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Absage der Alt-Bundespräsidenten: Steinmeier: Wulff sollte Zapfenstreich absagen

Absage der Alt-Bundespräsidenten

Steinmeier: Wulff sollte Zapfenstreich absagen

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    Gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff wird wegen des Verdachts der Vorteilsnahme und -Gewährung ermittelt.  Dennoch will er mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr verabschiedet werden.
    Gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff wird wegen des Verdachts der Vorteilsnahme und -Gewährung ermittelt. Dennoch will er mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr verabschiedet werden. Foto: dpa

    Wenn alle  lebenden Altbundespräsidenten eine Teilnahme am Zapfenstreich der Bundeswehr ablehnten, solle Wulff nicht auf der Zeremonie bestehen", sagte  SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe). Durch die Absage der früheren Staatsoberhäupter gebe es "keine  Chance für eine einigermaßen würdige Veranstaltung", so der  SPD-Fraktionschef weiter.

    Alle Alt-Bundespräsidenten sagten Teilnahme ab

    Wulffs Amtsvorgänger Walter Scheel, Richard von Weizsäcker,  Roman Herzog und Horst Köhler wollen nach Medienberichten nicht an der Zeremonie teilnehmen. Mit dabei sein werden neben  Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, der als  Bundesratspräsident das amtierende Staatsoberhaupt ist, aber auch  Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Thomas de  Maizière (beide CDU). Insgesamt werden rund 200 Gäste zu der Bundeswehr-Feier erwartet.

    Keine Einladung bekommen

    Steinmeier hat wie alle anderen Fraktionschefs  keine Einladung zu dem Zapfenstreich erhalten. Deshalb werde auch  er nicht zu der Veranstaltung am Donnerstagabend gehen, sagte  Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Auch  CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, sie habe bislang  keine Einladung bekommen. Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschef  Rainer Brüderle (FDP). Auch bei den Fraktionschefs der Grünen, Renate Künast und Jürgen  Trittin, ging nach Angaben eines Sprechers kein solches Schreiben  ein. Ebenso teilte die Linke mit, die Chefs von Partei und Fraktion  würden nicht zum Zapfenstreich kommen.

    Vier Lieder statt wie üblich drei zum Zapfenstreich

    Von einer Absagte der Zeremonie will der unter Korruptionsverdacht stehende Wulff jedoch offensichtlich nichts hören. Stattdessen äußerte er einen Sonderwunsch für seine militärische Verabschiedung. Bei dem Zapfenstreich werden auf Wunsch Wulffs nun gleich vier Musikstücke gespielt statt wie üblich drei. Es handelt sich dabei  um den "Alexandermarsch" von Andreas Leonhardt, den Song "Over the  rainbow" von Harold Arlen sowie das Kirchenlied "Da berühren sich  Himmel und Erde" von Christoph Lehmann und die Ode "An die Freude"  von Ludwig van Beethoven, wie das Bundespräsidialamt am Dienstag  mitteilte. Vor dem Zapfenstreich lädt Seehofer zu einem Empfang ins  Schloss Bellevue ein.

    Chronologie der Affäre Wulff

    25. Oktober 2008: Christian Wulff, damals Ministerpräsident von Niedersachsen, bekommt von der Unternehmergattin Edith Geerkens einen Privatkredit über 500.000 Euro zum Kauf eines Hauses.

    18. Februar 2010: Wulff antwortet auf eine mündliche Anfrage im niedersächsischen Landtag, dass es zwischen ihm und dem Unternehmer Egon Geerkens in den vergangenen zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben habe.

    12. Dezember 2011: Wulff versucht, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann zu erreichen, um einen Bericht zur Finanzierung seines Privathauses zu verhindern oder zu verschieben. Auf der Mailbox droht er "Krieg" mit Springer an, falls die Geschichte erscheint.

    13. Dezember: Die "Bild"-Zeitung berichtet erstmals über Wulffs Hauskauf-Finanzierung.

    14. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Wulff ihr Vertrauen aus.

    15. Dezember 2011: Der Bundespräsident bricht sein Schweigen: "Ich erkenne an, dass hier ein falscher Eindruck entstehen konnte. Ich bedauere das", heißt es in einer Mitteilung. In der Sache habe er nichts zu verbergen.

    19. Dezember 2011: Wulffs Anwalt legt Unterlagen zum Kredit und eine Liste mit Urlauben vor, die sein Mandant als Regierungschef bei befreundeten Unternehmern verbracht hat. Zudem wird bekannt, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2007 im niedersächsischen Landtagswahlkampf eine Anzeigenkampagne für ein Interview-Buch mit Wulff bezahlt hat.

    20. Dezember 2011: Wulffs Anwalt betont, sein Mandant habe von den Zahlungen nichts gewusst.

    22. Dezember: Der Bundespräsident entschuldigt sich öffentlich für die entstandenen Irritationen. Zugleich entlässt er seinen Sprecher Olaf Glaeseker.

    2. Januar 2012: Bei der Staatsanwaltschaft in Hannover gehen elf weitere Strafanzeigen gegen Wulff ein. Die Zahl der Strafanzeigen gegen Wulff liegt nun bei insgesamt 20.

    4. Januar 2012: Wulff gibt ARD und ZDF ein Interview, in dem er den Anruf bei Diekmann als «schweren Fehler» bezeichnet und volle Transparenz bei allen Fragen ankündigt. Am Folgetag veröffentlicht sein Anwalt aber nur eine zusammenfassende Stellungnahme.

    19. Januar 2012: Wegen Korruptionsverdachts lässt die Staatsanwaltschaft Haus und Büros von Wulffs entlassenem Sprecher Olaf Glaeseker durchsuchen. Die Fahnder verschaffen sich auch Zugang zu Räumlichkeiten des Eventmanagers Manfred Schmidt, der zu Wulffs Zeit in Niedersachsen enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover gehabt haben soll.

    16. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Immunität des Bundespräsidenten aufzuheben, um gegen ihn ermitteln zu können.

    17. Februar 2012: Christian Wulff tritt zurück.

    18. Februar 2012: Die Staatsanwaltschaft nimmt die Ermittlungen gegen Wulff wegen des Verdachts der Vorteilsnahme, bzw. Vorteilsgewährung auf.

    29. Februar 2012: Das Bundespräsidialamt teilt mit, dass Christian Wulff den Ehrensold bekomme - jährlich rund 200.000 Euro bis an sein Lebensende.

    9. März 2012: Wulff wird mit dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr in Berlin verabschiedet. Die Feier wird von Protest begleitet.

    9. Oktober 2012: Die Flitterwochen des damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina im italienischen Haus eines Versicherungsmanagers rechtfertigen keine Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im Amt. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hannover mit.

    9. April 2013: Wulff lehnt ein Angebot der Staatsanwaltschaft ab, die Korruptionsermittlungen gegen Zahlung von 20 000 Euro einzustellen.

    12. April 2013: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt gegen Wulff Anklage. Auch der Filmmanager David Groenewold wird angeklagt.

    14. November 2013: Der Prozess gegen Wulff wegen Vorteilsnahme beginnt. Es geht um rund 700 Euro, die Groenewold für Wulff gezahlt haben soll - angeblich, damit dieser sich im Gegenzug für ein Filmprojekt Groenewolds engagiert.

    9. Dezember: Der Prozess gegen Wulffs ehemaligen Pressesprecher, Olaf Glaeseker, beginnt ebenfalls in Hannover. Glaeseker geht auf Distanz zu seinem ehemaligen Chef.

    19. Dezember: Der Richter Frank Rosenow regt an, den Wulff-Prozess im Januar einzustellen. Der Grund: Mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe. Wulff selbst ist aber gegen die Einstellung des Verfahrens.

    27. Februar 2014: Christian Wulff wird in seinem Korruptionsprozess freigesprochen und damit vom Vorwurf der Vorteilsannahme entlastet. (dpa)

    Steinmeier kündigte eine Initiative für eine Neuregelung der  Versorgungsleistungen für Alt-Bundespräsidenten an. Für  außergewöhnliche Konstellationen wie kurze Amtszeiten oder  persönliche Schuld würden angepasste Regelungen gebraucht. Nach dem  Rücktritt Wulffs sind sowohl der ihm vom Präsidialamt zugesagte  Ehrensold, als auch das geplante Büro für ihn sowie der  Zapfenstreich in die Kritik geraten.

    CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wies die Kritik am  Zapfenstreich und den Privilegien für Wulff zurück. Ihm dürfe nicht  abgesprochen werden, "was einem scheidenden Bundespräsidenten  rechtlich und in bewährter Staatspraxis zusteht", sagte Gröhe der  "Saarbrücker Zeitung" (Mittwochsausgabe).

    Gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff wird wegen des Verdachts der Vorteilsnahme und -Gewährung ermittelt. Erst vergangene Woche durchsuchten Fahnder seinen Computer und sein Handyafp/dpa

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