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Kommentar: Krieg in Israel: Wie lange halten wir diese Bilder wirklich aus?

Kommentar

Krieg in Israel: Wie lange halten wir diese Bilder wirklich aus?

Margit Hufnagel
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    Palästinenser verlassen weinend das Flüchtlingslager al Shati nach einem israelischen Luftangriff.
    Palästinenser verlassen weinend das Flüchtlingslager al Shati nach einem israelischen Luftangriff. Foto: Mohammed Talatene, dpa

    In der Politik gibt es so etwas wie einen Setzkasten der schönsten Floskeln, in den man bei Bedarf fast blind greifen kann. Je größer die eigene Hilflosigkeit, umso beherzter die Sprache. Man müsse Gesprächskanäle offen halten, heißt es dann. Man sei in Gedanken bei den Opfern. Auch der Ausruf „whatever it takes“ – was immer auch nötig ist – wird gerne zitiert. „Whatever it takes“ ist ein Satz, der nun auch im Krieg Israels gegen die Hamas gefallen ist. „Whatever it takes“ werde das Land und seine Armee unternehmen, um die Terrororganisation zu besiegen.

    Anders als in vielen anderen Krisen darf man diese Versicherung der israelischen Regierung wörtlich nehmen. Gab es in den vergangenen Jahren im Nahen Osten immer auch Stimmen, die gebremst, die auf die Macht der Verhandlung gebaut haben, hat das Massaker der Hamas an Zivilisten die Stimmung massiv gedreht. An den Raketenterror hatten sich viele gewöhnt, an geköpfte Babys kann sich niemand gewöhnen. Benjamin Netanjahu und sein Kriegskabinett müssen und werden diese Schlacht härter denn je bis zum bitteren Ende führen – was auch immer das heißen mag.

    Schreckliche Bilder sind Teil der terroristischen Kriegsführung der Hamas

    Doch so inbrünstig die Solidaritätsbekundungen mit Israel jetzt noch ausfallen, so sehr wird sich schon bald die Frage auftun: Wie unverbrüchlich ist unser Zuspruch für Israel wirklich? Halten wir die Bilder der leidenden Zivilisten im Gazastreifen aus? Den Reflex, nicht mehr hinschauen zu wollen auf all das Leid, erlebt gerade die Ukraine.

    In die Debatte um den Nahen Osten mischt sich schon jetzt in das Entsetzen zusätzlich ein „ja, aber …“. Es richtet sich weniger an die Palästinenser, sondern an Israel, an das man als einzige echte Demokratie im Nahen Osten tatsächlich ja auch einen anderen Maßstab anlegen darf als an eine Bande von Verbrechern und Schlächtern. Es ist ein Zeichen der moralischen Reife, wenn Menschen auch mit jenen Mitleid empfinden können, die einem selbst den Tod wünschen. Die Hamas kann das nicht. Noch nicht einmal für das eigene Volk reicht deren Empathie: Israel mag die stärkere Armee haben, doch im Kampf um die schrecklichsten Bilder ist ihr die Hamas überlegen. Es ist Teil der terroristischen Kriegsführung. 

    Israel befindet sich in einem Dilemma

    Israel wird schon bald einen Mehrfrontenkrieg im übertragenen Sinn kämpfen. Schon jetzt mehren sich die Stimmen, dass Mäßigung das Gebot der Stunde sei. Für Israel ist das ein Dilemma, das sich kaum auflösen lässt. Wer sich im Kampf gegen die Regellosen selbst an Regeln hält, weiß, dass das nichts anderes heißt, als sich einen Arm auf den Rücken zu binden. Doch Terror lebt immer davon, dass die Grausamkeit keine Grenzen kennt, dass auf jedes Gemetzel eine noch viel schlimmere Tat folgen kann. Die Hamas ist eben keine Widerstandsorganisation, sie steht in einer blutgetränkten Reihe mit dem IS, mit Al Kaida. 

    Israel wird sich eines Tages auch selbst die Frage stellen müssen: Was macht es mit einer Gesellschaft, wenn sie das, was sie ausmacht, im Kampf gegen den Terror opfert? Wenn ein Rechtsstaat das biblische „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ zu seiner Maxime erklärt? Will das Land diesen Kampf wirklich gewinnen, muss es über das Schlachtfeld hinausdenken. 

    Und doch wird auch der Westen seine innere Zerrissenheit, seine Zweifel manchmal aushalten müssen. Israels Kampf ist kaum mit anderen Kriegen vergleichbar. Der Hamas geht es nicht darum, wer auf dem Stuhl des Premierministers sitzt, welche Gesetze in den Straßen von Haifa gelten. Es geht ihr darum, ein Volk auszulöschen. Kein Jude wäre mehr sicher im Nahen Osten, sollten die Islamisten mit ihrem Vorgehen Erfolg haben. 

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