Wer Anfang der 70er Jahre ganze Nachmittage vor dem Schwarz-Weiß-Fernseher verbrachte und von deutschen Männer-Erfolgen im alpinen Slalom träumte, hatte nur eine Außenseiter-Hoffnung: Christian Neureuther, den Edeltechniker aus Garmisch-Partenkirchen.
Christian Neureuther galt als großes Talent - und wurde dem gerecht
Der deutsche Skiverband hatte ihn zum größten Nachwuchstalent ausgerufen. Neureuther sollte den Weltcup aufmischen, den Platzhirschen Ingemar Stenmark, Gustav Thöni oder Piero Gros Paroli bieten. Eine Erwartungshaltung, mit der Neureuther zum Beginn seiner Karriere nicht zurechtgekommen ist. Wenn es darauf ankam, versagten ihm die Nerven. Bald hieß er nur noch Sturzreuther. Den Titel hat er später abgelegt. Neureuther feierte sechs Weltcupsiege, schaffte es 33 Mal unter die Top zehn.
Dass sich die Republik zu seinem 70. Geburtstag am Sonntag noch an erinnert, hat aber vor allem andere Gründe. Parallel zu seiner Karriere entwickelte sich die zwei Jahre jüngere Rosi Mittermaier zur deutschen Ski-Heldin.
Rosi und Christian Neureuther gibt es in der Öffentlichkeit fast nur zu zweit
1976 in Innsbruck gewann die erfrischend sympathische Sportlerin nicht nur dreimal olympisches Gold und einmal Silber, sondern auch die Herzen der deutschen Wintersportfans. Zu diesem Zeitpunkt waren Neureuther und „Gold-Rosi“ bereits verbandelt, womit sie den romantischen Traum vom zeitlosen Sportpaar erfüllten, den das Eistanzpaar Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler der Öffentlichkeit vorenthalten hatte.
Neureuther und Mittermaier sind bis heute jenes skandalfreie Ehepaar geblieben, mit dem Hochzeitsmessen auf Werbetour gehen könnten. Der umtriebige Christian fände die Idee sicher bedenkenswert, Rosi würde ihn machen lassen. So ist das in der Familie geregelt.
Die beiden gibt es nur selten getrennt. Wer nach einem Neureuther-Foto ohne Rosi sucht, tut sich schwer. Christian, der aufgeweckte Arzt-Sohn, der sein Medizinstudium aufgegeben hat, besitzt reichlich Marketing- und Managementtalente. Davon hat die gesamte Familie profitiert. Wann immer das Fernsehen zwei Vorturner für ein Fitnessformat suchte, waren die beiden Skistars zur Stelle. Anfang der 80er Jahre war Neureuther Jury-Mitglied bei „Dalli Dalli“, später alpiner Co-Moderator für die ARD.
So will Christian Neureuther am Sonntag seinen 70. Geburtstag feiern
Wo so viel skifahrerisches Talent wie im Hause Neureuther/Mittermaier versammelt ist, war es zu erwarten, dass der Nachwuchs davon profitiert. Während Tochter Ameli Modedesignerin wurde, folgte Felix den Spuren seiner Eltern. Von Christian gemanagt, von Rosi bemuttert, entwickelte er sich zum erfolgreichsten deutschen Slalomfahrer. Darüber hinaus hat er auch das nach außen gerichtete Wesen seines Vaters geerbt.
Wenn am Sonntag auf der Zugspitze der Geburtstag gefeiert wird, schnallen die alten Helden noch einmal die Skier an. Christian selbst, fit wie ein 40-Jähriger, Sohn Felix, Markus Wasmeier, Frank Wörndl, Gustav Thöni. Danach soll es bunt weitergehen. „Ich bin verdammt neugierig, was ihm Leben noch kommt“, sagt der Mann von Rosi Mittermaier.