidigung wollen bis zur nächsten Sitzung erneut über eine Einstellung sprechen.

    2. März 2015: Das Gericht stellt das Verfahren ein. Zuvor hat Edathy eine Erklärung verlesen lassen, in der er die Anklagevorwürfe einräumt. Zwar muss er 5000 Euro zahlen, aber er ist nicht vorbestraft.

    1. Juni 2015: Edathy muss seine SPD-Mitgliedschaft drei Jahre ruhen lassen. Das entscheidet das Schiedsgericht des SPD-Bezirks Hannover. Für einen von der Parteispitze beantragten Parteiausschluss sieht das Gremium keine ausreichende Grundlage.

    Edathy hatte dagegen Beschwerde eingelegt, war jedoch vor den Gerichten gescheitert.

    Bundesverfassungsgericht sah Durchsuchung als rechtmäßig an

    Nach Ansicht des Bundesverfassungsgericht entsprach die Begründung der Durchsuchungsanordnungen den gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Anforderungen. Staatsanwaltschaft und Gerichte hätten davon ausgehen dürfen, dass Edathy "weiteres einschlägiges Datenmaterial" besitze. Auf das Angebot Edathys, alle Aufnahmen freiwillig herauszugeben, habe sich die Staatsanwaltschaft nicht verlassen müssen.

    Laut Bundesverfassungsgericht wurde mit den ersten Durchsuchungen am 10. Februar 2014 allerdings die Immunität Edathys als Abgeordneter verletzt, da der Verzicht auf das Mandat erst wirksam wird, wenn der Bundestagspräsident ihn schriftlich bestätigt hat. Dies sei erst am 10. Februar erfolgt, weshalb die Durchsuchungsbeschlüsse vom selben Tag unzulässig gewesen seien. Allerdings habe Edathy dies damals nicht geltend gemacht. afp/AZ

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