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Krieg in Nahost: Wie weit darf Israel im Kampf gegen die Hamas gehen?

Krieg in Nahost

Wie weit darf Israel im Kampf gegen die Hamas gehen?

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    Palästinenser haben sich mit ihren Habseligkeiten auf den Weg in den Süden gemacht.
    Palästinenser haben sich mit ihren Habseligkeiten auf den Weg in den Süden gemacht. Foto: Atia Darwish, dpa

    Am Grenzübergang, der den Gazastreifen von seinem Nachbarn Ägypten trennt, stapeln sich die Hilfsgüter. 2000 Tonnen an Material haben Hilfsorganisationen herbeigeschafft. Decken, Nahrungsmittel, Medikamente. Doch Kairo hält seine Grenze dicht. Im Internet kursieren Bilder, die zeigen, dass Ägypten seine Grenzmauer sogar noch verstärken soll.

    Egal, ob die Fotos stimmen oder nicht: Die Not der Menschen im Gazastreifen verschärft sich zusehends und lässt die Appelle an Israel immer eindringlicher werden. „Die Menschen in Gaza können nicht kollektiv für die brutalen Überfälle der Hamas in Haftung genommen werden", sagt Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer der Entwicklungsorganisation Misereor. Es brauche jetzt Korridore der Menschlichkeit. Doch die Helfer argumentieren nicht nur moralisch, sondern auch juristisch: Israel müsse sich an die Regeln des Völkerrechts halten. Doch was heißt das?

    Grundlage der internationalen Regeln ist die Charta der Vereinten Nationen, der Gründungsvertrag der UN. Alle 193 Mitgliedsstaaten, zu denen auch Israel zählt, bekennen sich zu ihr. Ihr wichtigstes Ziel ist es, die Welt vor Kriegen zu bewahren. Und doch gesteht auch sie Staaten das Recht auf Selbstverteidigung zu. In Artikel 51 wird dies explizit festgeschrieben. Israel wurde von der Hamas angegriffen, die offen mit der Vernichtung des jüdischen Staates droht. Die Terrororganisation schickt täglich hunderte Raketen auf das israelische Kernland, sie verfügt über ein gewaltiges Waffenarsenal. Der Auslöser des Krieges ist damit ohne Zweifel. 

    Israelische Armee versucht, die Zivilbevölkerung zu warnen

    Und doch legt das Völkerrecht Israel durchaus gewisse Grenzen auf. Die wichtigste Einschränkung für alle Kriege lautet: Die Zivilbevölkerung muss so gut wie möglich geschützt werden, sie darf nicht gezielt ins Visier genommen werden. Eine Vorgabe, die für die Armee besonders schwer einzuhalten ist. Die Hamas nutzt nämlich genau diesen Punkt für sich aus: Sie baut Munitionslager in zivilen Einrichtungen, verschanzt sich in Krankenhäusern und Schulen – wer Zivilisten so benutzt, begeht selbst ein Kriegsverbrechen. Hinzu kommt, dass der Gazastreifen extrem dicht besiedelt ist. Die israelische Armee betont, dass es kein Flächenbombardement im Gazastreifen gebe. Trotzdem steigt die Zahl der Toten mit jedem Tag. In den vergangenen Kriegen hat Israel meist versucht, Zivilisten sogar gezielt zu schützen. Ehe Raketen auf Häuser fielen, wurden die Menschen durch das sogenannte „roof knocking“ gewarnt. Dabei wird Munition abgeworfen, die nicht explodiert und daher nicht tödlich ist. Außerdem werden Flugblätter aus der Luft abgeworfen oder Familien direkt angerufen. 

    Flugzeuge der israelischen Armee werfen Flugblätter über Gaza-Stadt ab und fordern die Bewohner auf, sofort in den Süden des Gazastreifens zu fliehen.
    Flugzeuge der israelischen Armee werfen Flugblätter über Gaza-Stadt ab und fordern die Bewohner auf, sofort in den Süden des Gazastreifens zu fliehen. Foto: Mohammed Talatene, dpa

    Um die Bevölkerung im Gazastreifen zu verschonen, ruft die israelische Armee zudem seit Tagen dazu auf, im Süden der Region Schutz zu suchen. Mehrmals wurde die Bodenoffensive bereits verschoben – auch, um den Menschen mehr Zeit zu geben. Fluchtrouten würden nicht bombardiert, versichert die Armee. Grundsätzlich kennt das Völkerrecht den Begriff des „Kollateralschadens“, es spricht von „Verlusten“. Bei Angriffen auf militärische Ziele können also auch Zivilisten verletzt oder gar getötet werden – solange die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. 

    Ist die Abriegelung von Gaza eine "kollektive Bestrafung"?

    Deutlich kritischer ist der Blick auf die Abriegelung des Gazastreifens. Die Vereinten Nationen weisen explizit darauf hin, dass eine „kollektive Bestrafung“ verboten sei. Das „Aushungern“ der Bevölkerung steht unter Strafe. Allerdings gibt es Grauzonen – eine dürfte darin liegen, dass der Grenzübergang aus dem Gazastreifen zu Ägypten jederzeit geöffnet werden kann. Israels Botschafterin in Großbritannien stellt zudem klar: „Israel hat den Gazastreifen 2005 verlassen. Gemäß internationalem Recht muss man die aktive Kontrolle über ein Gebiet haben, um für diese Versorgungsleistungen verantwortlich zu sein“, sagte Tzipi Hotovely der BBC. Die aktive Kontrolle in Gaza habe die Hamas. Daher sei diese auch für die Wasserversorgung zuständig. Sie fügte hinzu, Großbritannien habe im Zweiten Weltkrieg den Tod Hunderttausender Zivilisten in Deutschland in Kauf genommen, „weil sie wussten, dass es der einzige Weg ist, um die Nazis zu besiegen“. 

    Sollte Israel in den kommenden Wochen tatsächlich gegen das Völkerrecht verstoßen, ist der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag dafür zuständig. Der hatte im vergangenen März schon wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehle gegen Kremlchef Wladimir Putin sowie gegen die russische Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen. Allerdings geht es dabei nicht um militärische Angriffe auf Zivilisten, die auch in der Ukraine immer wieder vorkommen. Vielmehr nehmen die Ankläger die Entführung von ukrainischen Kindern nach Russland in den Blick. Was Russland und Israel gemeinsam haben: Beide sind nicht Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs.

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