Es ist nicht so, dass die Piratenpartei ihre Anhänger mit ihrem Parteiprogramm restlos überzeugen würde. Trotzdem wächst die Anhängerschaft der Piraten weiter. Grund: Die große Mehrheit der Anhänger (72 Prozent) gab an, die Partei aus Enttäuschung über die anderen Parteien wählen zu wollen. Auch im ARD-Deutschlandtrend befinden sich die Piraten auf Kurs nach oben. Nach der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage legten die Piraten gegenüber dem Vormonat um drei Zähler zu und erreichte zehn Prozent.
Deutschlandtrend: CDU und SPD verlieren
In der sogenannten Sonntagsfrage haben CDU und SPD hingegen an Zustimmung der Wähler verloren. CDU/CSU büßten zwei Punkte ein und kamen auf 35 Prozent. Die FDP lag unverändert bei drei Prozent. In einer Forsa-Umfrage vom Dienstag hatten die Piraten sogar zwölf Prozent erreicht. Die SPD verlor einen Punkt und lag bei 27 Prozent. Die Grünen erreichten unverändert 14 Prozent, die Linke kam erneut auf sieben Prozent.
Viele halten die Piratenpartei für eine Zeiterscheinung
Die Ziele der Piratenpartei
"Mehr Demokratie wagen!" ist nach eigenen Angaben ein Leitgedanke der Piraten. "Unsere innerparteilichen Strukturen sind basisdemokratisch. Auch gesellschaftlich wollen wir Veränderungen hin zu mehr Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung erreichen."
"Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und müssen auch durch staatliches Handeln sichergestellt und sogar gefördert werden", heißt es zum Thema digitale Gesellschaft.
Zum Thema Umwelt: "Die Piratenpartei steht für Nachhaltigkeit. Deshalb wollen wir so handeln, dass auch in Zukunft die Grundlagen für eine würdige Existenz in Freiheit vorhanden sind. Voraussetzung dafür ist ein transparenter und verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen."
Die Forderung einer transparenten Politik statt eines gläsernen Bürgers ist nach eigener Aussage Kernbestandteil der politischen Arbeit der Piraten. "Einzig die Piratenpartei handelt jedoch auch entsprechend: Vorstandssitzungen, Fraktionssitzungen oder auch Kontostände der Gliederungen sind prinzipiell öffentlich", schreibt die Partei auf ihrer Internetseite.
Der freie Zugang zu Bildung zählt zu den Gründungsthemen der Piraten: "Im Unterschied zu den etablierten Parteien wollen wir den Prozess des Lernens jedoch an die individuellen Fähigkeiten anpassen." Das Motto der Piraten lautet: "Lernziele statt Lehrpläne!"
Patente auf Software und Gene lehnt die Partei ab: "Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis."
Drogenpolitik müsste nach Ansicht der Piraten eigentlich "Suchtvermeidungspolitik" heißen. Ihr Ansatz ist, durch die Legalisierung von Drogen zu einem verantwortungsvollem Umgang mit Rauschmitteln zu gelangen. Die gegenwärtige Praxis sei bestimmt durch Ignoranz medizinischer und gesellschaftlicher Fakten. Sie trage dem Ziel der Suchtvermeidung keine Rechnung und sei gescheitert.
Die Piratenpartei ist davon überzeugt, dass ein fahrscheinfreier ÖPNV nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft langfristig einen Gewinn darstellt. Sie fordert eine Machbarkeitsanalyse.
Gefordert wird auch eine Reform des Urheberrechts: "Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts beschränken das Potential der aktuellen Entwicklung, da sie auf einem veralteten Verständnis von so genanntem ´geistigem Eigentum` basieren, welches der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegen steht."
Die Piratenpartei wird laut dem ARD-Deutschlandtrend bei ihren Anhängern vorwiegend als Protestpartei betrachtet. Nur 22 Prozent der Anhänger wollten die Piratenpartei aus inhaltlichen Gründen wählen. 50 Prozent der Befragten fänden es gut, wenn die Piraten im nächsten Jahr auch in den Bundestag einziehen würden, 42 Prozent fänden dies nicht gut.Eine Mehrheit von 61 Prozent hielt die Piraten demnach für eine Zeiterscheinung, die nach einer Weile wieder verschwinden wird. 33 Prozent gingen hingegen davon aus, dass sie dauerhaft eine Rolle in den Parlamenten spielen werden.
Philipp Rösler erreicht neues Tief
An eine Trendwende für die FDP glauben die Befragten mehrheitlich nicht. Nur 36 Prozent fänden es gut, wenn die FDP im nächsten Jahr wieder in den Bundestag einzöge. 59 Prozent fänden dies nicht gut. Nur 28 Prozent glauben derzeit an eine Trendwende bei den Liberalen. 68 Prozent glauben hingegen, dass die FDP das nicht schafft und aus dem Bundestag ausscheiden wird.
In der Politikerrangliste erreichte FDP-Chef Philipp Rösler ein neues Tief. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) belegte Platz eins, mit ihrer Arbeit waren 63 Prozent zufrieden. Es folgte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit einem Wert von 57 Prozent vor SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mit 56 Prozent. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) belegte mit 55 Prozent den vierten Platz vor Peer Steinbrück (SPD) mit 51 Prozent. Schlusslicht der abgefragten Politiker war Rösler. Mit seiner Arbeit zeigten sich nur 17 Prozent zufrieden - der schlechteste Wert, der je für ihn im ARD-Deutschlandtrend gemessen wurde.
Für die Sonntagsfrage sprach Infratest dimap am Montag und Dienstag dieser Woche mit bundesweit 1505 Wahlberechtigten, den übrigen Ergebnissen lagen die Angaben von 1005 Befragten zugrunde.
FDP-Vize glaubt an baldigen Umschwung
FDP-Bundesvize Holger Zastrow glaubt trotz der meisen Umfragewerte für seine Partei an einen Umschwung schon zu den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Dafür gebe es mit Wolfgang Kubicki und Christian Lindner außerordentlich gute Chancen, sagte Zastrow am Donnerstag dem Südwestrundfunk. Zastrow begründete das schlechte Ergebnis beim aktuellen Deutschlandtrend mit verloren gegangenem Vertrauen in den vergangenen zweieinhalb Jahren.
"Wir haben unsere Wählerinnen und Wähler enttäuscht, unsere Performance in der Bundesregierung war nicht gut. Und wenn du einmal Glaubwürdigkeit verloren hast, dann dauert es eben eine ganze Zeit lang, bis du das zurückgewonnen hast", sagte er. Die FDP werde das aber bis zur Bundestagswahl 2013 wieder aufholen. Zastrow zufolge wird die FDP gebraucht. "Also, wenn es die FDP nicht schon gäbe, müsste man sie jetzt erfinden. Denn es muss ja wenigstens eine Partei geben, die noch ohne Wenn und Aber zu einer sozialen Marktwirtschaft steht." Der Aufstieg der Piraten beunruhige ihn wenig.
Zastrow (43) stammt aus Dresden und führt neben der sächsischen FDP auch deren Fraktion im Landtag des Freistaates. afp/dpa/AZ