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Zwei Tote bei Schüssen in Brüssel: Ein Angriff auf Schweden

Attentat

Anschlag in Brüssel: Kommt der Terror jetzt zurück zu uns?

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    Polizeisperrung im Zentrum von Brüssel.
    Polizeisperrung im Zentrum von Brüssel. Foto: Nicolas Landemard/AP, dpa

    Es ist 19.14 Uhr am Montagabend, als mehrere schwedische Fußballfans unweit der Innenstadt von Brüssel aus einem Taxi steigen wollen. Die älteren Männer sind auf dem Weg zum Stadion, wo ihre Nationalmannschaft kurze Zeit später gegen Belgien in einem EM-Qualifikationsspiel antreten wird. Plötzlich hält ein Mann auf einem Motorroller an und eröffnet mit einem automatischen Gewehr auf offener Straße das Feuer – auf die Männer in ihren gelb-blauen Trikots, auf Passanten. Menschen rennen panisch in die Eingangshalle eines Bürogebäudes. Der Täter folgt ihnen, schießt weiter, unter anderem auf eine auf dem Boden liegende Person. Zwei Schweden sterben, ein drittes Opfer überlebt schwer verletzt. Und viele Menschen fragen sich: Kommt der Terror jetzt zurück nach Europa?

    Terrorexperte Neumann: Nahost-Konflikt gibt Dschihadisten wieder ein Thema

    Die Tat weckt Erinnerungen an eine Serie von islamistischen Attentaten in den Jahren 2015 und 2016. Der Terrorforscher Peter Neumann hält es für absehbar, dass der heraufziehende Krieg im Gazastreifen neue Gewalt auch in Europa anfachen wird. „Der Konflikt im Nahen Osten liefert der Dschihadistischen Szene wieder ein Thema. Und die Sympathien für die Palästinenser und der Hass auf Israel gehen ja weit über diese terroristische Szene hinaus. Das wird sich noch verstärken, wenn die Bodenoffensive im Gazastreifen beginnt“, sagt Neumann im Gespräch mit unserer Redaktion. 

    Selbst wenn der Anschlag in Brüssel keinen direkten Bezug zur Hamas oder dem Nahen Osten habe, sieht er die Gefahr, dass er eine Kettenreaktion auslöst: „Es gehört zur Strategie von Terroristen, mit ihren Attentaten Nachahmer zu animieren. Wir haben das 2016 erlebt, als nach dem Anschlag mit einem Lastwagen in Nizza zahlreiche ähnliche Fälle folgten, in denen Autos oder Lkw verwendet wurden.“ 

    Neumann geht davon aus, dass es – anders als damals – gleichzeitig zu einer Polarisierung der Gesellschaft und zu Ausschreitungen in Deutschland kommen könnte. Der Wissenschaftler, der am King’s College in London lehrt, hält die Stimmung aber auch für sehr fragil. „Wenn es tatsächlich zu Gewaltexzessen kommt und willkürlich unschuldige Menschen in Europa umgebracht werden, kann die Stimmung auch wieder ins Gegenteil umschlagen. Dann würden sich viele Menschen abwenden, die eigentlich mit den Palästinensern sympathisieren“, sagt er. 

    Neumann geht deshalb davon aus, dass sich mögliche Angriffe eher auf Ziele konzentrieren werden, die mit Israel oder dem jüdischen Leben zu tun haben. „Wir werden für Wochen und Monate die Sicherheitsvorkehrungen für solche Einrichtungen erhöhen müssen. Das jüdische Leben in Europa ist in Gefahr.“ 

    Bayerische Sicherheitsbehörden "höchst wachsam"

    In Bayern sind die Behörden in Alarmbereitschaft. „Klar ist: Die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung hat für uns oberste Priorität. Wir haben alle Polizeipräsidien sensibilisiert, die Schutzmaßnahmen für jüdische und israelische Einrichtungen und Veranstaltungen engmaschig zu überprüfen und erforderlichenfalls zu erhöhen“, bestätigt ein Sprecher des Innenministeriums auf Nachfrage. Das Spektrum reiche von verstärkter Streifenpräsenz bis zu polizeilichen Standposten. Derzeit gibt es in Bayern demnach keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung. „Unsere Sicherheitsbehörden sind aber höchstwachsam. Wir unternehmen alles, um Gewalt, Volksverhetzung und anderen strafrechtlich relevante Verhaltensweisen der radikal-palästinensischen Seite zu unterbinden. Das gilt auch für jene, die israelfreundliche Kundgebungen zu stören versuchen“, teilt das Ministerium mit. 

    Der Albtraum in Brüssel endet erst am Dienstagmorgen

    Der Albtraum in Brüssel geht erst am Dienstagmorgen zu Ende. Gegen acht Uhr entdecken Beamte den Verdächtigen in einem Café und schießen ihn nieder, nachdem die Gegend zuvor von einem Großaufgebot der Polizei abgeriegelt und evakuiert worden war. Der mutmaßliche Islamist stirbt. Er war in der Nacht mehrfach von Bürgern gefilmt worden, wie er durch die Stadt fuhr oder auf dem Gehweg sein Gewehr nachlud. Warum es dennoch so lange dauerte, bis er gefasst wurde, blieb zunächst offen. Schnell geklärt war hingegen, wer Abdesalem L. gewesen ist. Der Mann stammte aus Tunesien und hielt sich illegal in Belgien auf. In sozialen Netzwerken zirkuliert ein Video, in dem er nach seiner Tat davon spricht, „den Tod eines sechsjährigen US-palästinensischen Jungen zu rächen“. Er sei von der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ inspiriert. 

    Belgien gerät immer wieder ins Visier islamistischer Terroristen. Vor allem das Trauma vom März 2016 wirkt nach. Damals hatten drei Selbstmordattentäter des „Islamischen Staates“ am Brüsseler Flughafen Zaventeem sowie in der Metro-Station Maelbeek im EU-Viertel insgesamt 32 Menschen getötet, Hunderte wurden teils schwer verletzt. 

    Noch in der Nacht auf Dienstag kommt die Frage auf, ob die Sicherheitsbehörden versagt haben. Schließlich war Abdesalem L. für sie kein Unbekannter und bereits im Zusammenhang mit Menschenhandel und Gefährdung der Staatssicherheit aufgefallen, wie Justizminister Vincent van Quickenborne bestätigt. Zudem ging schon 2016 der Hinweis einer ausländischen Polizeibehörde ein, dass Abdesalem L. ein „Kandidat für den Dschihad“ sei. 

    Das Fußballspiel zwischen Belgien und Schweden wird zur Halbzeitpause abgebrochen, nachdem die Nachricht von dem Anschlag die Runde gemacht hatte. Die Zuschauer mussten aus Sicherheitsgründen noch stundenlang im Stadion bleiben, schließlich lief die Fahndung noch. Über ihre Smartphones hielten sie sich auf dem Laufenden. Zigtausende belgische Fans drückten ihr Mitgefühl für die Gäste aus und skandierten: „Schweden! Schweden!“

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