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60 Jahre BND: NSA-Affäre, Aufgaben, Pläne - Sieben Fakten zum BND

60 Jahre BND

NSA-Affäre, Aufgaben, Pläne - Sieben Fakten zum BND

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    Der BND feiert am 1. April 2016 seinen 60. Geburtstag.
    Der BND feiert am 1. April 2016 seinen 60. Geburtstag. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Seit 60 Jahren gibt es den BND in Deutschland, der ausgesprochen Bundesnachrichtendienst heißt. Seine Aufgaben führt er weltweit aus, sie sind oft heikel - und nicht selten in den Medien umstritten. Wir geben hier Antworten über die wichtigsten Fragen.

    Was macht der Bundesnachrichtendienst?

    Der Bundesnachrichtendienst mit seinen etwa 6500 Mitarbeitern ist ein Geheimdienst mit Sitz in Berlin. Er versorgt seine Abnehmer mit Informationen. Zu diesen Abnehmern zählen zum Beispiel die Bundesregierung oder die Bundeswehr. Die Informationen betreffen zum Beispiel abstrakte oder konkrete Bedrohungen für die Bundesrepublik Deutschland und deren Bürger. Sie sollen also beispielsweise helfen, Terroranschläge vorherzusehen und zu verhindern.

    Wie kommt der BND an Informationen?

    Der Bundesnachrichtendienst nutzt nach eigenen Angaben vier verschiedene Methoden um an Informationen zu gelangen: Mit der klassischen Methode "Human Intelligence" recherchieren die BND-Mitarbeiter mithilfe von Menschen, also Informanten. Das ist laut BND auch die risikoreichste Art der Informationsbeschaffung, denn die Quellen müssen geschützt werden.

    Der BND filtert zudem weltweite Datenströme und untersucht sie auf bestimmte Inhalte. Diese Art der Informationsgewinnung ("Signals Intelligence") war und ist beispielsweise im Zusammenhang der Affäre um BND und dem amerikanischen Geheimdienst NSA umstritten.

    Lexikon der Spähaffäre

    Prism, Tempora, XKeyscore: Die Geheimdienste verwenden eine ganze Reihe von Systemen, um uns massenhaft auszuspähen. Ein kleines Lexikon:

    PRISM: Ist der Codename eines US-Geheimdienstprogramms, das zum Inbegriff der gesamten Spähaffäre wurde. Der Name steht für «Planning Tool for Resource Integration, Synchronization and Management» («Planungswerkzeug für Quellenintegration, -synchronisierung und -management).

    Es ist bislang nicht ganz klar, wie das Programm funktioniert. Nach den von Snowden übergebenen Dokumenten erlaubt oder organisiert «Prism» den Zugriff auf die Daten von Nutzern großer US-Internetfirmen wie Microsoft, Google oder Facebook. Experten gehen davon aus, dass die US-Dienste verdachtsunabhängig große Mengen an Nutzerdaten speichern. Die gespeicherten Daten werden dann mit Filterbegriffen durchsucht.

    XKEYSCORE: Ein weiteres Spähprogramm der NSA. Der Verfassungsschutz räumte ein, es «testweise» einzusetzen. Nach den vorliegenden Informationen handelt es sich dabei um eine Art Datenbank, mit der die von der NSA gesammelten Daten durchsucht und zu Tabellen gebündelt werden können.

    Demnach kann «XKeyscore» unter anderem auf die von einer bestimmten Person benutzten Telefonnummern und Emailadressen, aber auch auf konkrete Mitschnitte von Internetaktivitäten zugreifen. Medienberichten zufolge lassen sich mit dem Programm eventuell Begriffe rekonstruieren, die jemand in die Google-Suchmaschine eingegeben hat.

    TEMPORA: So lautet der Deckname eines Überwachungsprogramms des britischen Geheimdienst GCHQ, das auf das Abgreifen von Daten an Seekabeln zielt. Durch diese Glasfaserverbindungen fließt der weit überwiegende Teil der heutigen globalen Kommunikation per Telefon und Internet.

    »Tempora» erlaubt es demnach, diesen Informationsbrei in gigantischen Pufferspeichern zu sammeln und daraus Emails, Telefonate und Videochats zu rekonstruieren. Die Daten können einige Tage, einzelne Informationsteile wie Absender und Empfänger wochenlang gespeichert werden. Mit der entsprechenden Software können so nachträglich Nachrichten von Verdächtigen gefunden oder die Stimmen von Gesuchten identifiziert werden.

    DE-CIX: Ein großer Internetknoten in Frankfurt am Main, bei dem es sich den Berichten zufolge um ein bevorzugtes Ziel der NSA-Spionage in Deutschland handeln soll. DE-CIX ist eine Art großer Weiche, an der Internetverkehr aus diversen einzelnen Provider- und Datennetzen zusammenfließt und verteilt wird.

    G-10-GESETZ: So heißt ein Gesetz in Deutschland, das den Zugriff der deutschen Nachrichtendienste auf Telekommunikationsdaten regelt. Vollständig heißt es «Gesetz zu Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses». Da dieses in Artikel 10 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich fixiert ist, lautet die Kurzform G-10-Gesetz.

    Es verpflichtet Postanbieter sowie Telekom- und Internetkonzerne, den Verfassungsschutzämtern, dem Bundesnachrichtendienst (BND) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr auf Verlangen Sendungen zu übergeben und ihnen die Aufzeichnung und Überwachung der Telekommunikation technisch zu ermöglichen. Laut Gesetz dürfen die Dienste derartige Maßnahmen unter anderem zur Abwehr einer «drohenden Gefahr» für die demokratische Grundordnung oder seitens des BND etwa im Kampf gegen Organisierte Kriminalität beantragen. Genehmigt werden diese nicht von Gerichten, sondern von einer Kommission aus zehn Bundestagsabgeordneten, der sogenannten G-10-Kommission.

    Zudem beschafft der BND Informationen aus Satelliten- und Luftbildern ("Imagery Intelligence") und aus frei zugänglichen Quellen wie beispielsweise dem Internet ("Open Sources Intelligence").

    Für welche Themen interessiert sich der BND?

    Von internationalem Rauschgifthandel über Terrorismus bis hin zu Piraterie. Der BND sammelt Informationen zu verschiedenen Themen. Eine Übersicht gibt der BND hier auf seiner Internetseite.

    Der BND ist umstritten. Warum eigentlich?

    Durch die NSA-Affäre und das Abhören des Handys von Kanzlerin Angela Merkel ist der BND heftig in die Kritik geraten. Die NSA lieferte über die Jahre Millionen Suchbegriffe an den BND. Diese waren für die Terrorbekämpfung gedacht - geknüpft an die Bedingung, dass deutsche und europäische Interessen gewahrt werden. Die Amerikaner hielten sich aber nicht an die Abmachung, sondern versuchten, auf diesem Weg auch Politiker und Firmen in Europa auszuspähen. Immer wieder gibt es neue Enthüllungen zur Medien: NSA forschte Merkel umfassender als bislang bekannt aus.

    Was plant der BND für die Zukunft?

    Gerhard Schindler führt den BND. (Archivfoto)
    Gerhard Schindler führt den BND. (Archivfoto) Foto: Jörg Carstensen, dpa

    Trotz der NSA-Affäre will der BND künftig noch enger mit ausländischen Geheimdiensten zusammenarbeiten. Der BND erhielt in der Vergangenheit von internationalen Partnerdiensten und auch von der NSA wichtige Hinweise zur Terrorgefahr oder drohenden Anschlägen. "Kein Nachrichtendienst - auch nicht die ganz großen - kann die gesamte Welt alleine für sich aufklären. Man braucht regionale Partner", sagt BND-Chef Gerhard Schindler.

    Mit mehr Transparenz und einem offensiven Reformkurs will Schindler das Image seines Dienstes als moderner, möglichst wenig geheimniskrämerischer Dienstleister für Regierung und Parlament aufpolieren. Dazu gehört der Umzug in eine neue Zentrale direkt am Rand des Regierungsviertels. 

    In welche Pannen war der BND verwickelt?

    Pleiten, Pech und Pannen beim BND

    Geheim soll er arbeiten, der Bundesnachrichtendienst. Doch manche Aktion des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND wird öffentlich - vor allem, wenn sie scheitert. Eine Auswahl aus den vergangenen Jahren:

    EIN MAULWURF UNTER FREUNDEN: Sechs Jahre lang gibt ein Mitarbeiter des BND laut Staatsanwaltschaft mehr als 200 teils streng geheime Dokumente an den US-Geheimdienst CIA weiter. Als Gegenleistung erhält er mindestens 80.000 Euro...

    ... Im Juli 2014 wird er festgenommen, 2015 angeklagt. Mitte März 2016 wurde der 32-Jährige wegen Landesverrats, der Verletzung von Dienstgeheimnissen und Bestechlichkeit zu acht Jahren Haft verurteilt. Außerdem wurde ihm für fünf Jahre das Wahlrecht aberkannt.

    SACHE OHNE VERSCHLUSS: Die neue BND-Zentrale in Berlin gilt als größtes Bauvorhaben der Bundesrepublik. Nicht nur, dass der Bau immer teurer wird (mehr als 1,3 Milliarden Euro inklusive Umzug statt 730 Millionen), er wird auch Jahre später fertig als geplant...

    ... 2011 verschwinden geheime Baupläne, 2015 montieren Unbekannte auf der bestbewachten Baustelle Berlins fünf Wasserhähne ab und fluten so Teile des Hauptgebäudes. Die Ermittler gehen von Sabotage aus.

    SPÄH-UNION: Jahrelang spioniert der BND ausländische Regierungsstellen und EU-Institutionen aus, in Einzelfällen auch deutsche Staatsbürger...

    ... Im Dezember 2015 stellt das Parlamentarische Kontrollgremium fest: In vielen Fällen war dies ein klarer Verstoß gegen das Gesetz.

    KANZLERIN-HANDY: Im Oktober 2013 wurde bekannt, dass das Handy von Angela Merkel vom US-Geheimdienst NSA abgehört wurde. «Ausspähen unter Freunden: Das geht gar nicht», kommentierte die Kanzlerin...

    ... Später wurde bekannt: Das geht doch. Nach Medienberichten hatte der BND jahrelang auch befreundete Regierungen unter anderem in Europa und internationale Organisationen ausspioniert. Die umstrittene Praxis soll mittlerweile eingestellt sein.

    PULLACH-LEAKS: Im Jahr 2005 muss der damalige BND-Präsident August Hanning einräumen, dass Mitarbeiter jahrelang Journalisten ausspioniert hatten, um undichte Stellen in seiner Behörde festzustellen...

    ... Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags befasste sich drei Jahre lang unter anderem mit diesem Skandal.

    Gab es bereits einen Vorgänger des BND?

    Ja. Der BND wurde am 1. April 1956 als Nachfolger der "Organisation Gehlen" gegründet. Der frühere Wehrmachtsgeneral Reinhard Gehlen war von 1942 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs für die Aufklärung der russischen Roten Armee zuständig. Nach Kriegsende stellte er sein Wissen den US-Streitkräften zur Verfügung. Am 6. Dezember 1947 bezog die "axhe/dpa

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