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AfD: Lucke gewinnt den Machtkampf bei der "Alternative für Deutschland"

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Lucke gewinnt den Machtkampf bei der "Alternative für Deutschland"

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    Bernd Lucke nimmt auf dem 3. Bundesparteitag der Alternative für Deutschland in Bremen den Beifall der Delegierten entgegen.
    Bernd Lucke nimmt auf dem 3. Bundesparteitag der Alternative für Deutschland in Bremen den Beifall der Delegierten entgegen. Foto: Ingo Wagner (dpa)

    Bernd Lucke kann sein Glück nicht fassen. Mit einem Schlag löst sich seine Anspannung, befreit strahlt er übers ganze Gesicht, klatscht in die Hände, winkt ins Publikum, verteilt sogar Kusshändchen, während sich die Mitglieder der AfD von ihren Plätzen erheben und ihrem Vorsitzenden zujubeln.

    ach stundenlangen zähen Debatten, die von permanenten Anträgen zur Geschäftsordnung unterbrochen werden, macht der Parteitag in Bremen am Samstag den Weg für die von ihm angestrebte Satzungsänderung frei und stellt mit großer Mehrheit die Weichen, dass Lucke im Dezember zum alleinigen Vorsitzenden der AfD gewählt werden kann. Zudem soll es einen hauptberuflichen Generalsekretär geben, der ihm zuarbeitet.

    Dabei sieht es lange nicht so aus, als würde der 52-jährige Wirtschaftsprofessor eine so deutliche Unterstützung für seinen Wunsch erhalten, das alleinige Sagen zu haben und die Parteiarbeit zu professionalisieren. Im Verlauf der Debatte gibt es immer wieder lautstarken Beifall für jene, die sich für die Beibehaltung der Dreierspitze aussprechen und „anders als die Altparteien“ sein wollen.

    Lucke: Alles für den Erfolg der AfD

    Doch Lucke hat genug von den Abstimmungsproblemen und dem enormen Koordinierungsbedarf im Führungsgremium. „Wie hat der Bundesvorstand in den letzten zwei Jahren gearbeitet?“, fragt er in seiner Rede, die er ursprünglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit halten wollte, um sofort selbst die Antwort zu geben: „In einem Wort – stümperhaft.“ Er plädiere für die Reform, „nicht weil ich die persönliche Macht will, sondern den Erfolg dieser Partei“.

    Offen gibt er zu, dass er „kein geborener Team-Player“ sei, sondern einer, der die Dinge schnell erledigen wolle. „Ich bin enttäuscht, was ich in den letzten zwei Jahren erlebt habe.“ Viel sei liegen geblieben, er habe den „Ausputzer“ spielen und viel Zeit für parteiinterne Dinge aufbringen müssen, statt sich um politische Themen zu kümmern. Er sei „das Gesicht“ der AfD, der Erfolg der Partei beruhe auf ihrem Ansehen in der Mitte der Gesellschaft – „und nicht an den Rändern“.

    Der Noch-Mitvorsitzende Konrad Adam widerspricht Lucke. Die Partei habe sich unter der Dreierspitze „erfreulich und erfolgreich“ entwickelt, sagt er. Aber schon jetzt gebe es Vorstandsmitglieder „erster und zweiter Klasse“ – diejenigen mit Diäten und Mitarbeitern und die Ehrenamtlichen. „Geld ist Macht“, fügt er resigniert hinzu und kündigt an, nicht mehr für das Amt des Vorstandssprechers kandidieren zu wollen.

    Frauke Petry dagegen verteidigt die Satzungsänderung. Der Vorstand habe nicht optimal“ gearbeitet, gibt sie zu. Gleichzeitig übt sie aber auch heftige Kritik an Lucke. Man müsse die Menschen mitnehmen. Und der Vorsitzende müsse sich an die Beschlüsse der Partei halten. Andere Mitglieder werden noch deutlicher. Nur drei Sprecher könnten die verschiedenen Flügel der Partei repräsentieren. „Wenn Lucke der Alleinherrscher ist, fühlt sich ein Drittel der Partei nicht vertreten“, klagt ein Mitglied aus Baden-Württemberg, eines aus Soest fordert gar, „den narzisstischen Anspruch des Herrn Lucke abzulehnen“.

    Viele Turbulenzen beim Parteitag der AfD

    Einen derartigen Parteitag hat es in Deutschland noch nie gegeben. 1700 Mitglieder der AfD sind nach Bremen gereist, nachdem sich ursprünglich mehr als 3000 angemeldet haben. Weil aber der Saal im angemieteten „Congress Centrum“ viel zu klein ist, findet das dreitägige Treffen gleichzeitig im Musical-Theater der Hansestadt statt. Per Videoschaltung sind die beiden Orte miteinander verbunden. Die Tagungsleiter stehen im Funkkontakt. Immer wieder wird zwischen beiden Versammlungsorten hin- und hergeschaltet. Ein kompliziertes Verfahren, zumal auch mal der Ton ausfällt. Tagungspräsident Marcus Pretzell stöhnt laut: „Kennen Sie das, wenn Sie völlig hilflos sind?“ Doch es funktioniert irgendwie.

    Schon der Auftakt am Freitagabend ist an Turbulenz kaum zu übertreffen. Für die Wahl des Tagungspräsidiums und die Verabschiedung der Tagesordnung, reine Formalien also, braucht die AfD satte zweieinhalb Stunden. Allein zur Tagesordnung liegen 66 Änderungsanträge vor. Immer wieder wird die Debatte von Anträgen zur Geschäftsordnung, erregten Zwischenrufen und lautstarken Missfallensbekundungen unterbrochen. Chronisten registrieren 54 Buhrufe und 67 Pfeifkonzerte.

    Doch am Ende setzt sich Lucke durch. Der Parteigründer muss zittern, denn die Mitglieder machen es spannend. Benötigt wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Am Ende sind es 67,5 Prozent, die mit Ja stimmen. Knapper geht es kaum. 30,9 Prozent lehnen die Satzung ab, 1,4 Prozent enthalten sich. Bernd Lucke hat alles erreicht, was er an diesem Wochenende will. „Vielen Dank, Sie haben die Partei gerettet“, sagt er, während die Mitglieder laut skandieren: „AfD, AfD, AfD!“

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