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9-Euro-Ticket: Bleibt ein Effekt? So hat sich die Mobilität nach dem Ende des 9-Euro-Tickets verändert

9-Euro-Ticket

Bleibt ein Effekt? So hat sich die Mobilität nach dem Ende des 9-Euro-Tickets verändert

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    Vom 1. Juni bis zum 31. August konnten die Menschen in Deutschland mit dem 9-Euro-Ticket den öffentlichen Nahverkehr sowie Regionalzüge so günstig wie nie zuvor nutzen.
    Vom 1. Juni bis zum 31. August konnten die Menschen in Deutschland mit dem 9-Euro-Ticket den öffentlichen Nahverkehr sowie Regionalzüge so günstig wie nie zuvor nutzen. Foto: Christoph Soeder, dpa/Montage: AZ

    Wer im Sommer Schulter an Schulter mit Mitfahrerinnen und Mitfahrern stand, ist wohl kaum überrascht: Zwischen Juni und August wurden 44 Prozent mehr Bahnreisen über 30 Kilometer registriert als in den entsprechenden Monaten 2019. Allerdings ist es seit Anfang September, als das Angebot endete, wieder deutlich leerer in den Zügen. Das zeigt eine Auswertung, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht hat.

    Da die Corona-Pandemie 2020 und 2021 starke Auswirkungen auf die Mobilität hatte – während der Lockdowns etwa fuhren deutlich weniger Menschen mit der Bahn –, dient 2019 in der Analyse als Vergleichsjahr. Weitere Hinweise auf den Effekt des 9-Euro-Tickets bietet der Vergleich zum Mai 2022. Im Mai lagen die Bewegungen im Schienenverkehr nur rund 3 Prozent über denen aus dem Mai 2019. Der Anstieg ab Juni ist also offenbar auf das günstige Ticket zurückzuführen. Ausgewertet wurden allerdings nur Fahrten ab 30 Kilometer – Rückschlüsse auf die innerstädtische Mobilität lassen sich daher nicht ziehen.

    Die Zahl der Bahnfahrten ist gestiegen, auf den Straßenverkehr scheint das allerdings kaum Auswirkungen gehabt zu haben. Direkt zur Einführung Anfang Juni war zwar ein moderater Rückgang zu sehen, doch über den gesamten Zeitraum blieb die Zahl der Fahrten im Straßenverkehr im Vergleich zu 2019 konstant. Am Wochenende stieg sie laut Statistischem Bundesamt sogar.

    Durch Mobilfunkdaten lassen sich Effekte des 9-Euro-Tickets erkennen

    Als Grundlage für die Auswertung dienten Mobilfunkdaten des Anbieters Telefónica, zu dem unter anderem O₂ gehört. Mobilfunkanbieter können erkennen, mit welchen Funkzellen SIM-Karten ihrer Kundinnen und Kunden verbunden sind, so lassen sich Bewegungen erkennen. Anhand dieser Daten, die anonymisiert ausgewertet werden, wurde eine Zuordnung der Bewegungen zu Straßen-, Schienen- und Luftverkehr vorgenommen.

    Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, war dies allerdings erst ab einer Reisedistanz von 30 Kilometern möglich. Alle kürzeren Strecken wurden daher – gemeinsam mit Daten, die aus anderen Gründen nicht zugeordnet werden konnten – in der Kategorie "Sonstige" gebündelt. Zur Kategorie "Straßenverkehr" ist außerdem anzumerken, dass keine Unterscheidung zwischen der Nutzung eines privaten Pkw und beispielsweise eines Busses zu erkennen ist. Menschen, die vom Auto auf eine Busverbindung umsteigen, wurden daher nicht erfasst.

    Vor allem kurze und mittlere Bahnstrecken werden deutlich häufiger genutzt

    Ein Blick auf die Details der Daten zur Bahnnutzung zeigt, dass der Anstieg im Schienenverkehr vor allem auf Bahnreisen unter 300 Kilometer entfallen ist. Kurze Strecken (30 bis 100 Kilometer) wurden von Juni bis August rund 43 Prozent häufiger registriert als 2019, in der letzten Maiwoche lagen diese 2019 und 2022 etwa gleichauf.

    Auch bei mittleren Distanzen (100 bis 300 Kilometer) war ein enormer Anstieg zu erkennen: Die Zahlen lagen im Sommer 2022 rund 57 Prozent über denen von 2019. Auch in der letzten Mai-Woche lagen sie bereits über dem Wert von 2019, hier betrug der Unterschied aber noch lediglich 18 Prozent. Der Anstieg ist also größtenteils auf das 9-Euro-Ticket zurückzuführen.

    Auf lange Bahnreisen (mehr als 300 Kilometer) scheint das Ticket hingegen keinen besonderen Effekt gehabt zu haben. Zwar lagen auch hier die Werte im Sommer 2022 deutlich über denen von 2019, doch im Vergleich zum Mai gab es keinen klaren Anstieg. Das passt mit den Konditionen des 9-Euro-Tickets zusammen: Dieses galt für Regionalzüge, die vor allem für kürzere und mittlere Strecken genutzt werden. Zwar lassen sich theoretisch auch lange Strecken mit Regionalzügen zurücklegen, dafür hätten die Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer aber häufig umsteigen und viel zusätzliche Zeit einplanen müssen.

    Dass die Anstiege direkte Folgen des günstigen Tickets waren, zeigt auch die Entwicklung ab dem 1. September: Sobald das 9-Euro-Ticket nicht mehr verfügbar war, ging auch die Zahl der Bahnreisen wieder deutlich zurück und näherte sich schnell wieder den Werten von 2019. Die Zahlen geben also keinen Hinweis darauf, dass Menschen durch das 9-Euro-Ticket das Bahnfahren für sich entdeckt hätten und auch ohne den Preisanreiz weiter auf dieses Verkehrsmittel setzen würden.

    Das 9-Euro-Ticket wurde besonders häufig für Ausflüge verwendet

    Hinweise, wofür die Menschen das 9-Euro-Ticket verwendet haben, liefert die Auswertung der Zahlen für einzelne Wochentage. Diese zeigen, dass die Mobilität im Schienenverkehr im Vergleich zu 2019 am Wochenende deutlich stärker gestiegen ist als unter der Woche. So wurden zwischen Montag und Freitag im Schnitt 24 Prozent mehr Fahrten erfasst als im Vergleichszeitraum. An Samstagen und Sonntagen hat sich die Zahl der Bahnreisen mit einem Anstieg um 105 Prozent aber sogar verdoppelt. Der deutliche Anstieg der Wochenenddaten lässt laut Statistischem Bundesamt einen klaren Schluss zu: Wie das Amt in seiner Auswertung schreibt, wurde das 9-Euro-Ticket besonders intensiv für Ausflüge verwendet.

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