Es soll einen Nachfolger im Nahverkehr für das bundesweite 9-Euro-Ticket geben. Das hat die Ampel-Koalition angekündigt. Es solle "die Menschen entlasten, CO2 einsparen und Teilhabe ermöglichen", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Jedoch wird der Nachfolger definitiv mehr als neun Euro kosten. In dem jüngsten Entlastungspaket ist dabei von einer Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro pro Monat die Rede. 1,5 Milliarden Euro will der Bund im Jahr für den Nachfolger bereitstellen, jedoch nur wenn die Länder mindestens ebenso viel zahlen. Zum Vergleich: Das 9-Euro-Ticket schlug im Bundeshaushalt für nur drei Monate mit 2,5 Milliarden Euro zu Buche. Doch welchen Preis sind die Kunden bereit zu zahlen? Und ab wie vielen Fahrten lohnt sich das Ticket für die Kunden?
9-Euro-Ticket-Nachfolge: Ab 29 Euro sinkt Kaufbereitschaft stark
Mark Andor vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung RWI in Essen hat sich in einer Umfrage mit der Thematik befasst. Demnach seien 50 Prozent der Befragten bereit, künftig neun Euro im Monat für ein Ticket des bundesweiten Nahverkehrs zu bezahlen. Bei 29 Euro seien es 26 Prozent und bei einem Preis von 69 Euro nur noch vier Prozent. Aufgrund dieser Kauf-Hemmschwelle fordert Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung ein bundesweites Ticket für 29 Euro, "und zwar inklusive des Fernverkehrs". Knie kritisiert außerdem, dass der öffentliche Verkehr "kein Tür-zu-Tür-Angebot ist wie das Auto". Vor dem Hintergrund der angestrebten Verkehrswende solle das Ticket daher auch eine Flatrate für das Taxi vom Bus zur Haustür oder zum Arbeitsort, also für die "letzte berühmte Meile" beinhalten.
Ein bundesweites Monatsticket für den Nahverkehr zu einem Preis von 29 Euro hat die Bundesregierung allerdings bereits ausgeschlossen. Die Spanne liege bei 49 bis 69 Euro. Doch auch bei diesen Preisen könnten einige Bürgerinnen und Bürger von dem Angebot profitieren.
Für diese Personen lohnt sich ein 9-Euro-Nachfolger
Wer als Einzelperson zwei Mal im Monat ein Bayern-Ticket kauft, gibt dabei aktuell 52 Euro aus. Ein 49-Euro-Ticket wäre in diesem Fall günstiger - und berechtigt den Passagier außerdem zu unbegrenzt vielen weiteren Fahrten in dem jeweiligen Monat. Das Allgäu-Schwaben-Ticket folgt einer ähnlichen Preisstruktur, kostet allerdings nur 23 Euro für eine Einzelperson und berechtigt nur zur Fahrt im regionalen Zugverkehr, nicht in Bussen oder Straßenbahnen. Wer diese Tickets vor allem für Tagesausflüge nutzt, sollte den jeweiligen Monat gut vorausplanen, um zu erfahren, ob sich eines der regionalen Angebote oder doch ein bundesweites Monatsticket für einen Preis zwischen 49 und 69 Euro lohnt.
Menschen, die bereits regelmäßig den öffentlichen Verkehr nutzen, dürften sich jedoch freuen. Denn selbst die 69-Euro-Variante ist oft günstiger als die bisherige reguläre Monatskarte. So kostet ein Monatsticket der Preisstufe zwei im Augsburger Verkehrsverbund bereits 74,10 Euro. In der höchsten Preisstufe müssen Fahrgäste gar 308,10 Euro hinlegen. Nur in Stufe eins, gültig in der Augsburger Innenstadt, liegt der Preis mit 50,70 Euro unter einem eventuellen 69-Euro-Ticket, aber immer noch über der 49-Euro-Variante.
Mehr Flexibilität im ÖPNV
Bei der Mona GmbH für den Nahverkehr im Allgäu gibt es Monatstickets ab einem Preis von 44 Euro pro Erwachsener. In der teuersten Kategorie legen Passagiere 137 Euro pro Monat auf den Tisch. Jedoch gilt das Ticket nur auf einer zuvor festgelegten Route. Wer woanders hinfahren will, benötigt derzeit also ein zusätzliches Ticket. Ein bundesweites Nahverkehrsticket könnte Allgäuer Pendlern deutlich mehr Flexibilität bieten.
Im Verkehrsunternehmensverbund Mainfranken in den Landkreisen Main-Spessart und Würzburg starten die Standard-Monatskarten ab einem Preis von 52,30 Euro. Doch auch dieses Ticket kann nicht auf allen beliebigen Strecken im Verbund genutzt werden, geschweige denn in ganz Deutschland.
Menschen auf dem Land profitieren weniger von dem Angebot
Im ländlichen Raum profitierten Bürgerinnen und Bürger laut Andor vom RWI deutlich weniger von dem 9-Euro-Ticket. Das dürfte sich durch einen Nachfolger mit höherem Preis wohl auch nicht ändern. „In den ländlichen Gebieten, wo der Bus gelegentlich kommt, haben wir kaum 9-Euro-Effekte. Das liegt daran, weil man nicht hinkommt.“, sagt auch Sozialforscher Knie.
Auswirkungen auf das Klima noch unklar
Welchen Effekt das 9-Euro-Ticket auf die CO2-Bilanz hatte und wie viel ein Nachfolger zur Erreichung der Klimaziele beitragen könnte, ist unklar. Aktuell schätzt Experte Andor die Treibhausgas-Einsparungen mit dem 9-Euro-Ticket auf eine Bandbreite zwischen 200.000 und 700.000 Tonnen. Diese Bandbreite könnte sich aber noch verbreitern, sagt Andor. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) liegt mit seinen Hochrechnungen auf 1,8 Millionen Tonnen eingespartes CO2 deutlich darüber.
Während der Angebotszeit des 9-Euro-Tickets ist der Autoverkehr laut Andor nur leicht zurückgegangen. Bei einem langfristigen Angebot könnte das allerdings einen großen Unterschied machen, sodass „die Leute wirklich darüber nachdenken, das Auto aufzugeben oder zumindest ein Auto weniger zu nutzen“.