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Europawahl: Die EU im Routine-Wahlkampfmodus

Europawahl

Die EU im Routine-Wahlkampfmodus

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    Die Spitzenkandidaten für die Wahlen zum Europäischen Parlament: die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, für die Europäische Volkspartei, Nicolas Schmit für die Sozialdemokratische Partei Europas, Terry Reintke für die Europäischen Grünen, Sandro Gozi für Renew Europe Now, und Walter Baier für die Europäische Linke.
    Die Spitzenkandidaten für die Wahlen zum Europäischen Parlament: die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, für die Europäische Volkspartei, Nicolas Schmit für die Sozialdemokratische Partei Europas, Terry Reintke für die Europäischen Grünen, Sandro Gozi für Renew Europe Now, und Walter Baier für die Europäische Linke. Foto: Geert Vanden Wijngaert, AP/dpa

    Ursula von der Leyen steht mit starrem Blick auf der Bühne vor ihrem Pult, hinter ihr leuchtet die riesige Leinwand, auf der alle 15 Minuten die wichtigsten Themen für Europa als Schlagworte auftauchen. Sie wirkt gelangweilt, mitunter fast abwesend. Damit ergeht es ihr kaum anders als dem Publikum, dem für diesen Donnerstagnachmittag eine länderübergreifende Debatte der Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten für die Europawahl Anfang Juni versprochen wurde. Bekommen hat es am Ende kaum mehr als auswendig gelernte Floskeln. Wer sich gefragt hat, warum der aktuelle Wahlkampf selbst zwei Wochen vor dem Votum so zäh erscheint, erhielt in diesen 105 Minuten die Antwort.

    Vor Europawahl: Bürgernähe zu demonstrieren, klappt nur bedingt

    Von der Leyen muss jedenfalls nicht allzu viel Energie oder Kampfeswillen aufwenden, um ihren Anspruch auf eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin der EU zu rechtfertigen. Das liegt auch an den meist schwachen Mitbewerbern. Neben dem Luxemburger EU-Kommissar Nicolas Schmit, der für Europas Sozialdemokraten ins Rennen geht, traten die deutsche Grünen-Spitzenkandidatin Terry Reintke, der Liberale Sandro Gozi aus Italien sowie Walter Baier, Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), für die Europäische Linkspartei auf.

    Die Diskussion glich zunächst eher einem starren Abfragen von Positionen durch die beiden Moderatoren, die Zuschauer sowie Anwesenden aus dem Publikum. Das Format der Sendung sah vor, dass Bürger aus den 27 Mitgliedstaaten den Kandidaten ihre Fragen direkt stellen konnten. So schalteten die Moderatoren wie zur unterhaltsamen Punktevergabe beim Eurovision Song Contest regelmäßig in die Hauptstädte, wo zufällig ausgesuchte Zuschauer aus dem Publikum die Gelegenheit hatten, sich an die Protagonisten zu wenden. „Hallo Brüssel“ – ein Versuch, Bürgernähe zu demonstrieren? Es klappte nur bedingt. Vielmehr verwirrte die Organisation der Veranstaltung, die einen Schlagabtausch fast unmöglich machte. Zudem offenbarten sich abermals die Schwächen des Spitzenkandidatenprinzips. Nicht nur unterscheiden sich die Interessen und Nöte in den Mitgliedstaaten teils massiv. Auch die Kandidaten sind zu unbekannt und wenig profiliert. 

    Wie hält es von der Leyen mit den Rechtspopulisten?

    Erst nach einer knappen Stunde erkannten Optimisten einen Hauch von Diskussion. Wieder war dies den Rechtspopulisten geschuldet, auch wenn sie nicht einmal einen Vertreter auf der Bühne hatten. Weil deren beide Fraktionen im EU-Parlament, die rechtskonservative Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sowie die Fraktion Identität und Demokratie (ID), EU-weite Spitzenkandidaten ablehnen, waren sie nicht zur Diskussion eingeladen. Doch immer wieder rückten sie trotz der Nichtanwesenheit in den Fokus. Wie soll die Gemeinschaft auf den Rechtsruck reagieren, den Umfragen vorhersagen? Man könne nicht über Sicherheit reden, ohne über die Gefahr zu sprechen, „die der Aufstieg der Rechtsextremen mit ihrer Ideologie und ihren Verbindungen zum Kreml darstellt“, sagte die Grüne Reintke. 

    Kurzzeitig unter Druck geriet von der Leyen. Sie hatte vor einigen Wochen für Aufsehen gesorgt, weil sie für eine mögliche zweite Amtszeit eine Zusammenarbeit mit der EKR nicht ausgeschlossen hatte, zu der auch die postfaschistische Partei der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni, die Fratelli d'Italia, gehört. Schmit bekräftigte am Donnerstag seine Forderung an von der Leyen, ihre roten Linien für mögliche Partnerschaften klar zu ziehen. Abermals wiederholte die Deutsche die von der EVP aufgestellten Prinzipien, die für den Austausch mit allen Gesprächspartnern erfüllt sein müssen: „pro Europa, pro Ukraine, pro Rechtsstaat“. Das schließt ein Bündnis mit etwa der rechtspopulistischen PiS in Polen kategorisch aus. Aber Meloni? Sie trifft theoretisch die Kriterien. In von der Leyens Worten klingt es so: „Wir müssen eine Mehrheit aufbauen, um Europa voranzubringen und ein starkes Europa zu schaffen.“ 

    Die Europäische Volkspartei liegt in Umfragen klar vorn

    Die CDU-Politikerin steht kurz vor ihrer zweiten Amtszeit. Die Europäische Volkspartei, jener Zusammenschluss der christlich-demokratischen und bürgerlich-konservativen Parteien Europas, liegt in Umfragen so klar vorn, dass von der Leyen sich im Grunde nur selber schlagen kann. Doch sie erlaubte sich bei dieser Debatte weder Patzer noch Pannen. Vielmehr verteidigte sie souverän und routiniert das Erreichte – und ging auf ihre Zweifler zu. „Wir fragen Landwirte und Industrie, was sie brauchen, um Klimaneutralität zu erreichen“, sagte sie. Ihre Worte waren als Besänftigung an jene Parteikollegen und Bürger zu verstehen, die den Grünen Deal und damit das Herzstück ihrer Legislaturperiode äußerst skeptisch bewerten. Aber ohnehin zeigte sich bei dieser Debatte abermals, dass ihr am Ende wohl niemand gefährlich werden kann. 

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